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2170 - Das Reich der Güte

Titel: 2170 - Das Reich der Güte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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fanden. Das Ergebnis wurde Caldhoor genannt, „Staubgleiter". Die Eleganz, Schnelligkeit und extreme Wendigkeit des Staubreitens ging auf diese Weise weitgehend verloren.
    Doch ließ sich mit einem solchen Vehikel in relativ kurzer Zeit gutes Geld verdienen.
    Wohlhabende Geschäftsleute, Politiker und andere Fettsäcke legten ganz schöne Summen hin, um nicht auf die großen Segelschiffe angewiesen zu sein. Die entsprechenden Kontrakte wurden in gewissen Klubs abgeschlossen. Jener im Wolkenheim meiner Eltern erwies sich als der wichtigste. Darum hatten wir oben am Dach unsere Spinde.
    Manchmal flogen wir zwischen dort, den Calditischen Palästen und der Sphärenstadt einen wahren Pendelverkehr. Ah. Habe ich Ditduum-Karnakal eigentlich schon erwähnt? Die so genannte Sphärenstadt der Diplomaten kreiste im 758-Kilometer-Orbit über Caldera. Sie bestand aus vierzig einander teilweise durchdringenden Kugeln, vergleichbar den komplex miteinander verbundenen Atomen eines Großmoleküls. Jede Blase durchmaß rund einen Kilo meter; jede bot andere Lebensbedingungen. Die Schnittstellen waren als Begegnungsstätten für die Gesandten ausgebaut.
    Der alte Streuner, dem ich den Tipp mit den Klubs und also, wenn mall so wollte, mein entscheidendes zweites Zusammentreffen mit Meloce verdankte, hatte einmal angedeutet, dass es durchaus Leute gäbe, die dem Verkünder nicht sonderlich gewogen wären. Was ich, ohne absichtlich zu lauschen, von meinen Passagieren aufschnappte, machte mir schnell klar, wen der Alte damit gemeint hatte. Längst hatte ich meine kindlich glühende Verehrung für Ijotha Hyndalin abgelegt. .Dennoch: Wie sich manche Gesandte über ihn die Mäuler zerrissen, ließ mich nicht mehr kalt. Manchmal musste ich mich ganz schön zurückhalten, das kannst du mir glauben. Aber ich durfte unmöglich etwas sagen. Meine Fahrgäste bezahlten ja nicht zuletzt auch für Intimität.
    Und dazu gehörte, dass ich für sie Luft war. Besonders die Abgesandten der Dhyraba'Katabe ließen selten ein gutes Licht an VAIAS Verkünder. „Führungsschwäche", „Phantasielosigkeit" und „Rückwärtsgewandtheit" waren noch die harmlosesten Vorwürfe.
    Politik und Diplomatie interessierten mich ungefähr so sehr wie Tanztheater.
    Allerdings wusste sogar ich, dass die „Ehrwürdigen Wissenschaftler" trotz ihres Namens seit Ewigkeiten im Schatten der Vaianischen Ingenieure standen. Die Abfälligkeiten, die meine Fluggäste ebenso beständig von sich gaben wie die diskusförmigen Hüte über ihren Köpfen die „Zuuy" genannte Nährflüssigkeit, lagen also wohl vornehmlich in Neid begründet. Und in Eifersucht auf das Lichtvolk: personifiziert in seinem höchsten Repräsentanten, dem Verkünder. Ich zwang mich, wegzuhören. Sollten sie Gift und Galle schimpfen, bis ihr Zuuy versiegte.
    Wenngleich ich nur ihren Chauffeur abgab, mich für mein Schweigen ebenso zahlen ließ wie für meine anderen Dienste - die Sphäre war meine Heimat, deren wahre Schönheit ihnen auf ewig verborgen blieb. Mich hingegen liebkoste die Hyperstrahlung des Para-Staubs. Sie schenkte mir Licht, Wärme und Kraft, überall und in jedem Augenblick.
    Klarerweise betrieben wir diese ätzende Lohnkutscherei immer nur so lange, bis wir wieder genügend Geld für unseren Lebensunterhalt und die Weiterverbesserung unserer Calkhoo beisammenhatten. Und für die Flugsalben. Es, gab sie unter verschiedenen Namen: Sternenkrem, Wunderpaste, Hexenschmier ... Ihre Wirkung unterschied sich nur graduell.
    Allen Salben gemeinsam war, dass sie die Wahrnehmungsfähigkeit des Tymcal-Geflechtes erhöhten. Und damit die Reaktionsschnelligkeit, das Um und Auf beim Staubreiten. Wir alle machten mehr oder minder regelmäßig Gebrauch davon. Das Gift zeitigte Nebenwirkungen: Juckreiz, manchmal Schlafstörungen. Auch meine alte Überempfindlichkeit gegenüber, Lärm und Gerüchen kehrte zurück, wenn ich es mit der Dosierung zu gut meinte. Andererseits wurde ich durch das Zeug einfach schärfer. Manchmal hängte ich bei unseren internen Wettfahrten quer durchs Sonnensystem sogar schon Meloce ab. Nicht oft. Meist gab ihre größere Routine den Ausschlag. Sie war ja schon viel länger in der Sphäre unterwegs.
    Wenn ich trotzdem vor ihr ins Ziel kam, neckte ich sie mit immer demselben Satz: „Gratuliere, mein Goldmädel. Zweite hinter mir, das ist wie ein Sieg!" Dann war sie beleidigt. Dann zankten wir. Und dann liebten wir uns, irgendwo zwischen den Bahnen des vierten und des fünften

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