229 - Flashback
Temperatur ihrer Wangen oder die Schweißabsonderung ihrer Stirn messen müssen.
Es würde Kenzo ganz und gar nicht gefallen, aber es half wohl nichts. »Nun gut, Mr. Takeo«, lenkte sie ein. »Es sollte eine Überraschung für Sie sein, eine freudige Überraschung, aber ich sehe ein, dass Sie nach der Wahrheit verlangen.« Sie suchte einen Moment nach Worten. »Wie Sie wissen, haben wir in unseren Bemühungen, die Errungenschaften der Enklave zu schützen und zu konservieren, alles zusammengesucht, was noch von Wert war.«
»Das ist mir bekannt«, sagte Miki kurz, und seine Stimme klang eindeutig ungeduldig. »Kommen Sie endlich zur Sache.«
»Das werde ich«, meinte Hana, nun ihrerseits leicht angesäuert. Es fiel ihr sowieso nicht leicht, warum drängte er sie dann noch? »Es macht wohl auch keinen großen Unterschied mehr, wir sind ja so gut wie fertig. Nun, bei unserer Bestandsaufnahme im Verwaltungsgebäude haben wir etwas gefunden, das…«
Die junge Frau brachte den letzten Satz ihres Lebens nicht mehr zu Ende.
Etwas zischte aggressiv, ein Schatten huschte vorbei – und dann löste sich Hana Kusakabe mit einem unbeschreiblich lauten Knall in einem gewaltigen Feuerball auf, der Miki Takeo zur Seite schleuderte und mit einem Regen aus Funken, Metallsplittern und Blut bedeckte.
Eine Druckwelle erfasste ihn, wirbelte ihn herum und gegen einen der Stahlkessel. Er schlug mit der rechten Gesichtshälfte gegen ein rostiges Drehrad. Im nächsten Moment ging sein System offline.
***
Dunkelheit.
> Kontrollprogramme beendet. Optische und akustische Sensoren wieder in Betrieb. Alle Systeme bereit.
> Warte auf Eingabe.
Es wurde hell, und Miki Takeo brauchte geschlagene fünf Zehntelsekunden, um zu erkennen, wo er war.
Er hockte neben dem organischen Roboter im großen Saal der Capitol-Ruine in Waashton, noch immer über den Port an seinem Handgelenk mit dem U-Man verbunden.
Mr. Hacker saß bei ihm und grinste ihn an. »Na, Sir, wie geht’s Ihnen? Das Virus hat Sie zwar nur kurz erwischt, aber dafür ziemlich heftig, würde ich sagen.«
Miki Takeo richtete seine glühenden roten Augen auf den glatzköpfigen Running Man. Bei diesem unverwandten, schweigenden Blick wurde das breite Grinsen Mr. Hackers ein wenig gezwungener. »Na ja, Sir, wir haben uns Gedanken gemacht. Wäre gut, wenn Sie mir sagen könnten, wie es Ihnen geht!«
»Ich funktio… mir geht es gut, danke«, meinte Takeo eher mechanisch und checkte währenddessen, wie weit er in das Gehirn des U-Man hatte vordringen können.
> Systemblockade überwunden.
> Warte auf Eingabe.
Richtig. Er war auf ein zweites Passwort gestoßen und hatte nach dem besten Weg gesucht, es zu überwinden. Dabei war irgendetwas passiert, doch er wusste nicht, was. Mr. Hacker hatte ein Virus erwähnt. Das war durchaus möglich und würde die fehlende Erinnerung erklären.
Takeo suchte kurz nach Spuren, dass Mr. Hacker sich, gewissermaßen an ihm vorbei, in den Gedächtnisspeicher des U-Man geschlichen haben könnte; das Wissen dazu besaß der junge Mann zweifellos. Doch die Wahrscheinlichkeit war relativ gering, das bewiesen auch die Protokolle im Zwischenspeicher. Der Computerspezialist hatte alle Hände voll zu tun gehabt, das Virus in den Griff zu bekommen.
Groll stieg in Miki Takeo empor, als er entdeckte, dass sein System einen Neustart durchgeführt hatte, doch er unterdrückte die störende Emotion sofort und betrachtete den Vorgang aus logischer Sicht. Mr. Hacker hatte nicht anders handeln können, um den Virus restlos aus seinen Leiterbahnen zu tilgen. Seine sämtlichen Subroutinen wären gelöscht worden, wenn er nicht eingegriffen und das Virus isoliert hätte. Dafür musste er ihm dankbar sein. Dies auszudrücken, widersprach zwar seiner Natur, aber er würde Hackers Zugriff zumindest nicht negativ kommentieren. Das sollte Dank genug sein.
»Meine Überprüfung hat ergeben, dass meine sämtlichen Systeme virenfrei und funktionstüchtig sind«, sagte er nur. »Ich kann also in meiner Mission fortfahren.«
»Tun Sie das. Viel Erfolg!« Mr. Hacker wandte sich scheinbar seelenruhig wieder seinem Laptop zu.
Die Programmierung des U-Man und alle seine Erinnerungen lagen nun wie ein offenes Buch vor Miki Takeo. Er entschied sich, ein Backup der Daten auf eine seiner eigenen Festplatten zu ziehen, bevor er sich darin umschaute. So konnte ihm das weitere Schicksal des U-Man egal sein, selbst wenn der es doch noch schaffte, sich selbst zu
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