2244 - Bürgergarde Terrania
einem der Terminals, an denen noch immer die Entladung der Mikro-Fusionsreaktoren stattfand. Eine gewaltige Stichflamme schoss viele Meter hoch in die Luft, gefolgt von einem Feuerorkan, der sich blitzartig ausbreitete und bis in die Reihen der Kamerateams, Ordnungshüter und Zuschauer fuhr, die dieser Stelle am nächsten standen. Das Krachen der Detonation betäubte die Trommelfelle. Menschen schrien und warfen sich zu Boden oder wurden von der folgenden Druckwelle von den Beinen gerissen.
Es war wie ein Weltuntergang. Chip Greuther hatte sich instinktiv fallen lassen und Maggie und Schneider mit sich zu Boden gerissen..Die Druckwelle fegte über sie hinweg. Der Boden erbebte. Unerträgliche Hitze drohte ihre Haut zu versengen, und unaufhörlich die Schreie. Trümmerstücke fielen vom Himmel, der selbst zu brennen schien. Es war das Chaos.
Chip wartete mit zusammengebissenen Zähnen, bis es endlich vorbei war. Aus den Schreien des Entsetzens waren Schreie des Schmerzes geworden. Als Greuther sich aufrichtete, sah er Tote und Verletzte. An einigen Stellen des Terminals brannte es noch. Lösch- und Rettungsgleiter erschienen am Himmel und kümmerten sich darum oder landeten. Ärzte und Sanitäter sprangen heraus. Ein großer Pulk Medo-Roboter kam herangeflogen und regnete auf das Schlachtfeld herab. Alles lief ab wie in Zeitlupe, unwirklich, gespenstisch. Aber das täuschte natürlich. Für die Toten, deren Zahl nicht einmal geschätzt werden konnte, konnte nichts mehr getan werden. Die vielen Verletzten aber wurden in aller Eile notdürftig versorgt und mit Gleitern in die benachbarten Medo-Center geflogen.
Chip Greuther hatte während des Landeanflugs der TOMBA Gelegenheit gehabt, die Nachrichtenkanäle Terranias abzuhören. Dort war von einem anderen Bombenanschlag die Rede gewesen, der der neu gegründeten Bürgergarde Terrania zugeschrieben wurde. Dies hier war etwas anderes. Es trug eindeutig die Handschrift der Selbstmordattentäter aus den Reihen der Gon-Orbhon-Jünger.
Noviel Residor hatte die Gefahr also nicht unterschätzt. Seine scheinbar so übertriebene Vorsicht war gerechtfertigt gewesen. Er hatte zwar am falschen Ort einen Attentäter vermutet, aber auch dafür gesorgt, dass die Landung und Entladung der TOMBA strengstens durch ein Großaufgebot von TLD-Leuten und Polizisten abgesichert wurde.
Dennoch war es der Sekte - oder einem fanatischen Einzelgänger im Bann seines Gottes - gelungen, allen Sicherheitsvorkehrungen zum Trotz die Bombe zu zünden, und zwar dort, wo sie einen maximalen Schaden anrichtete, an Menschen und Material. Chip wollte gar nicht wissen, wie viele Mikro-Fusionsreaktoren bei der Explosion vernichtet worden waren. Er wusste nur eines: Die Gefahr durch die zu allem bereiten Jünger Gon-Orbhons war noch größer, als er bisher angenommen hatte. Es gab nirgendwo Sicherheit vor ihnen. Noviel Residor und die anderen Verantwortlichen waren nicht hysterisch. Sie versuchten ihr Bestes, aber das war nicht genug.
Und die Gesetze? Sie ließen das harte Vorgehen gegen die Sekte nicht zu, das nötig gewesen wäre, um sie wirksam zu bekämpfen. Sie waren schwach. Aber sie waren da, und sie galten für alle Bürger der Erde.
Chip Greuther sah den Schmerz, die Trümmer, das ganze Elend und Ausmaß der Zerstörung um sich herum. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. Nein, es war alles andere als ein Wunder, dass die Menschen dieser Stadt der Bürgergarde zuströmten. Nach diesem Anschlag würden sie es in Scharen tun. Niemand verstand das besser als er.
Aber er konnte nichts machen. Er hatte einmal geglaubt, das Gesetz in die eigenen Hände nehmen zu müssen, und sich geschworen, dies nie wieder zu tun.
Recht und Ordnung - manchmal fiel der Glaube daran schwerer, als ein Mensch es aushalten konnte.
Chip Greuther wünschte sich nicht zum ersten Mal, in einer anderen Haut zu stecken
4.
Vierzehn Stunden später saß Greuther seinem obersten Chef in dessen Büro persönlich gegenüber.
Es war genau 22 Uhr, Greuther war auf. die Minute pünktlich im wieder in Betrieb genommenen TLD-Tower erschienen, nachdem er bereits kurz nach Mittag ins „Herz" des Geheimdienstes bestellt worden war - und zwar nur er. Was Residor mit ihm zu bereden hatte, sollte offenbar unter vier Augen stattfinden.
Chip fragte sich, wieso Residor selbst die Angelegenheit in die Hand nahm und was diese Geheimhaltung zu bedeuten hatte. Er stand noch unter den Nachwirkungen des Schocks vom Morgen. Bis vor
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