23 Uhr, York Avenue
im Laderaum des Möbelwagens. Nun ja, also … ich verrichtete meine Arbeit in der vorgeplanten Reihenfolge. Anderson und Socks hielten die Lichter. Zuerst unterbrach ich sämtliche Telephonverbindungen, wodurch das ganze Gebäude von der Außenwelt abgeschnitten wurde. Sodann überbrückte ich die Alarmleitungen auf eine Art und Weise, die ich Ihrem Techniker, Mr. Browder, bereits beschrieben habe. Dies geschah für den Fall, daß die Alarmanlage ausgelöst werden sollte, sobald der Stromkreis unterbrochen wurde. Als nächstes kappte ich die Stromzufuhr des Selbstfahreraufzugs; dazu genügte es, einen Schalter umzulegen. Schließlich unterbrach ich die Alarmleitung, die von dem kalten Verschlag nach oben führte, und knackte das Schloß. Ich öffnete die Tür. Mittlerweile waren die Männer, die mir als Ed und Billy bekannt sind, zu uns gestoßen. Anderson wies mit dem Kinn auf die Pelze, die in dem Kühlraum hingen, und sagte zu Ed und Billy: »Fangt mit dem Aufladen an. Nehmt alles. Räumt die Bude ratzekahl leer. Und vergeßt mir die Hausmeisterwohnung nicht.« Dann ging ich wieder hinauf zum Dienstboteneingang im Erdgeschoß und knackte das Schloß der Tür, die den Dienstboteneingang mit der Halle verbindet. Der Neger Skeets und Anderson gingen in die Halle. Tommy und ich, wir warteten. Wir sahen zu, wie Ed und Billy schwerbeladen vom Keller heraufkamen, Bündel von Pelzmänteln über beiden Armen, und alles in den Lastwagen verluden.
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Es folgt die diktierte, unterzeichnete, beeidete und vor Zeugen abgegebene Aussage des Dr. Dmitri Rubicoff, Suite 1B, York Avenue 1370, New York. Niederschrift NYPD-SIS-Nr. 146-8 vom 6. September 1968.
»Es war meine Absicht gewesen, das ganze Labour- Day-Wochenende mit meiner Frau und meiner Tochter sowie deren Mann und Kind in unserem Sommerhaus in East Hampton zu verbringen. Am frühen Freitagmorgen jedoch erkannte ich, daß die Arbeit, die mich noch erwartete, über alle Maßen umfangreich war; ich konnte mir den Luxus, der Fron meines Schreibtischs für vier oder fünf Tage zu entrinnen, einfach nicht erlauben.
Demgemäß sandte ich meine Familie voraus - sie nahmen den Kombiwagen, meine Frau fuhr - und sagte, ich würde am späten Samstagabend oder vielleicht Sonntag früh nachkommen. Ich versprach meiner Frau, sie telephonisch über meine Pläne auf dem laufenden zu halten.
An diesem Freitag gestattete ich meiner Sekretärin, die Ordination vorzeitig zu verlassen, da sie einen fünftägigen Urlaub in Nassau vorhatte. Den ganzen Samstag lang arbeitete ich allein in meiner Ordination, und schließlich wurde mir klar, ich sei zu müde, um noch Samstag nacht mit dem Corvair zu meiner Familie hinauszufahren. Und so beschloß ich, weiterzuarbeiten und zu Hause zu schlafen - ich wohne in der Neunundsiebzigsten Straße Ost - und dann am Sonntagvormittag hinauszufahren. Ich rief meine Frau an und setzte sie von meinem Vorhaben in Kenntnis. Am Samstag hatte ich mir mittags einen Sandwich in die Ordination bringen lassen. Am Abend speiste ich in einem nahe gelegenen französischen Restaurant, dem »Le Ciaire«. Ich nahm ein pochiertes Seezungenfilet zu mir, ganz hervorragend übrigens, höchstens vielleicht einen Hauch zu stark gesalzen. Ungefähr um neun Uhr abends kehrte ich an meinen Schreibtisch zurück, um noch soviel aufzuarbeiten, wie ich nur konnte. Wie immer, wenn ich nachts allein in der Ordination arbeite, versperrte ich die Tür zur Halle und legte die Sicherheitskette vor. Daraufhin knipste ich meine Stereoanlage an. Ich hörte Musik von … ich glaube, es war Carl Maria von Weber.
Es war vielleicht halb eins oder auch schon ein bißchen später, als es an der Tür zur Halle läutete. Ich war eben damit beschäftigt, meinen Schreibtisch aufzuräumen und eine Aktentasche mit Fachzeitschriften vollzupacken, die ich nach East Hampton mitzunehmen gedachte. Nun, ich ging zur Tür und öffnete die Klappe des Gucklochs. Der Mann, der vor der Tür stand, hatte sich seitlich abgewendet; ich konnte nur eine seiner Schultern und die Hälfte seines Oberkörpers sehen. ›Ja?‹ sagte ich.
›Doktor Rubicoff‹, sagte er, ›ich bin der Aushilfsportier übers Labour-Day-Wochenende. Ich hab' 'nen eingeschriebenen Eilbrief für Sie.‹
Ich muß gestehen, daß ich reagierte wie ein Narr. Aber zu meiner Rechtfertigung sollte ich Ihnen folgendes zu bedenken geben: Erstens befand ich mich ohnehin im Gehen, war drauf und dran, die Tür aufzuschließen, und es erschien mir
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