225 - Kalis Kinder
wär ich heute noch gesund und nicht auf diesen verfluchten Swamui und seine Höllensalbe reingefallen. Weißt du, ich wollte unbedingt Arba bereisen und Induu, weil hier tolle Geschäfte zu machen sind. Hat ja auch geklappt, ich wurde reich und hab mich im Nordwesten von Induu angesiedelt. Und dann hab ich vom Guhru Swamui gehört und von der Buutyfaam und wollte unbedingt dorthin, weil es hieß, dass er dich gleich zwanzig Jahre jünger machen kann. Zuerst war es auch so. Aber dieser Mistkerl, Orguudoo soll ihn holen, hat verschwiegen, dass diese Salbe die Haut mit den Jahren zerstört.«
Matt verstand. Dies hier war der Kaufmann, den Swamui erwähnt hatte und den angeblich die Kali-Jünger entführt hatten. Im nächsten Moment durchfuhr ihn ein heißer Schreck: Wenn es stimmte, dass Swamuis Salbe diese furchtbaren Veränderungen bewirkte – was war mit Aruula? Sie hatte das Teufelszeug doch auch auf ihre Haut aufgetragen!
Matt fühlte sich, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggerissen. Nein, das durfte nicht sein! Gewiss traten die Veränderungen erst nach längerer Behandlung auf. Er musste cool bleiben und durfte nicht in Panik verfallen!
Matt riss sich zusammen. »Und damit Swamuis Geschäfte nicht gefährdet werden«, schlussfolgerte er mit heiserer Stimme, »lässt er all jene, die in dieses Stadium kommen, im Dschungel verschwinden und schiebt es den Tygern und den Kali-Jüngern in die Schuhe.«
»Du bist schlau, Maddrax, klar bist du das.« Ingolf kicherte.
»O Scheiße, jetzt fängt das Jucken wieder an. Indraaaa!«, brüllte er. »Bring mir was von dem Öl, schnell!« Er begann sich am Bein zu kratzen und dann im Gesicht. »Solange ich noch klar denken kann, Maddrax: Diese Karadan ist gefährlich! Sie hat mich – au verdammt, das beißt – sie hat mich in den Wald verschleppt und gesagt, ich hätte Glück, dass sie mich nicht gleich selbst um… ahhh …« Unvermittelt brüllte er los und wälzte sich zuckend am Boden.
Matt sprang erschrocken hoch. Er wollte zu der kleinen Tür laufen, um nach Indra zu rufen, aber die drei Wachen hatten entschieden, dass seine Auszeit vorüber war. Ihre Speere richteten sich auf Matt, während die Alte von selbst auftauchte und aus einem verbeulten Benzinkanister Öl über Ingolf goss.
Dessen Schreie ebbten allmählich wieder ab.
»Grauenhaft«, flüsterte Matt.
Einer der Wächter fuhr ihn auf Induu an. Unschwer verstand Matt, dass es »Los, mitkommen!« bedeuten musste. Die beiden anderen traten zu Ingolf, dessen Blick sich langsam klärte, und bedeuteten ihm, aufzustehen.
Matt stützte den Deutschen. Er musste sich überwinden, seine Haut anzufassen, die seltsam trocken und bröselig war, fast wie Pergament. Dazwischen sah er rohes Fleisch mit Wundflüssigkeit darauf. Das Öl, mit dem Ingolf übergossen worden war, überzog es mit einer schützenden, pflegenden Schicht.
***
Beide Männer wurden von den Wächtern in eine andere Höhle geleitet. Der Mann, den er beim Wasserloch versorgt hatte, stand vor einer aus Bambusstöcken gefertigten Tür und blickte ihn finster an.
»Hallo«, sagte Matt. »Ich freue mich, dass es dir besser geht.« Ingolf übersetzte, doch Kuduvasi verzog keine Miene.
»Ihr werdet jetzt das Haus der Göttin Kali betreten«, sagte er stattdessen. »Und ihr werdet die Göttin begrüßen, indem ihr die Zunge herausstreckt, so weit ihr könnt. Ansonsten werdet ihr tun, was sie euch sagt. Sie will dich unbedingt sehen, Fremder, und der Verehrungswürdige wird deine Worte übersetzen.«
Es dauerte einen Moment, bis Matt begriff, dass mit dem
»Verehrungswürdigen« Ingolf gemeint war. Die Induu schienen ihn tatsächlich hochzuschätzen; seltsam. Und was hatte Kuduvasi gesagt: Sie würden die Göttin selbst begrüßen?
Matt war gespannt.
Ihm stockte der Atem, als er eintrat. Nicht nur wegen des verschwenderischen Reichtums, der ihn plötzlich im flackernden Kerzenlicht umgab. Sondern vor allem wegen der Göttin.
Matt kniff die Augen zusammen, konnte es auf den ersten Blick kaum glauben.
Eine alte Frau saß mit schräger Hüfte auf einem Kissen und stützte sich auf einem ihrer unteren Arme ab. Denn sie besaß gleich vier davon! Zwei wuchsen normal aus den Schultern, während zwei weitere, etwas schmaler und schwächer, seitlich an ihren Rippen angesetzt waren. Nicht ganz auf gleicher Höhe allerdings.
Das Unheimlichste aber war das zweite Gesicht zwischen ihren schlaffen, seitlich nach außen hängenden Brüsten, denn
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