2206 - Gesang der Hoffnung
Atlan an ihrer Seite erschien.
Der Arkonide grinste sie breit an. „Schön, dass du uns zugestehst, wenigstens eine Sache zu beherrschen."
Zephyda lachte in einem hellen, fröhlichen Trällern auf. Es war das erste Mal, dass Rhodan eine Motana lachen hörte. Die Motana in der Mine waren zu niedergeschlagen dazu gewesen.
Zwischen der Wegweiserin und Atlan entspann sich eine angeregte Diskussion über die Haltung von Reittieren, die rasch in eine Fachsimpelei mündete. Die Aufmerksamkeit des Terraners schweifte ab.
Das Angesicht des Waldes hatte sich seit dem Vortag nicht verändert, und doch, stellte Rhodan erstaunt fest, nahm er ihn auf eine völlig neue Weise wahr. Unter der Führung der Wegweiserin war das Fortkommen nicht mehr länger ein blindes Umhertasten, das immer wieder in kräftezehrenden Umwegen endete. Die erfahrene Zephyda schaffte es, die Gruppe so durch den Wald zu führen, als existiere in ihm ein übersichtliches, gut ausgebautes Wegenetz.
Tut es auch, dachte Rhodan. Aber nur in ihrem Kopf. Wahrscheinlich kann niemand, der nicht im Wald von Pardahn geboren und aufgewachsen ist, es so wahrnehmen. Deshalb ist der Wald ein so gutes Versteck vor den Kybb-Cranar.
Er wandte sich wieder Atlan und Zephyda zu, als deren Unterhaltung den Plauderton verlor. „Darf ich dir eine Frage stellen?", erkundigte sich der Arkonide. „Wenn es sein muss." Die Wegweiserin ahnte selbstverständlich, dass ihr Atlans Frage nicht behagen würde. „Du hast gestern gesagt, Jadyel sei ein Mitglied deiner Familie gewesen. Und deine Reaktion hat mir gezeigt, dass ihr euch sehr nahe gestanden haben müsst. In welcher Weise wart ihr verwandt?"
„Jadyel war mein Bruder", sagte die Wegweiserin. „Vor einigen Monaten war er plötzlich verschwunden. Wir vermuteten bereits, dass die Kybb-Cranar ihn verschleppt hatten. Jetzt haben wir Gewissheit."
„Zephyda ..." Rhodan sah, wie sein Freund mit sich rang, bevor er die nächste Frage stellte. „Was meinst du mit >Bruder Ein Bruder in dem Sinn, dass er ein Angehöriger deines Volkes war? Oder ein leiblicher Bruder?"
Ein warnendes Funkeln trat in Zephydas Augen. Atlan war im Begriff, eine Grenze zu überschreiten. „Im leiblichen Sinn", sagte sie „Er war ein Enkel der Planetaren Majestät. Ein Prinz. Als Mann kam er natürlich nicht als Herrscherin in Frage, doch alle Motana haben ihn geliebt. Er besaß eine wunderbare Sanftmut, eine tiefe Liebe zum Wald."
Atlan nickte langsam. „Er hat sie niemals verloren. Sie hat ihn bis zuletzt begleitet. Erlaubst du noch eine letzte Frage?" Der Arkonide stellte sie, bevor die Wegweiserin ablehnen konnte. „Was befindet sich in dem Beutel, den er uns anvertraut hat?"
Zephyda erstarrte im Sattel. „Niemand, der nicht zur Familie des Verstorbenen gehört, hat das Recht darauf, sein Vermächtnis zu erfahren. Aber ihr wart in seiner letzten Stunde bei ihm und habt treu seinen Willen erfüllt. Außerdem seid ihr keine Motana, deshalb will ich eine Ausnahme machen."
Die Wegweiserin schloss die Katzenaugen und sang: „Hört das Vermächtnis von Jadyel, dem Prinzen der Motana, dem Liebling der Planetaren Majestät, dem Sanften, der ein unverdientes Ende erfahren hat. In seinem Beutel fand sich ein Haar von den Motana, die Jadyel mehr als alles liebte; ein Blatt der Residenzbäume, gesprossen an einem Magischen Tag, ein Stück Wurzel von dem Baum, um dessen Stamm er sein Haus im Wald erbaute, in das er sich oft zurückzog."
Zephyda öffnete wieder die Augen und bellte: „Jetzt weißt du es."
Sie hieb ihrem Moka die Faust auf den Hinterköpf, und das Reittier trug sie mit einem Satz davon, weg von den Fremden mit ihren ungehörigen Fragen.
Zephydas Zorn war bald verraucht. Sie gestattete Rhodan und Atlan wieder in ihrer Nähe und plauderte mit ihnen. „Da drüben, in dem Wedelbaum. Seht ihr es?", fragte sie.
Rhodan blickte angestrengt in die Richtung, die die Wegweiserin vorgab. Er sah nur ein gewöhnliches Stück Wald.
Atlan erging es ähnlich. „Was sollen wir sehen?"
„Das Nest natürlich!" Sie lachte, nahm Atlans Arm und zeigte mit ihm. „Besser so?"
Atlan nickte. Rhodan lenkte sein Moka unmittelbar hinter den Freund und Zephyda und starrte in den Wald. Diesmal hatte er mehr Glück. Als sein Blick den Stamm eines Baumes hinaufwanderte, dessen Äste an Palmwedel erinnerten, blieb er auf halbem Weg hängen. Eine runde Plattform schmiegte sich an den Stamm. Sie bestand offenbar aus der geflochtenen Rinde eines Baums
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