2211 - PRAETORIA
meiner Erinnerung die Bilder des entstehenden Kernblocks eindrucksvoll vorüberzogen, setzten sich einige Kilometer entfernt als Zwischenstadium auch die sechs Quader der Seitenblöcke zusammen, die jeweils aus sechzehn Würfelraumern bestanden und in zwei Schichten die Öffnung in ihrer Mitte umgaben, also 9000 Meter in Breite und Höhe maßen und eine Tiefe von 6000 Metern erreichten.
Die „Schächte" waren als jeweils neun Kilometer lange Werft- und Hangarbereiche ausgelegt.
Künstliche Schwerkraft, bei Bedarf auch von Prallfeldern abgeriegelte Abschnitte, die mit Atmosphäre geflutet werden konnten, sowie das obligatorische Instrumentarium eines Tenders machten PRAETORIA zusammen mit den 10.000 Werft- und Tenderarbeitern und fast drei Millionen Posbis in Vielzweckausstattung zu einem hervorragend ausgestatteten, völlig autarken und im Höchstmaß beweglichen Stützpunkt, der ganze Flotten versorgen konnte, seinerseits aber ebenfalls die Schlagkraft einer solchen erreichte. Als historisches Vorbild ließ sich bestenfalls OLD MAN heranziehen. Selbst die weiterhin im Orbit von Stiftermann III kreisende BASIS konnte kaum als adäquater Vergleich dienen.
Erst als drittes Stadium der Defragmentierung folgte das Ankoppeln der Seitenblöcke an den Kernblock, bis die Gesamtgestalt der „räumlichen Kreuzform" entstanden war, deren Maximallängen 21.000 Meter betrugen. Eine das Gesamtobjekt theoretisch komplett einhüllende Kugel erreichte einen Durchmesser von über 36.000 Metern.
Jemand räusperte sich. Für einen Wimpernschlag irritiert, sah ich auf. Inzwischen hatte sich unser „Zubringer" der Jupiter-Kernzelle bis auf wenige Kilometer angenähert. Zwischen den vorbeidriftenden Schwaden verloren sich die riesigen Würfel in der Ferne.
„Nicht träumen, Forrest. Die LFT-BOX hat >Ziel erreicht durchgegeben<", sagte Ribald Mankor. Der Venusgeborene mit den markanten leuchtend blauen Äugen war der Zweite Offizier im Rang eines Majors. „Die Arbeit wartet – es werden etliche nervenaufreibende Stunden werden."
„Zweifellos." Ich musterte die Symbole der im oberen Bereich der Helmfront eingeblendeten Kontrollleiste des Innenhelmbords und schaltete auf Rundruf um. „Die Kommandeure der Einzelzellen übernehmen eigenständig die Befehlsgebung für ihren Bereich. Vorgehen gemäß Defragmentierungsprotokoll. Basischeck einleiten, Maschinen hochfahren. Weitere Befehle folgen."
Bestätigungen gingen ein. Nacheinander trieben die ersten Gruppen aus den Hangaröffnungen.
Lange Perlenketten entstanden, bestehend aus Hunderten und Tausenden Personen, die zwischen sich kleine Frachtcontainer mitführten. Die Gravo-Paks der SERUNS trieben die Gestalten an, wiederholt blitzten Scheinwerfer auf, erklangen Befehle.
Obwohl sich die Wölbung der Kernzelle laut der Helmanzeige der Distanzbestimmung noch in mehr als dreitausend Metern Entfernung befand und die Pole aus dem Blickfeld entschwunden waren, wirkte die beeindruckende Oberfläche aus rötlich blauem Ynkelonium-Terkonit zum Greifen nahe.
Ich stieß mich ebenfalls ab und flog dem berggroß dominierenden Gebilde entgegen. Mehr und mehr Details waren zu erkennen, je näher ich kam. Vereinzelt ragten Antennen auf, zeichneten sich die Umrisse ausfahrbarer Waffenkuppeln ab. Warnschraffuren umgaben kleine Mannschotten, in deren Zentrum sich die Linien von Irisverschlüssen trafen. Lang gestreckte Lichterketten von Positionslampen markierten die Aussichtskuppeln und Luken. Winzige Spittock-Kuppeln wölbten sich neben überdimensionierten Beschriftungsflächen. Entlang dem Äquator zog sich die mächtige Vertiefung der umlaufenden Ringnut dahin, in die bei Bedarf Ringwulstmodule in diversen Ausfertigungen eingedockt werden konnten. Der sechseckigen Querschnittsform der Module entsprechend war die Nut gestaltet: Oben und unten zunächst waagrecht beginnend, trafen sich weiter innen in der Mitte die geneigten Flächen. Gravotron-Projektoren wechselten sich ab mit den Öffnungen der Protonenstrahl-Impulstriebwerke.
Scheinwerfer flammten auf und zeichneten Kreise und Ellipsen auf die Stahlflächen. Hell erleuchtete Schleusen nahmen erste Gestalten auf. Nach der Landung beanspruchte das Einschleusen nur wenige Sekunden. Ich öffnete den SERUN-Helm. Atemgasgemisch zischte aus der kugelförmig aufgeblähten Transparenz-Umhüllung, deren Rand sich vom Halsverschlussring löste und blitzschnell in die Falthalterung zurückschnellte.
In die stampfenden Schritte raumfester Stiefel
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