2130 - Der Wurm der Aarus
natürlich über andere Völker gesprochen worden, und es hatte einige Bildbeispiele gegeben - aber so genau hatte die sich keiner angesehen.
„Scheußlich!", urteilte Susa angewidert.
„Es ist ein Konquestor", erklang eine Stimme hinter ihnen. Vaikiri! Zum ersten Mal wirkte er eingeschüchtert, geradezu verstört. Ebenso wie alle Betroffenen stand er noch unter Schock. „Ein hoher Vertreter der Inquisition der Vernunft. Seine Vorfahren lebten wohl hauptsächlich auf Bäumen."
„Was ist das, worin er kauert?", platzte es aus Cheplin heraus. Obwohl das so unwichtig und unbedeutend wie nichts sonst in diesem Moment erscheinen mochte, er musste es wissen.
„Ein Sessel", lautete die Antwort. „Diese Landbewohner lassen ihre unförmigen Körper gern irgendwo hineinsinken, und dann rühren sie sich über Stunden hinweg nicht mehr. Sie sind alle sehr plump und schwerfällig, wenn ihr mich fragt, keine Eleganz. Und faul sind sie außerdem, fett und behäbig, was kein Wunder ist bei diesem Mangel an Bewegung. Vermutlich kann so ein Konquestor überhaupt nicht mehr ohne technische Unterstützung gehen - dabei besitzen diese Wesen, ganz im Gegensatz zu uns, stabile Knochenskelette und sind an permanente Schwerkraft gewöhnt, sogar gebunden."
„Jedenfalls ist er speihässlich", stellte Cheplin entschieden fest. „Und wieso bedeckt er seinen ekelhaft haarigen Körper zusätzlich mit diesen bunten Stoffstücken? Das ist doch alles völlig abartig."
„Der Großteil von diesen Plumpkerlen ist so. Für die sind eher wir die Exoten."
„Woher weißt du das alles?", erkundigte sich Susa.
„Ich bin ein Vika, schon vergessen?" Vaikiri atmete schwer. „Ich habe euch gesehen. Mich hat es auch beinahe erwischt. Wir mögen sie für unfähig halten, aber sie sind sehr viel mächtiger als wir."
Cheplin gefiel diese Stimmung seines Intimfeindes überhaupt nicht. „Was wird jetzt geschehen, Vaikiri?"
„Der Konquestor wird dem Schwarmer Befehle erteilen, und der Schwarmer wird sie befolgen. So einfach ist das."
„Aber... so ein Unvollkommener, Unperfekter... das ist ein Vertreter der Inquisition? Diesen Herren müssen wir dienen?"
„Sogar Tribut zahlen, und das nicht zu knapp. Du hast es erfasst, Cheplin. Unsere Freiheit ist nur trügerisch. Nein, schlimmer noch: eine Lüge. Und das Schlimmste: Wir wissen das. Jeder von uns. Von Anfang an. Aber wir wollen es nicht wissen. Wir verschließen die Augen davor." Vaikiri richtete sich auf, und plötzlich war er wieder der gewohnte, herrschsüchtige Vika, als er schloss: „Aber dagegen werde ich etwas unternehmen. Ein für alle Mal!" Damit verschwand er.
„Cheplin, was wird aus unserer Welt?", fragte Susa furchtsam.
„Ich weiß es nicht", antwortete er düster. „Aber ich glaube, alles wird sich, ändern."
*
Es war nicht Aufgabe der Unmarkierten, sich Sorgen zu machen. Die Verantwortung lag beim Schwarmer und der Schiffsführung, und sie würden alles tun, um dem Volk das Überleben zu sichern - bei den bestmöglichen Bedingungen.
Nach einigen Stunden kehrte der Konquestor in sein Schiff zurück. Es flog in derselben Weise ab.
Diesmal kam es wenigstens nicht zu Unglücksfällen, da die Aarus vorbereitet waren.
Als erste Änderung wurde bekannt gegeben, dass sich der Kurs des Wurms änderte. Die Verabredungen mit Dutzenden Kunden würden nicht eingehalten werden. Aarus-Jima war in einen anderen Sektor der Galaxis beordert worden. Gründe wurden den fassungslosen Bewohnern nicht mitgeteilt.
Der Schrecken saß tief. Vor allem den unmarkierten Aarus wurde jetzt deutlich bewusst, dass ihre Freiheit nur trügerisch war. In der Geborgenheit ihres Wurms hatten sie sich sicher gefühlt, unbeeinflusst... Nun zeigte sich, dass sie genauso Befehlsempfänger und Abhängige waren wie alle anderen Völker Tradoms.
Damit fertig zu werden war nicht einfach. Die Aarus fühlten sich verfolgt und erwarteten jeden Augenblick einen weiteren Überfall eines Valenter-Polizeischiffs.
Doch als nichts geschah, kehrte nach einer Weile erneut Routine ein. Die Geschäfte liefen wieder an, die Arbeit ging weiter, und alles war normal. Nach und nach geriet die Angelegenheit in Vergessenheit, war nicht mehr als ein Tropfen der Erinnerung im dahinziehenden Ozean.
6.
Der Navigator Mit 22 Jahren beendete Cheplin seine Ausbildung; er durfte sich fortan Navigator nennen. Nun erfüllte sich sein Wunsch, die Kommandokuppel zu betreten, mit einer Selbstverständlichkeit, an die er kaum
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