2259 - Tod von den Sternen
Gurrads angefangen. Jerofes Traum und sein furchtbarer Schock. Es ließ dem Psychologen keine Ruhe. Es musste einen Grund geben, eine Bedeutung. Die Cortezen kannten keine Gurrads, das stand fest. Aber Jerofe war bei ihrem Anblick fast zu Tode erschrocken. Dies und sein Traum ließen nur einen Schluss zu.
Der Fremdvölkerpsychologe tat das, was er eigentlich nie hatte tun wollen. Er verließ die Klinik und machte sich auf den Weg. Wahrscheinlich würden die Wachen ihn erst gar nicht zu ihnen hereinlassen - aber versuchen musste er es wenigstens.
Am Morgen war die Zahl der Toten auf 37 gestiegen. Reginald Bull hatte angeordnet, die ganz besonders gefährdeten Cortezen genau zu beobachten - und zwar dahin gehend, ob sie noch in der Lage waren, ihre Hände zu gebrauchen und den Körperschlauch zu kneten, zu massieren oder was immer sie damit taten.
Keiner der Verstorbenen war während der letzten Stunden bei Bewusstsein gewesen, hatte sich also nicht bewegen können. Bulls Verdacht verdichtete sich.
Als Prak-Noy zu ihm kam, war es kurz vor Mittag. Weitere zehn Cortezen waren der geheimnisvollen Seuche erlegen. „Sie können keine Antikörper dagegen bilden, was auch immer die Erkrankung ausgelöst hat", hatte der Ära schon vorher erklärt. „Wir sind ziemlich sicher, dass es auf Aon noch nie zuvor eine solche Epidemie gegeben hat. Die Cortezen kennen diese Krankheit nicht."
Das wäre wieder ein Argument dafür gewesen, dass sie von den Terranern eingeschleppt worden war, wenn die Mediker dies nicht weiterhin vehement ausschließen würden. „Was ist mit der Nahrung?", fragte Bull, als Prak-Noy ihm gegenübersaß und seinen Kaffeebecher abgesetzt hatte. Der Ära wirkte noch erstaunlich frisch, obwohl er rund um die Uhr gefordert gewesen war, hier und auf dem Schiff. Aber er wäre nicht der erste Arzt von den vielen, die Bull in seinem langen Leben kennen gelernt hatte, die sich selbst an ihrem Drogenkasten bedienten und Aufputschmittel nahmen - oder noch ganz andere Dinge. „Du hast es geahnt, richtig?", fragte der Mediker. „Und ins Schwarze getroffen."
„Mach es nicht so spannend", forderte der Expeditionsleiter.
Prak-Noy nickte. „Wir haben die Mageninhalte einiger Toter untersucht. Die Cortezen scheinen sich ausschließlich von Früchten zu ernähren, die sie entweder anbauen oder im Wald finden. Sie essen sie roh oder zu Gemüse verarbeitet, ja sogar zu einer Art Brot. Ich habe einige Leute losgeschickt, um ihre Häuser erneut zu durchsuchen."
„Und sie haben solche Früchte gefunden", erriet Bull. „In einigen Häusern ganze Körbe voll, in anderen nichts. Wir gehen davon aus, dass jene Stadtbewohner, die sich am längsten auf den Beinen halten konnten, diejenigen waren, die Vorräte angelegt hatten. Sie konnten noch essen, während die anderen ..." Prak-Noy hob die Schultern. „Als sie es nicht mehr konnten, brachen auch sie zusammen."
„Also sind sie ... verhungert?", fragte Bull ungläubig. „Ich meine die Toten."
„Das trug zweifellos zu ihrem Tod bei, ja."
„Dann wundert mich nichts mehr", sagte Bull. „Jerofe Gangan Ouwmar brach so schnell zusammen, weil er ... ausgehungert war. Ohne unsere Technik wäre er das erste Opfer der Seuche gewesen." Er schüttelte den Kopf. „Aber was ist mit diesem Bauchgürtel? Warum sind jene zuerst gestorben, die ihn sich nicht massiert haben?"
„Auch das wissen wir jetzt." Prak-Noy blickte zu den Betten mit den Kranken hinüber. Bull folgte seinem Blick und sah erst jetzt, dass die Cortezen, die aufgehört hatten, ihren „Gürtel" zu kneten, von Terranern und Medo-Robots behandelt wurden. Es sah seltsam aus - so als ob sie sie künstlich beatmeten, nur einige Zentimeter tiefer. „In diesen - ich sage einmal: externen Verdauungsorganen - befindet sich ein Brei, der von den Cortezen aufgenommen werden kann. Diese Dinger leben, Reginald, aber sie müssen extra angeregt werden, um ihren Inhalt in die Körper der Cortezen abzugeben. Dies geschieht dadurch, dass sie geknetet - oder massiert - werden. Sie sind durch eine Art Saugnäpfe direkt mit den internen Verdauungsorganen der Eingeborenen verbunden. Wenn ein Corteze Hunger, aber keine Nahrung mehr hat, benutzt er dieses externe, symbiotische Organ. Tut oder kann er es nicht mehr ..."
„Dann verhungert er", sagte Bull. „Und stirbt an seiner Schwäche."
„Genauso ist es", bestätigte der Ära. „Du siehst es ja. Alle verfügbaren Männer und Frauen und Roboter übernehmen die Arbeit für die
Weitere Kostenlose Bücher