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2292 - Dreimal ewiges Leben

Titel: 2292 - Dreimal ewiges Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wissen, wie schwer es mir fällt, nach der Anstrengung des weiten Wegs eine meiner Gehhilfen loszulassen. Wackelig balanciere ich auf einer Krücke, während ich ihm die Rechte drücke. „Was führt dich zu mir?", erkundigt er sich mit aufgesetzter Höflichkeit. Überall irrt mein Blick hin, nur um seinem nicht zu begegnen. „Ich habe nachgedacht", krächze ich. Es sollte kein Krächzen werden, aber seine Nähe macht mich beklommen. Er hat eine unglaubliche Macht über mich. „Und um mir das zu sagen, hast du diesen beschwerlichen Weg auf dich genommen?"
    Ich hasse ihn. Er lässt keine Gelegenheit mehr aus, mir seine Verachtung zu zeigen. Dabei sind wir beide Schutzherren. Es steht ihm nicht zu, sich für etwas Besseres zu halten. Nein, das stimmt nicht ganz. Er wurde an der Kosmität ausgebildet, hat sich weiterentwickelt, ist gewachsen, während ich ...
    Ja, was ist eigentlich aus mir geworden? Bin ich nicht immer tiefer gestürzt?
    Zeige ihm nicht, wie gering du dich schätzt. Du bist mit einer Absicht gekommen. Stell die Frage, die dir auf der Seele brennt. Es ist dein Recht.
    Natürlich! Wieso lasse ich mich verunsichern? Wenn ich etwas erreichen will, darf ich mich nicht klein machen - auch nicht klein beigeben. Ich recke mich und hebe den Kopf, sodass ich Gon-Orbhon unter meinem orangefarbenen Hut mit der breiten Krempe anfunkeln kann. „Ich will nicht mehr dahinsiechen", sage ich mit fester Stimme. „Es muss eine Möglichkeit geben, wie sich dieser Prozess aufhalten lässt."
    Der Schutzherr hebt eine Braue, eine Geste, die er dem Terraner Bull abgeschaut hat. „Du bist nicht gerade bescheiden", entgegnet er. „Immerhin unterliegst du einem ganz normalen Prozess. Deine natürliche Lebensspanne geht zu Ende."
    „Ich bin für die Unsterblichkeit bestimmt!", krächze ich atemlos. „Anderen in deiner Situation würde es genügen, dem Verfallsprozess Einhalt zu gebieten."
    „Ich will die Unsterblichkeit", beharre ich. Begreift er denn gar nichts? „Warum soll ich jetzt, da sie in Reichweite ist, davor zurückschrecken?"
    „Was meinst du mit Reichweite?"
    „Drüben im Psi-Gefängnis", sage ich und neige leicht den Kopf zu dem Nebenraum, in dem die Galaktiker untergebracht sind, „befinden sich drei Personen, die im Besitz der relativen Unsterblichkeit sind."
    „Es hätte mich gewundert, wüsstest du nichts davon", höhnt Gon-Orbhon. „Es ist nicht einzusehen", fahre ich fort, „dass diese Personen weiterleben dürfen, während ich, der einstige Herr von Arphonie, sterben soll."
    „Was schlägst du in deiner unendlichen Demut vor?"
    Ich stutze. Er bedient sich jener merkwürdigen rhetorischen Form der „Ironie", die genau das Gegenteil des Gesagten ausdrückt. Sie wird unter Terranern häufig verwendet.
    Ohne darauf einzugehen, antworte ich: „Die Gefangenen verdanken ihre Unsterblichkeit implantierten Geräten, die sie Zellaktivator-Chips nennen. Ich bitte um die Erlaubnis, eines dieser Geräte entnehmen und mir selbst einpflanzen lassen zu dürfen."
    Gon-Orbhon reckt den Hals unter lautem Gelächter, das durch die Kammer dröhnt und dann in einer Art Zwitschern verklingt. Er schlägt sich in einer theatralischen Geste mit den Handballen gegen die Schläfen. „Ihr Götter des Einen Gottes!", ruft er. „Glaubst du denn wirklich, dass diese Geräte übertragbar seien? Ich habe das bereits überprüft: Sie sind es nicht. So ein Chip würde dir nicht helfen, sondern vielmehr sogar schaden." Er starrt mich wieder an. „Vertraust du mir nicht?"
    „Vertraust du mir denn?", gebe ich die Frage Zurück. „Genug für die Unsterblichkeit?"
    „Vertrau meinem erhabenen Wort", knurrt er. „Ihre Aktivatorchips sind für dich unbrauchbar.
    Außerdem habe ich noch Pläne mit den dreien. Für den Fall, dass unerwartete Probleme mit der Menschheit auftauchen, stellen sie optimale Geiseln dar."
    Ich schweige für einen Moment und überlege, was ich nun tun soll. Am liebsten würde ich ihn fragen: Bin ich dir so wenig wert?, aber ich kenne die Antwort jetzt und weiß, dass er sie nie aussprechen würde. Er will in mir einen ungeliebten Konkurrenten loswerden. „Wir könnten es dennoch versuchen. Opfere einen, um meinetwillen." Ich spüre, wie sich eine furchtbare Schwäche in mir ausbreitet. Gegen meinen Willen wird meine Stimme schriller. „Überlass mir nur einen Einzigen von den dreien. Am besten das schwarze Ungetüm. Es ist weder ein Mensch noch ein drolliges Tier und daher als Geisel zu verschmerzen."

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