23 Uhr, York Avenue
Körperverletzung, schwerer Körperverletzung mit Tötungsabsicht, Bedrohung der körperlichen Sicherheit, Nichteinhaltung der Meldepflicht nach Freilassung auf Bewährung, Einbruchdiebstahls, bewaffneten Raubüberfalls und wegen freien Ausspuckens auf einem öffentlichen Bürgersteig. Er hatte insgesamt sechs Jahre, elf Monate und vierzehn Tage in der Dawson-Schule für schwererziehbare Knaben, der Hillcrest-Besserungsanstalt und in der Strafanstalt Dannemora zugebracht. Dieser Mann besaß die ungewöhnliche Fähigkeit, eine Kolonne von bis zu zwanzig achtstelligen Zahlen, die man ihm diktierte, im Kopf zu addieren und binnen Sekunden deren richtige Summe zu nennen. Er führte häufig ein Springmesser bei sich, das er in einer kleinen ledernen Scheide bereithielt, die er um seinen rechten Fußknöchel geschnallt hatte. Er sprach häufig in gereimtem Slang.
Anderson: Na, wie kommst du voran, Skeets?
Johnson: Sollt'st mir 'nen Fünfer geben, bin ich doch noch am Leben. Bist du schon mal hier, dann trink auch ein Bier. Die miese Stimmung schon vergessen ? Ja, dann sollt'st du auch was essen.
Anderson: Nur 'n Bier.
Johnson: Ich dachte, du stehst auf diese Negerseelenfraßkacke - Kalbskniestück und Schweinshaxe und Grünzeug?
Anderson: Jawohl, mag ich gern. Du nicht?
Johnson: Scheiße, nein, Mann. Ich flieg' auf'n gutes Chateaubriand oder vielleicht auf'n paar von diesen Froschschenkeln, die da in Butter und Knoblauch 'rumschwimmen. Das ist 'n Essen. Der Plunder hier zieht einem den Arsch nach innen. Nur 'n Bier? Mehr magst du nicht?
Anderson: Damit hat sich's, ja. Was rausgekriegt?
Johnson: Wart auf dein Bier, dann lauschst du mir.
[Pause von siebenundzwanzig Sekunden.]
Johnson: Übrigens krieg' ich jetzt spitz, daß du sauer wirst, wenn man dich warten läßt.
Anderson: Danke.
Johnson: Nur dir ist Dank heut' zugedacht, denn du hast mich froh gemacht.
Anderson: Wie kommt das denn?
Johnson: Diese kleine Andronica, auf die du mich angesetzt hast. Oh, so süß und saftig. Du verbringst eine Nacht mit ihr, und du brauchst nicht mehr als 'nen Löffel und 'nen Strohhalm. Sie ist 'n Erdbeer-Fruchteisbecher mit zwei dicken Kugeln aus der Schöpfkelle und 'nem großen Haufen Schlagsahne obendrauf, und dann 'ne große rote Kirsche, die sich in die Luft hochreckt.
Anderson: Und das erste, wovon du 'nen kräftigen Bissen genommen hast, war diese haarige Kirsche.
Johnson: Stell mir keine Fragen, und ich erzähl' dir keine Lügen.
Anderson: Du vögelst sie?
Johnson: Bei jeder Gelegenheit, die's nur gibt - und das ist nicht oft. Sie kriegt jede Woche einen Abend frei. Dann wird gebumst. Und wir hatten zwei Nachmittagsvorstellungen. Oh, sie ist so kuschelig und wabbelig und schnurrt vor Geilheit. Ich könnt' sie auffressen.
Anderson: Und ich wett', das tust du auch.
Johnson: Hin und wieder, großer weißer Vater, hin und wieder.
Anderson: Wie hast du sie angequatscht?
Johnson: Wozu möchtest du das wissen?
Anderson: Wie soll ich mein Handwerk lernen, wenn du mir keine Tricks verrätst?
Johnson: Ah, Duke, Duke… du hast mehr Scheiße im Bauch als 'ne Weihnachtsgans. Du hast mehr vergessen, als ich dir jemals beibringen könnt'. Na schön, ich hab' da diesen alten Familienfreund. Der Typ von 'nem richtig dummen Jakob. Aber nur nach außen hin. Dieser Bursche schwimmt auf allen Suppen. Ich mein', er ist 'n schwarzer Billy the Kid. Aalglatt. Gewieft. Mitgekriegt?
Anderson: Klar.
Johnson: Also schmier' ich ihm 'nen Zwanziger 'rüber. Er trifft diese Andronica, wie sie gerade aus dem Supermarkt 'rauskommt. Mein Kumpel betapst sie mit seinen Pfoten. »Du schweinischer Lustmolch«, schrei' ich ihn an, »wie kannst du's wagen, dieses liebe, süße, kleine, unschuldige Täubchen zu berühren und zu behelligen und zu besudeln und zu entehren?«
Anderson: Herrlich.
Johnson: Ich lang' ihm eins mit der Handkante - und er duckt sich. Er verdrückt sich die Straße 'runter. Andronica ist erschüttert.
Anderson: Und dankbar.
Johnson: Jajah - und dankbar. Und so helf' ich ihr, ihr kleines Wägelchen mit Kolonialwaren nach Hause schieben. Eins führt zum anderen.
Anderson: Also? Was hat sie ausgespuckt?
Johnson: Die Münzsammlung ist auf fünfzig große Lappen versichert. Im Herrenzimmer hängt 'n Gemälde von 'nem Blumenstrauß in 'ner Vase, und dahinter gibt's 'nen Wandsafe. Dort hebt Mrs. Sheldon ihre bunten Steinchen auf. Mein Schatz glaubt, daß dort auch noch andere Leckerbissen versteckt sind. Wertpapiere.
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