2292 - Dreimal ewiges Leben
gelähmt, als ich auf meinem Stuhl zu den Technikern zurückschwebe. Sie sehen mich aus großen Augen an, furchtsam, aber durch mein Schweir gen ermutigt.
Ich gebe eine Tastenkombination ein, und mein Thermostrahler richtet sich auf das vor mir befindliche Objekt. Sammelt Energie. Feuert.
Nigessin stürzt als verschmorter Fleischklumpen zu Boden.
Ich wende meinen Stuhl, nehme erneut Visier und schieße. Viermal. Sechsmal. Bis kein Techniker mehr am Leben ist. Dann verlasse ich die Abteilung.
Taubheit hat sich meiner bemächtigt, eine Taubheit der Nerven und Gefühle. Wie versteinert komme ich mir vor, als der Schwebestuhl dahintreibt.
Er findet den Weg von selbst. Der gesamte Grundriss des Titanen ist in ihn eingespeichert.
Schließlich stehe ich vor dem Schott der Medizinischen Abteilung. Niemand hat mich aufgehalten. Niemand vermutet auch nur, was ich vorhabe.
Ich setze meine Thermokanone ein und schwebe durch das schlacketriefende Loch im Schott.
Dort, im Innern, sind alle vor Schreck wie gelähmt.
Ein Mediker, der gerade einen Schwebewagen mit Instrumenten vorbeiführen wollte, wendet mir entsetzt den Kopf zu. Ein Schuss, und er sinkt verkohlt zu Boden.
Auch weiter hinten sind Trakeri auf mich aufmerksam geworden. Beim Anblick .des getöteten Kollegen kommt wieder Leben in sie - aber zu spät.
Sie geben vor, die großen Könner zu sein. Mediker, Herren über Leben und Tod, Künstler im Gen-Labor. Dabei können sie nicht einmal einen simplen Zellverfall aufhalten.
Es sind Missgeburten - alles Missgeburten!
Vier, fünf Schüsse in rasendem Tempo befreien mich von ihrer Gegenwart.
Ich sehe Rektan Orr. Er steht hinter einem chromglänzenden Metallblock und hantiert mit einer tragbaren Tastatur, die er jetzt einfach fallen lässt. Er hat mich erkannt und zögert keinen Augenblick. Er schnellt herum und läuft davon.
Ist es sein Schuldbewusstsein, das ihn so reagieren lässt? Oder schlicht seine Angst?
Etwas sagt mir, dass er etwas Ähnliches befürchtet hat.
Er rennt davon, und ich folge ihm.
Rechts und links sind Traken, die ich nur aus den Augenwinkeln wahrnehme. Meine Thermokanone tritt in Aktion, ohne dass ich meinen Flug unterbreche.
Aber ich töte nicht alle. Sie sind diesen Aufwand nicht wert. Vielleicht will ich auch sicherstellen, dass einige sich an diese Bluttat erinnern. Sie sollen wissen, was geschieht, wenn sie mich enttäuschen - und den Herrn der Kyberneten verraten.
Außerdem bin in Gedanken schon ganz woanders. Was kümmern mich wertlose Aushilfsmediker? Einen halben Tag hat Rektan Orr für das Ergebnis gebraucht? Und dann soll es negativ ausgefallen sein? Das beschäftigt mich ...
Was für ein Wahnsinn! Welch ein Lug und Trug!
Hier läuft ein abgekartetes Spiel, aber ich weiß nicht, welches, ich weiß .nicht, warum.
Wer wollte es wagen, sich meinen Wünschen zu widersetzen?
Ich bin Tagg Kharzani!
Ich war der Herr auf Schloss Kherzesch, habe Gon-Orbhon seine Titanen beschafft, vierundfünfzig an der Zahl. Niemand hat ein Recht, mich aufzuhalten!
Wer wollte es wagen, MICH aufzuhalten?
Etwas in mir spricht von Paranoia, spricht davon, dass mein bevorstehender Tod mich in den Irrsinn zu reißen droht. Aber ich höre nicht darauf. Ich feuere wie wild um mich, und es ist mir egal, ob ich treffe. Ich bringe das Verhängnis auch über die Überlebenden.
Viele sterben sofort, andere werden lange leiden. Aber der, den ich verfolge ...
Ich folge ihm einfach. Durch eine Halle nach der anderen, bis er anhält. Die Halle hat keinen Ausgang, und doch ist er hierher geflohen, obwohl er das wissen muss.
Was hat ihn so sehr angezogen?
Ist es der gewaltige Biotank, der in der Mitte der Halle aufgebaut ist?
Rektan Orr blickt mich mit verdrehten Augen an, den Unterkiefer weit vorgeschoben, die Knopfaugen zwei schwarze Seen. Sein Atem gleicht einem Hecheln.
Ich sitze in meinem. Schwebestuhl. Ich bin auf diesen Stuhl angewiesen und werde bis ans Ende meiner Tage auf ihn angewiesen sein. Ihm, Rektan Orr, habe ich es zu verdanken, dass sich daran nichts mehr ändern wird.
Meine Schwäche wird zunehmen -bis ich an Organversagen sterbe.
Rektan Orr hat seine Pflicht nicht erfüllt.
Er hat mich verraten!
Sein Blick wird hoffnungslos. Ich ziele - und schieße.
Mein Zorn ist so groß, dass ich mich ärgere, wie schnell er den Tod findet.
Am liebsten hätte ich die Asche, die von ihm übrig bleibt, mit den Füßen in alle Richtungen verteilt, damit es nichts mehr gibt, woran man sich
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