2280 - Exil der Orakel
Gembarog und scheuchte damit etliches Getier aus den Ästen hoch. „Ein Ausgestoßener!"
Stille, nur vom Flattern und Schimpfen aufgeregter Vögel gestört.
Gembarog wartete lange - doch umsonst. Der Waldläufer kam nicht mehr zurück.
Kopfschüttelnd drehte sich der Roedergormer um, konnte seine Erregung nur mühsam beherrschen. Denn der Mann war ...
Er prallte gegen die Gestalt, die sich lautlos an ihn herangeschlichen und sich von hinten genähert hatte.
Kaum beherrschte Wut war in den verkniffenen Gesichtszügen des Einheimischen zu sehen. „Was du zu mir sagst?"
„Hör mir gut zu!", sprudelte Gembarog hastig hervor. „In dir steckt etwas, das die anderen deines Volkes erschreckt. Das dich isoliert, die Frauen fern hält, eine Barriere um dich herum erzeugt, die du dir selbst nicht erklären kannst."
Der Zorn des Mannes wich, machte maßloser Überraschung Platz. „Woher du weißt..."
„Ich kenne die Dunkelheit in deiner Seele, die dich manchmal zu beherrschen droht.
Das Gefühl, etwas tun zu wollen, was nicht gut scheint. Und die Angst davor, allem, was in dir steckt, freien Lauf zu lassen."
Der eingeborene Motana wich erschrocken zurück. „Kannst du denn lesen im Kopf?"
„Keineswegs." Gembarog lächelte traurig. „Ich kenne nur sehr viele von deiner Art.
Eigentlich viel zu viele. Und ich bin selbst einer von ihnen. Ich bin ein Todbringer.
Wie du auch."
Atjaa betrachtete den schmutzigen Waldläufer, der sich ganz beiläufig Raupen, Käfer und anderes Getier von seinem feucht glänzenden Gewand schnippte. „Du bist dir ganz sicher?", fragte er Gembarog. „Ja", antwortete der Roedergormer mit leiser Stimme. „Ich habe es selten zuvor so deutlich gespürt. Um ehrlich zu sein: Er macht mir Angst."
„So, wie du uns Angst gemacht hast, bevor dich Karthog Corestaar mit Hilfe der >Sanftwoge< geheilt hat", warf Lapidora bissig ein.
Der Roedergormer schwieg, ignorierte die Bemerkung.
Atjaa fragte hastig: „Er will tatsächlich von uns geschult werden?"
„Er will das, was in ihm steckt, endlich aus sich herausbekommen. Seinem Zorn ein Ziel geben."
Atjaa schüttelte sich.
Die Todbringer waren selbst für ihn merkwürdige, manchmal Angst einflößende Wesen. Ihre Dunkelheit musste wie eine Krankheit behandelt und unter Einsatz der richtigen Gesänge kanalisiert werden. „Ein Mann", sinnierte Atjaa kopfschüttelnd. „Der erste Lysistromer, der sich von uns ausbilden lassen will. Alle anderen verkriechen sich in den Wäldern und Feuchtgebieten, wollen mit uns nichts zu tun haben ..."
„Es sagt, dass es mehrere von seinem Schlag gibt, die eine unbändige Wut in sich spüren", unterbrach ihn Gembarog mit leiser Stimme. „Viele Einzelgänger, zumeist Männer, die mit den Motana hier sonst nur wenig zu tun haben. Sie sind Parias, von ihren Landsleuten verstoßen, weil sie anders sind." Respektvoll, aber auch drängend fuhr er fort: „Schon um das Seelenheil dieser Männer zu retten, sollten wir sie so rasch wie möglich ausbilden. Ich kenne die selbstzerstörerische Kraft, die in ihnen steckt. Ich bin davon überzeugt, dass sie ... ausgezeichnete Todbringer abgeben werden. Schließlich benötigen wir für die Erste Flotte eine Dreifachbesetzung."
„Redet so merkwürdig nicht über uns!", mischte sich der Mann namens Parnapodil plötzlich ein, während er ungeniert in seiner Nase popelte. Seine Augen glänzten. „Viele, viele Männer, so wie ich, stecken in den Wäldern tief. Ich kann sie rufen und finden, wenn du versprichst uns, dass wir dürfen töten die Kybb-Cranar."
Atjaa schüttelte sich. Neben einer möglichst raschen Schulung im Sessel des Todbringers würde man Parnapodil einige Benimmregeln beibringen müssen. „Wie viele, schätzt du, werden es sein, die sich so wie du verstecken?"
„Viele."
„Geht es ein wenig präziser?"
„So viele, wie ich Finger an der Hand habe ..." Aha. Atjaa zählte dreieinhalb saubere und einen, an dem das Ergebnis von Parnapodils Nasenbohrarbeit herabhing. „Das ist nicht viel...", seufzte er. „... und das Ergebnis mal drei- oder vierhundert!"
Oha!
Tatsächlich folgten mehr als zweitausend Männer und Frauen dem Ruf Parnapodils!
Waldschrate, Eremiten, Einzelgänger kamen binnen weniger Tage aus vielen Teilen Lysistromes herbeigeströmt, nachdem sie teilweise unglaubliche Distanzen zurückgelegt hatten. Viele von ihnen schienen nicht einmal mehr in der Lage, sich vernünftig zu artikulieren; mehr Tier als Motana waren sie, manchmal nur
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