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23 Lügen, die sie uns über den Kapitalismus erzählen (German Edition)

23 Lügen, die sie uns über den Kapitalismus erzählen (German Edition)

Titel: 23 Lügen, die sie uns über den Kapitalismus erzählen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ha-Joon Chang
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Liberalisierung macht ein armes Land selten reich.

Was sie uns erzählen

    Nachdem sie sich von der Kolonialherrschaft befreit hatten, versuchten viele Entwicklungsländer, ihre Wirtschaft mittels staatlicher Intervention aufzubauen, manche sogar, indem sie ausdrücklich den Sozialismus übernahmen. Sie versuchten, Branchen aufzupäppeln, etwa eine Stahl- oder Automobilindustrie, indem sie beispielsweise zu Handelsprotektionismus griffen, direkte ausländische Investitionen verboten, die Industrie subventionierten und sogar Banken und Industriebetriebe verstaatlichten. Vom Gefühl her war das verständlich, wenn man bedenkt, dass die ehemaligen Kolonialherren allesamt kapitalistische Länder waren, die eine Politik des freien Marktes betrieben. Doch diese Strategie brachte bestenfalls Stagnation, im schlimmsten Falle Chaos zuwege. Das Wachstum war minimal, wenn nicht sogar negativ, und die protektionierten Branchen wurden nie »erwachsen«. Zum Glück kamen in den Achtzigerjahren die meisten dieser Länder zur Vernunft und schwenkten zu einer Politik des freien Marktes um. Wenn man darüber nachdenkt, wäre das von Anfang an der richtige Weg gewesen. Alle Länder, die heute reich sind, mit Ausnahme Japans und möglicherweise Koreas – darüber herrscht Uneinigkeit -, sind dank einer freien Marktwirtschaft reich geworden, insbesondere durch einen freien Handel mit dem Rest der Welt. Und die Entwicklungsländer, die sich dazu bekannt haben, weisen in jüngster Zeit auch eine bessere Entwicklung auf.

Was sie uns verschweigen

    Anders als verbreitet angenommen, entwickelte sich die Wirtschaftsleistung der Entwicklungsländer unter staatlicher Führung besser als in den nachfolgenden Perioden der marktorientierten Reform. Es gab durchaus spektakuläre Fehlleistungen der staatlichen Inter vention, doch in den meisten Ländern wuchs in den »schlechten alten Zeiten« die Wirtschaft schneller, das Einkommen war gerechter verteilt, und es gab weniger Finanzkrisen als in der jüngeren marktorientierten Phase. Darüber hinaus stimmt es nicht , dass die meisten reichen Länder reich geworden sind, weil sie eine Politik des freien Marktes betrieben. Das Gegenteil trifft zu. Mit nur wenigen Ausnahmen entwickelten sich die reichen Länder von heute, einschließlich Großbritanniens und der USA, angeblich Heimat des freien Handels und des freien Marktes, dank einer Kombination aus Protektionismus, Subventionen und weiteren staatlichen Maßnahmen, von denen man den Entwicklungsländern heute dringend abrät. Eine Politik des freien Marktes hat bisher nur wenige Länder reich gemacht, und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern.

Zwei hoffnungslose Fälle

    Stellen Sie sich vor, Sie sind Analyst und wollten die Entwicklungsaussichten zweier Entwicklungsländer bewerten. Hier sind die Profile der beiden Länder. Was würden Sie dazu sagen?

    Land A : Noch vor einem Jahrzehnt herrschte in diesem Land Protektionismus, der Einfuhrzoll auf Industriegüter lag im Durchschnitt bei weit über dreißig Prozent. Obwohl er kürzlich gesenkt wurde, bleiben wichtige sichtbare und unsichtbare Handelsbeschränkungen bestehen. Das Land hat den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr stark eingeschränkt, verfügt über einen staatseigenen und stark regulierten Bankensektor und hat eine Reihe von Restriktionen für Finanzanlagen verhängt, die sich in den Händen von Ausländern befinden. Ausländische Firmen, die im Land produzieren, beklagen sich über Diskriminierung durch differenzierte Steuersätze und Vorschriften durch die örtlichen Verwaltungen. In diesem Staat gibt es keine Wahlen, und die Korruption ist allgegenwärtig. Die Eigentumsrechte sind undurchsichtig und kompliziert. Besonders geistiges Eigentum wird nur unzureichend geschützt, sodass das Land zu einem Zentrum für Produktpiraterie geworden ist. Es gibt eine große Zahl staatseigener Unternehmen, die zum Teil hohe Verluste einfahren, aber mit Subventionen und staatlich garantierten Monopolrechten gestützt werden.

    Land B : Die Handelspolitik des Landes war in den vergangenen Jahrzehnten mit einem Importzoll auf Industriegüter von 40 bis 55 Prozent buchstäblich die protektionistischste der Welt. Die Mehrheit der Bevölkerung darf nicht wählen, Stimmenkauf und Wahlbetrug sind an der Tagesordnung. Die Korruption greift ungezügelt um sich, und die politischen Parteien verkaufen Regierungsämter an ihre finanziellen Wohltäter. Der Staat hat noch nie einen Beamten mittels

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