2149 - Paradimjäger
Sätze.
„Nein ...", hauchte er.
Er spürte, wie sie wieder heftiger zu atmen anfing. Fakir wusste nicht sicher, ob er nun aufstehen und das Bett verlassen musste; damit sie Raum für ihre Verzweiflung fand. Aber er konnte nicht weg.
Nicht jetzt. Stattdessen griff er ihre Hand und hielt sie fest. Jee wollte wegkriechen, aber er ließ sie nicht; weil er gefühlsmäßig erfasste, dass sie das ihr Leben lang getan hatte.
Kisch Fakir hielt das schönste Mädchen der Welt fest, bis es aufhörte, ihn fortzuschieben.
Er konnte riechen, dass sie weinte, auch wenn das eigentlich unmöglich war. Fakir ließ sie.
„Hast du sie jemals gesucht?"
„Ob ich ...?-Ja klar. Gesucht und auch gefunden." Jee Martima hörte ganz allmählich zu zittern auf, und Fakir hatte alle Zeit des Universums, auf sie zu warten. „Als ich fünfzehn war, Kisch. Sie wohnen in Terrarnia, in Atlan Village. Sie haben eine kleine Firma. Sie züchten und verkaufen Blumen. Ausgerechnet. Sie haben einen Blumenladen."
Ihm fiel plötzlich der Ausflug nach Atlan Village ein, vor ein paar Wochen. „Der Laden, vor dem wir waren."
„Ja. Der."
„Warum bist du mit mir hingegangen?"
„Weil ich wissen musste, wie es sich anfühlt, wenn du dabei bist."
„Leichter als sonst?"
„Ja."
Sie schwiegen eine Weile.
„Hast du ihnen verziehen?", fragte er sie.
„Nein."
„Sieht dein Vater aus wie ich?"
Jee streckte die Fingerspitzen aus und tastete in der Dunkelheit über Fakirs Gesicht.
„Nein", sagte sie mit einer Wärme, die Kisch Fakir betäubend intensiv fand, „ganz anders. Er hat ein ganz grobes Gesicht."
Fakir atmete auf. „Ich will nicht sein wie er."
Dann rückte sie nahe an ihn heran.
„Erzähl mir was über deine Mutter", bat sie ihn.
Fakir antwortete knapp: „Als meine richtige Mutter starb, war ich zwei. Das war 1291."
„Bitte was?"
„Wirklich."
„Warum, ich meine ..." Jee Martima hielt einen Moment den Atem an. „Wir sprechen zu spät drüber, Kisch. 1291, war das der Diener der Materie? Ramihyn?"
„Ja."
„Und dann?"
„Hatte mein Vater eine neue Lebensgefährtin."
„Du hast deine richtige Mutter nie gekannt."
„Doch, Jee. Sie konnte mir noch bei bringen, dass ich geliebt werde. Ich weiß das nicht mehr bewusst. Aber kleine Kinder vergessen so was nie."
„Wie hieß sie?"
„Mahade Fakir."
„Ich wünschte, ich hätte meine Mutter auch zwei Jahre gehabt. -Halt mich bitte fest, Kisch! Lass mich jetzt bloß nicht los."
„Wir sind ein bisschen ähnlich, hmm?"
„Ja. Könnte schon sein."
„Ich hab da trotzdem noch eine Frage, Jee ... Deine blauen Haare, hängen die damit zusammen, dass du auf Ferrol geboren bist? Ist das irgendwie Genetik?"
„Bitte was?"
Mit einem Mal war wieder Licht. Sie schüttelte lachend ihre Mähne und ließ ihm die Strähnen durch das Gesicht fliegen.
„Männer haben echt keine Ahnung von Frauen, Kisch. Die Haare sind gefärbt!"
„Echt?"
6.
Der Augenblick, wenn's wirklich losgeht „Residenz-Minister Bull, wir befinden uns in allergrößten Schwierigkeiten. Es ist uns nicht möglich, in den Lunawerften sowohl die Variante Sternfunke als auch die Montage der Paradimjäger gleichberechtigt in kürzester Zeit zum Abschluss zu bringen."
„Das ist sehr wohl möglich. Weil ich euch alle zusammen nämlich persönlich und kraft meines Amtes einen Kopf kürzer mache, wenn da jetzt noch was schief läuft. Nur dass wir uns verstehen. Wir setzen in diese Jäger junge Leute rein."
(Reginald Bull, Residenz-Minister für Liga-Verteidigung, im Krisengespräch mit Abgesandten der Lunawerften, Februar 1312 NGZ in der ROALD AMUNDSEN.)
*
An diesem Morgen weckte ihn ein Höllengeschepper vom Apartmentgang. Der fette Grahann kam reingestürmt, riss Fakirs Zimmertür auf und brüllte: „Raus aus den Federn, du Blindflieger! - Sie sind gleich da!"
„Was", murmelte Fakir verschlafen, „wer denn?"
„Raus auf die Terrasse, der Erste kommt in fünf Minuten runter!"
Fakir hatte nicht den Schimmer eines Plans, zwei Stunden vor Weckzeit hochzukriechen, nach der halben Nacht im Simulatortank, davor dem Abend bei Jee.
Doch Eitan schnipste die Vorhänge zur Seite. Sonnenlicht knallte rein, und Fakir bekam mit, dass das halbe Apartmenthaus draußen zusammenlief.
„Der Erste was, Grahann?", rief er sauer.
Seit er mit Katalina zusammen war, wirkte Eitan noch mal um eine ganze Klasse schmieriger und selbstgefälliger. Und jetzt noch aufgeregt dazu.
Eitan gab ihm keine Antwort
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