223 - Gaston, Diana - Die mysteriöse Miss M
Doch es war gefährlich, sich auf einen anderen zu verlassen. Andere Menschen machten einem erst etwas vor, und dann brachten sie einen dazu, nur noch das zu tun, was sie wollten.
Ihr Blick wanderte wieder zu Devlin, und sie unternahm den Versuch einer Konversation. „War der Besuch bei deinem Bruder angenehm verlaufen?“
Er sah auf und schaute sie so lange an, dass sie bereits glaubte, er würde nicht antworten. „Ich habe mit meiner Schwägerin einige angenehme Minuten verbracht.“
Was sollte das bedeuten?
„Du hast dich also mit deinem Bruder gestritten, richtig?“, schnaubte Bart. „Das würde deine düstere Laune erklären.“
Dass Devlin nicht mit einer entsprechenden Antwort konterte, war sehr ungewöhnlich. Stattdessen starrte er auf seinen Teller. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm.
Sophie, die ein Gespür für Gefahr hatte, sprang auf und begann, die benutzten Teller zu stapeln.
„Lassen Sie das Geschirr bitte noch stehen, Sophie“, sagte Devlin, der kaum etwas gegessen hatte. „Ich muss mit euch allen reden.“
Madeleines Puls ging schneller. Seine Ankündigung konnte nichts Gutes bedeuten.
„Wir räumen besser erst den Tisch ab“, schlug sie vor. „Dann ist es etwas gemütlicher.“ Und das Unvermeidbare bekam so einen kleinen Aufschub.
„Also gut“, seufzte Devlin. „Dann bringen Sie die Sachen weg, Sophie, aber kommen Sie schnell wieder.“
„Ich helfe dir.“ Madeleine nahm ihren Teller und den von Devlin.
„Ich kann das erledigen, Maddy“, sagte Sophie.
„Aber ich möchte dir helfen“, gab sie zurück. Sie war immerhin noch in der Lage, einen Tisch abzuräumen. Dafür musste man keine besonderen Fähigkeiten erlernt haben. Außerdem war es für ihre Nerven gut, wenn sie sich mit irgendetwas beschäftigen konnte.
Als sie aus der Küche zurückkam und sich zu Devlin setzte, hatte der jedem von ihnen ein kleines Glas Portwein eingeschenkt. Sie sah den Schmerz in seinem Blick, was ihre Angst steigerte.
Was sollte Devlin anderes zu verkünden haben als seinen Entschluss, dass sie, Linette und Sophie gehen mussten?
Einige Augenblicke lang spielte er mit dem Glas Portwein, dann räusperte er sich. „Ich habe meinen Bruder aufgesucht, um von ihm einen Vorschuss auf das Geld zu erbitten, das mir eigentlich erst in zwei Monaten zusteht. Wir sind etwas knapp bei Kasse …“
„Wegen meiner Kleider“, stöhnte Madeleine auf.
„Es hat nicht nur mit deinen Kleidern zu tun, Maddy. An allem ist doch in erster Linie mein unbedachter Umgang mit dem Geld schuld.“
„Komm, Freund …“, setzte Bart mit untypisch beschwichtigendem Tonfall an.
„Ihr müsst wissen“, fuhr Devlin fort, „dass die Bitte an meinen Bruder meiner Ansicht nach der beste Weg war, um diese missliche Situation hinter uns zu lassen. Leider hatte ich nicht in Erwägung gezogen, dass er sie ablehnen könnte.“
„Er hat sie dir versagt?“, rief Bart ungläubig aus. „Aber mach dir deshalb keine Sorgen, Dev. Wir bekommen das schon hin. Dann werden wir eben sparsam sein, und schon ist das Problem aus der Welt.“
Devlin lachte zynisch auf. „Das Schlimmste hast du ja noch gar nicht gehört, mein Freund. Mein Bruder hat nicht nur einen Vorschuss abgelehnt, er hat meine Zuwendung auch um die Hälfte gekürzt. Ich wüsste nicht, wie wir davon über die Runden kommen sollten.“
Bart saß mit offenem Mund da. „Um die Hälfte?“
„Was heißt das, Maddy?“, flüsterte Sophie ihr zu.
„Es heißt, dass du, Linette und ich gehen müssen“, brachte Madeleine nur mit Mühe heraus.
„Nein“, widersprach Devlin und nahm ihre Hand. „Das heißt es nicht. Ich weiß noch nicht, wie ich es anstellen werde, Maddy, aber ich werde für dich sorgen.“ Dann wandte er sich Bart und Sophie zu: „Für euch beide werde ich wohl neue Anstellungen bei jemandem aus meiner Familie finden können.“
„Ich werde Maddy nicht im Stich lassen“, rief Sophie aus.
„Und ich bleibe bei dir, Kamerad. Wir haben schon Schlimmeres als das durchgestanden.“ Bart hob sein Glas und prostete ihm zu.
Devlin sah sich am Tisch um. „Ja, aber damals mussten wir nicht zwei Frauen und ein Kind durchbringen.“
„Wir werden selbst für uns sorgen.“ Madeleine hob das Kinn und täuschte eine Tapferkeit vor, die sie so gar nicht verspürte.
„Und wie, Maddy?“, wollte Devlin wissen. „Du hast keinerlei Einkommen.“
Bart stand
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