2256 - Bahnhof im Weltraum
Und wieso hatten die Mediker des Weltraumbahnhofs die Sache noch nicht in den Griff bekommen? „Braucht ihr medizinische Hilfe?", fragte Bull. „Unsere Bordmediker können ..."
„Das ist nicht nötig", fiel ihm Chan-Li hastig ins Wort. „Unsere Mediker sind dabei, der Situation Herr zu werden. Aber sämtliche Technocrews fallen für ein paar Tage aus. Ihr müsst die RICHARD BURTON schon mit eurem eigenen Personal warten."
Bull kniff verärgert die Lippen zusammen. Kantiran konnte seine Enttäuschung und Besorgnis nachempfinden. Ohne die Technocrews des Bahnhofs würden die Wartungsarbeiten viele Tage, vielleicht sogar Wochen länger dauern. Und in der Zwischenzeit breitete sich der Einfluss des selbst ernannten Gottes Gon-Orbhon auf der Erde weiter aus ... mit womöglich katastrophalen Folgen. „Das ist äußerst... bedauerlich", sagte Bull gedehnt. „Aber ich denke, wir können den Ausfall der Technocrews durch den Einsatz eurer Montageroboter einigermaßen wettmachen."
„Es tut mir Leid, Residenz-Minister", erwiderte Chan-Li ruhig, „doch auch das ist nicht möglich. Bei dem Hypersturm wurden auch die Roboter schwer beschädigt. Sie sind nicht einsatzbereit."
Bull sagte einen Moment lang nichts. Sein Gesicht blieb unbewegt, aber Kantiran bemerkte ein gefährliches Funkeln in seinen Augen. „Ich verstehe", sagte er. „Dann werden wir uns eben auf unsere eigenen Kräfte verlassen müssen."
Er murmelte einen knappen Gruß, und das Holofenster mit Chan-Lis Gesicht im Haupthologramm erlosch. Bull drehte sich zu Kommandant Pragesh um. „Sind die Schäden am Weltraumbahnhof wirklich so schwer, wie Chan-Li behauptet?", fragte er.
Pragesh warf einen Blick auf die Displays an seinem Kontrollpult und zuckte die Achseln. „Rein äußerlich wirkt der Bahnhof weitgehend intakt", erwiderte er. „Einige Antennen der Ortungs- und Funkphalangen sind gebrochen, das ist alles. Natürlich ist es denkbar, dass es im Innern anders aussieht, doch die Wahrscheinlichkeit ist gering."
„Ganz meine Meinung." Bull nickte mit düsterem Gesicht. „Es wäre ein seltsamer Zufall, wenn die Schwerkraftfronten die Hüllenpanzerung verschont, die internen Aggregate aber massiv beschädigt hätten. Von den Robotern ganz zu schweigen."
„Und diese ominöse Lebensmittelvergiftung ...", sagte Pragesh. „Bin ich der Einzige, dem es merkwürdig vorkommt, dass die Bahnhofsmediker mit einer derart simplen Sache nicht schneller fertig wurden?"
Kantiran räusperte sich. „Für mich klingt es so, als würde Chan-Li unseren Weiterflug zur Großen Magellanschen Wolke verzögern oder verhindern wollen."
„Warum sollte sie so etwas tun?", fragte Pragesh verwirrt. „Vielleicht weil sie eine Agentin des Göttlichen Imperiums ist", meinte Kantiran. „Womöglich spekuliert Imperator Bostich darauf, dass Gon-Orbhon die Erde übernimmt und Terra als galaktischer Machtfaktor ausscheidet."
Er kniff die Augen zusammen. „Das könnte auch Ascaris Anwesenheit an Bord in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen", fügte er hinzu. „Sie ist nicht hier, um unsere Mission zu beobachten, sondern um sie scheitern zu sehen."
Reginald Bull schüttelte den Kopf. „Bostich ist kein Dummkopf. Er muss wissen, wenn dieser selbst ernannte Gott erst einmal die Erde kontrolliert, ist auch Arkon in Gefahr.
Dann ist die gesamte Milchstraße bedroht."
„Trotzdem", beharrte Kantiran. „Ich glaube kein Wort von dem, was Chan-Li gesagt hat."
Der Residenz-Minister nickte bedächtig und öffnete den Mund, aber ehe er etwas sagen konnte, flimmerte vor Kantirans Kontrollpult die Luft, und Gucky materialisierte. Er zwinkerte Kantiran zu. „Hallo, Kleiner", sagte der Dt mit seiner schrillen Stimme. „Alles im grünen Bereich?" Er wartete Kantirans Antwort nicht ab, sondern wandte sich an Bull. Plötzlich verschwand das humorvolle Funkeln in seinen Augen und wich Besorgnis und Ernst. „Wir haben ein Problem."
„Das haben wir bereits bemerkt", brummte der Residenz-Minister. „Ich habe den Bahnhof telepathisch erkundet", fuhr der Mausbiber fort. „Aber irgendetwas blockiert meine Psi-Fähigkeiten. Ich spüre zwar die Bewusstseine der Menschen, doch ich empfange keine klaren Gedanken. Es ist, als würde eine Art Schleier zwischen mir und ihnen liegen."
Kantiran war alarmiert. Er wechselte einen Blick mit Bull und sah, dass es dem Unsterblichen wie ihm erging. „Könnte es an der Hypersturmzone liegen?", fragte Bull. „Unwahrscheinlich", schrillte Gucky.
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