223 - Gaston, Diana - Die mysteriöse Miss M
einen Schritt auf sie zu, musste sich aber an der Wand abstützen. „Nur ein bisschen beschwipst.“
Wieder zog sie sich ein Stück nach hinten zurück. „Ich will mich nicht mit dir unterhalten, wenn du betrunken bist.“
„Oh, hör schon auf, Maddy, und leg dich ins Bett.“
„Das werde ich nicht.“
Er stand gegen die Wand gestützt da und machte den Eindruck, als würde er jeden Moment zu Boden sinken. „Ich sagte, du sollst dich ins Bett legen. Ich kann mich nicht mehr lange aufrecht halten.“
Da sie endgültig genug von seinem Auftreten hatte, ging sie an ihm vorbei zur Verbindungstür und wich dabei mühelos seinem fahrigen Versuch aus, nach ihr zu greifen. „Ich werde heute Nacht in meinem Bett schlafen“, erklärte sie und zog mit Rücksicht auf Linette die Tür leise zu, obwohl sie sie am liebsten lautstark zugeschlagen hätte.
Als sie allein war, kniff sie die Augen zusammen, um gegen die Tränen anzukämpfen. Sie durfte einfach nicht vergessen, dass jeder Mann sie über kurz oder lang enttäuschte, und Devlin stellte keine Ausnahme dar. Als sie sich in ihr Bett legte, wurde ihr schmerzlich bewusst, dass sein Körper ihr in dieser Nacht keine Wärme spendete.
Als Devlin aufwachte, bemerkte er, dass er noch seine Kleidung trug. Sein Kopf dröhnte, als würde in unmittelbarer Nähe ein ganzes Arsenal französischer Kanonen abgefeuert. Dunkle Regenwolken bedeckten den Himmel und machten es ihm unmöglich, die Tageszeit auch nur zu erahnen. Er setzte sich auf, und prompt drehte sich das Zimmer um ihn. Während er abwartete, dass der Schwindel nachließ, versuchte er, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Was war am Abend zuvor bloß geschehen?
Er konnte sich an Ram erinnern und daran, dass sie auf all ihre toten Kameraden angestoßen hatten. Zu seinem Entsetzen war ihm auch in Erinnerung, wie er Madeleine angebrüllt hatte. Aber wie war er bloß nach Hause gekommen?
Vorsichtig stand er auf und näherte sich mit bedächtigen Schritten der Waschschüssel. Er spritzte sich Wasser ins Gesicht und spülte den Mund aus, um den üblen Geschmack loszuwerden. Dann goss er sich den Inhalt des Krugs über den Kopf.
Er hatte Madeleine ganz sicher nicht von seinem Treffen mit Ram erzählt, aber er hatte sie angeschrien? Warum nur? Und was hatte er womöglich noch alles getan?
Auf dem Weg in die Küche nahm er sich vor, alles wiedergutzumachen, obwohl er dafür erst einmal wissen musste, was man ihm vorhielt.
Vor dem Herd wärmte er sich auf, dann nahm er den Kessel mit dem heißen Wasser und brühte sich einen Tee auf. Er fragte sich, wo wohl die anderen waren.
Vor allem Madeleine.
Bart kam herein und warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
„Ja, ja, ich weiß.“ Devlin winkte ab. „Ich habe mich gründlich danebenbenommen.“
„Du hast das Mädchen verärgert.“
Devlin sah ihn erschrocken an. „Ich habe Sophie verärgert?“
„Nicht Sophie“, schnaubte er. „Miss Madeleine.“
„Du weißt nicht zufällig, was ich getan habe, oder? Ich muss gestehen, ich kann mich an kaum etwas erinnern.“
Bart gab ihm ein Stück Brot, auf dem Devlin lustlos herumkaute. „Miss Madeleine hat mir nicht alle Einzelheiten berichtet, aber nach ihren Schilderungen musst du sturzbetrunken gewesen sein.“
„Stimmt.“ Bart wollte darauf etwas erwidern, aber Devlin fügte sofort an: „Bevor du mir den Hals umdrehst – ich war mit Ram unterwegs.“
„Captain Ramsford? Er lebt?“, fragte sein Diener überrascht.
„Ich hielt ihn auch für tot, weil ich ihn damals zu Boden gehen sah.“ Er hob seine Tasse an und merkte, wie sehr er zitterte. „Wir haben gemeinsam den Ball verlassen und den Abend in einer Schenke verbracht.“ Er hielt inne und trank einen Schluck Tee. „Wir mussten auf viele tote Kameraden anstoßen.“
„Auf Captain Ramsford erhebe auch ich das Glas.“ Bart holte eine Flasche aus dem Schrank, schenkte sich ein Glas ein und gab einen Schuss in Devlins Tasse.
„Auf Captain Ramsford“, erklärte er, dann stieß er mit Devlin an.
Genau in diesem Augenblick kam Madeleine in die Küche. Sie sah die Flasche auf dem Tisch, dann die beiden Männer. Bart trank in einem Zug sein Glas aus und zog sich zurück. Schweigend ging sie zum Herd.
„Ich habe Tee in der Kanne aufgebrüht“, sagte Devlin zu ihr.
Wortlos gab sie etwas Zucker und ein paar Tropfen Milch in ihre Tasse, goss Tee dazu und setzte
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