2250 - Zeuge der Zeit
gerichtet. Ihr Mund fühlte sich trocken an. „Geehrte Majestäten!"
Dünn und ängstlich. Zephyda hörte mit Scham der eigenen Stimme zu.
Atlan gab energisch Zeichen, weiter nach vorn! - sie rückte vor und erinnerte sich wieder an die Markierung auf dem Boden. „GEEHRTE MAJESTÄTEN!"
Ihre Worte krachten wie ein Donnerschlag. Der halbe Saal zuckte zusammen.
Sie hielt erschrocken inne, und als sie unwillkürlich aufblickte, registrierte sie die Front der Ablehnung, die ihr entgegenschlug.
Majestät Tordhene, die Greisin von Rah Garonde, starrte aus der zweiten Reihe. Links und rechts von ihr hockten Verbündete, in den Blicken dieselbe Sorte Abscheu. Als sei der Konvent eine persönliche Bühne und als werde über Personen entschieden, statt über eine Sache. Tordhene und ihre Gruppe fixierten Zephyda wie eine Kybb.
Allein Atlan schaute mit Zuversicht.
Sein Blick gab ihr die Sicherheit zum Teil zurück, die sie für ihre Rede brauchte. „Geehrte Majestäten!" Zum ersten Mal klangen die Worte richtig, im dritten Anlauf, und sie sprach exakt die Worte, die sie sich zurechtgelegt hatte: „Ich bin Zephyda von Baikhal Cain. Ich kommandiere die Bionischen Kreuzer; die meisten von euch haben mich bereits kennen gelernt. Ich war es, die Majestät Kischmeide gebeten hat, diesen Konvent einzuberufen."
Sie riss den Blick von Tordhene und ihrer Fraktion los.
Weiter hinten erblickte sie Ikhete aus dem Tembe-System, mit ihrem charakteristischen Perlengewand; daneben zwei sehr junge Frauen mit aschfahlen Gesichtern; eine Majestät mittleren Alters, die nur einen Arm hatte. Von diesen Motana kam zumindest keine Feindschaft. Auch Kippi'va'Starrd zählte zu ihnen.
Sichere Zustimmung sah Zephyda allein in den Mienen von Ikhete und Corestaar. Ein paar von dreihundert. Alle anderen hielten sich bedeckt oder waren nicht stimmberechtigt, so wie Rhodan, Atlan oder Lyressea.
Zephyda machte sich klar, mit welcher Haltung sie auf dem Podium stand; den Kopf zwischen die Schultern gezogen, ohne Blickkontakt zur ersten Reihe.
Kämpfen, verdammt!
Für die Toten von Shy Tombeyn und Baikhal Cain. Für die Sklaven aus dem Heiligen Berg von Baikhalis und für alle anderen genauso.
Wie wollte sie die Kybb-Cranar besiegen oder die legendären Kybb-Traken, wenn sie nicht einmal im Kreis der Freunde gewinnen konnte.
Satz für Satz rief sie sich Atlans Ratschläge in Erinnerung. Erstens: Nimm deine Feinde für dich ein. Zweitens: Zerstöre deine Feinde nicht, sondern mache sie zu deinen Verbündeten. Drittens: Benutze deine Fähigkeiten nicht zur Spaltung, sondern zur Einigung. - Danke, Arkonide! Ich war ungerecht.
Zephyda richtete sich auf. Sie zwang ihre Augen zu blitzen, wie es sonst von allein passierte, und sie richtete den Blick auf die Bänke, wo sie Tordhene, Kischmeide und die anderen wusste. „Mein erster Dank gilt Majestät Kischmeide", presste sie heraus. „Ohne sie und die Bewohner von Kimte hätte es den Konvent nicht gegeben. Dasselbe gilt für den Karthog von Roedergorm, der heute bei uns ist." Jedes Wort klang besser als das davor. Zephyda holte Schwung, indem sie Gemeinplätze aussprach. „Der Konflikt mit Majestät Kischmeide war es, durch den dieser Konvent überhaupt zustande kommt. Ihr wisst, wofür ich stehe, für die Revolte. Und ihr wisst, wofür Kischmeide steht, für die Vorsicht."
Absichtlich mied sie die Worte, die ihr auf der Zunge lagen: Krieg und Feigheit.
Unterdrückung und Hass. Um das Auditorium nicht zu spalten, bevor es unvermeidlich war. „Vor Ewigkeiten lebte das Volk der Motana in Stolz und Freiheit. Die Motana gehörten zu den Freunden der Schutzherren. Unsere Vorfahren dienten dem Frieden und der Freiheit.
Das sind Werte. In diesem Krönungssaal sitzt niemand, der sich nicht wünscht, es wäre heute wieder so wie früher. Motana sind wir alle. Gleich wie der Konvent entscheidet - in dieser einen Frage sind wir alle uns einig. Aber die Tage des Glücks gingen zu Ende. Der Kultur der Schutzherren stieß eine Katastrophe zu, die alles zerstört und alles verändert hat: die Kybernetischen Nächte, die Blutnacht von Barinx. Einer der Schutzherren wurde zum Verräter. Wir wissen heute, der Name des Verräters lautet Tagg Kharzani..."
Tordhene sprang mit einem Mal hoch. „Halt! Ich höre diesen Namen zum allerersten Mal!"
„... und wir wissen auch, dass der Verräter an einem geheimnisvollen Ort haust, den wir das Schloss Kherzesch nennen..."
„Woher weißt du das!", schrie Tordhene.
Die
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