2206 - Gesang der Hoffnung
minder schmutzigen Barten.
Die Kinder ignorierten die Rampen, die von den Nestern hinunterführten, sprangen auf den zwei Meter tiefer liegenden Boden und rollten sich geschickt ab. Sie stießen Rufe aus, die sich zu einer Melodie verdichteten. Immer mehr Kinder kamen herbeigelaufen. Sie rannten ungehindert unter dem Nest durch.
Rhodan wandte sich an den Arkoniden. „Atlan ...?"
„Ich sehe es auch, diese Nester schweben."
Wie war das möglich? Die Motana setzten keine höherdimensionale Technik ein. Rhodans Blick wanderte über die Oberseite des Nests und blieb schließlich in der Mitte des Diskus hängen. Das Flechtwerk verdickte sich dort zu einem rundlichen Wulst, aus dem senkrecht ein dünner Strich herausstand ... ein Seil, unterarmbreit vielleicht. Es wirkte schwächlich, wie ein Faden, der kein Gewicht aushielt. Rhodans Blick folgte dem Strich in die Höhe. Das Seil verschwand im Laub eines der stammdicken Äste, die das Kronendach der Residenz bildeten. „Sieht auf wändiger aus, als es ist. Wahrscheinlich dient die Aufhängung dazu, sich Ungeziefer und kleinere Tiere vom Leib zu halten", vermutete Atlan. „Gut möglich." Rhodan wies auf ein Nest, das auf halber Höhe unter dem Blätterdach hing. „Und was ist mit dem da? Gerade nicht in Gebrauch und so >geparkt<, dass es nicht im Weg ist?"
„Wieso nicht? Mich würde aber noch mehr interessieren, was diese Dinger unter den Baumkronen zu bedeuten haben." Atlan wandte sich an Zephyda. „Dort oben, unterhalb der Krone, sind das die Früchte dieser Bäume? Sie wirken riesig." Der Arkonide zeigte auf mächtige, viele Meter durchmessende Umrisse. „Ihr kommt auf Ideen!" Die Wegweiserin verkniff sich ein Lachen. „In gewissem Sinne hast du Recht.
Die Säcke sind mit Früchten gefüllt. Und mit Nüssen, Eckern und allem anderen, was wir sammeln und sich als ungenießbar herausstellt, und natürlich den Schalen, die von unseren Mahlzeiten übrig bleiben."
„Die Säcke sind mit Abfall gefüllt? Wozu ..."
Zephyda legte dem Arkoniden einen Finger auf die Lippen. „Nicht jetzt, Atlan. Die Planetare Majestät erwartet uns. Hinterher können wir reden. Über alles, was du willst. Wenn es sein muss, sogar über so langweiligen Kram wie die Vorrichtungen der Residenz ..."
Der Arkonide nahm sanft das Handgelenk der Motana, hauchte einen KUSS auf ihren Handrücken und sagte: „Ich bin sicher, uns wird etwas Besseres einfallen."
Zephyda und Atlan verharrten einen Moment lang und sahen einander in die Augen, dann riss sich die Wegweiserin los. „Wir müssen weiter. Die Planetare Majestät ist es nicht gewohnt, dass man sie warten lässt."
Rhodan folgte seinem Freund und der Motana, den Mund halb offen vor Erstaunen. Entweder sehe ich jetzt endgültig Gespenster, dachte er, oder die beiden flirten, was das Zeug hält.
Die nächsten Tage versprachen in mehr als einer Hinsicht interessant zu werden.
8.
Das Unbehagen war zurück.
Raphid-Kybb-Karter, Direktor der Minen des Heiligen Berges und damit die Nummer zwei in der Hierarchie der Kybb-Cranar auf Baikhal Cain, versuchte seit Tagen, es abzuschütteln. Er stürzte sich mit einem derartigen Eifer in die Arbeit, dass seine Untergebenen beinahe vor Ehrfurcht erstarrten, eilte er an ihnen vorbei.
Sie, die keinen Einblick in sein Inneres hatten, glaubten, die erhöhten Förderquoten seien der Grund für sein Verhalten. Das oder der Tod seiner beiden engsten Vertrauten, der immer noch ungeklärt war.
Sie irrten sich. Die Kunst des Führens bestand darin, Unwichtiges und Routinearbeiten zu delegieren.
Karter hatte das früh gelernt, und diese Einsicht hatte ihn auf den langen Weg gebracht, der - einstweilen - in der Direktorenschaft der Minen mündete.
Nein, Raphid-Kybb-Karter suchte mit aller Kraft die Ablenkung. Zog er sich am Ende eines langen Tages in seine Gemächer zurück, betäubte er seine Sinne mit immer neuen, ausgefalleneren Cocktails aus Drogen von Dutzenden verschiedenen Welten. Ihre Beschaffung wurde zunehmend schwieriger und teurer, doch das kümmerte ihn nicht. Geld hatte nur den Wert der Dinge, die man mit seiner Hilfe kaufen konnte. Karter hatte nie nach Reichtum um seiner selbst willen gestrebt.
Seine Bemühungen um Seelenfrieden waren vergeblich. Das Brennen blieb, glomm in ihm, schmerzte wie eine offene Wunde, die nach Heilung schrie.
Und eigentlich wollte Karter das Brennen nicht ersticken. Es war ein Teil von ihm, machte ihn ebenso sehr aus wie sein kühler Verstand und
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