230 - Gilam'esh'gad
sah sich um. »Es könnte nur ein Weilchen dauern, bis wir es gefunden haben!«
Aruula folgte dem Blick des Hydriten, und ein Ausdruck der Verzweiflung trat in ihre schönen Augen. Überall, im ganzen Raum verstreut, glitzerten noch ungelesene Datenkristalle. Eins war klar: wenn es in diesem Tempo weiterging, waren sie in drei Jahren noch nicht fertig!
Die Barbarin seufzte. Sie hätte diese Suche gern selbst in die Hand genommen, oder wenigstens mitgeholfen. Aber sie konnte die hydritischen Schriftzeichen nicht lesen. Deshalb musste Quart’ol allein arbeiten, und das war fatal, weil sich der Wissenschaftler wie ein ausgedörrter Schwamm auf alle möglichen Informationen stürzte. Ihn interessierte einfach alles! Selbst so etwas Überflüssiges wie Gezeitenmessungen ließ ihn aufjauchzen, als hätte er einen Schatz gefunden!
»Hör zu, Quart’ol«, sagte Aruula energisch. »Wir machen das jetzt anders! Du legst die Kristalle auf dein Lesegerät, schaust kurz, was sie enthalten, und nimmst sie wieder runter. Wir teilen sie dann in zwei Häufchen. Eins mit Listen, und eins mit anderen Berichten. Die Listen kannst du später lesen, den Rest sehen wir uns genauer an.«
Quart’ol war einverstanden. Er hatte auch kaum eine Wahl.
Wissbegierig setzte er seine Suche fort. Er bemühte sich, beim Vorlesen für Aruula das Wort Liste auszusparen, um wenigstens einen Blick auf die Datenreihen werfen zu können, ehe die Barbarin misstrauisch wurde.
Ein Kristall nach dem anderen wanderte erst auf das Lesegerät, dann in Aruulas Hand und von dort zu seinen glitzernden Vorgängern. Es zeigte sich sehr schnell, dass die Listenkristalle klar in der Überzahl waren. Hin und wieder klirrte schon einer vom hoch gewachsenen Stapel herunter, während das andere Häufchen noch flach am Boden lag.
Aruula war so müde. Manchmal gähnte sie unterdrückt, rieb sich hastig über die Augen. Es war ein langer, harter Tag gewesen, und die Barbarin sehnte sich nach ein wenig Schlaf. Aber aufhören? Nein! Das kam nicht in Frage. Zum Schlafen ist später noch Zeit!
Sie dachte an Maddrax. Wie mochte es dem Geliebten gehen, draußen in den verwunschenen Stadtvierteln? Ob er wohl auch an sie dachte? Aruula hatte die Götter um Schutz und Beistand für Maddrax gebeten, um alle Gefahren von ihm fernzuhalten. Schließlich hatte der Wächter ja verlangt, dass er kein einziges Leben auslöschte. Aruula war die Sache von Anfang an suspekt gewesen, aber natürlich ließ sich Maddrax nicht zurückhalten. Umso wichtiger war es, herauszufinden, ob der Wächter sein Vertrauen verdiente.
»Das ist interessant!«, stieß Quart’ol hervor.
Aruula ruckte hoch. »Wehe, du kommst mir jetzt wieder mit einer Liste!«
»Nein, nein.« Der Hydrit wies auf das dreidimensionale Bild über dem Datenkristall, der sich gerade auf dem Lesegerät befand. Funkelnd drehte sich der Stein um sich selbst. Lichtpunkte glitten an den Wänden entlang.
»Sieh dir das an!«, flüsterte Quart’ol erregt.
»Die Lichter?«
»Nein! Die Daten! Ach so, du kannst sie ja nicht…« Quart’ols Schuppenhaut rings um die Ohröffnungen wurde leuchtend rot. »Entschuldige! Dieser Kristall enthält persönliche Aufzeichnungen von Pozai’don dem Zweiten! Eine Art Tagebuch! Er muss es verfasst haben, als die Stadt schon im Sterben lag. Du weißt schon: verseucht von dieser tödlichen Krankheit, die die beiden Mar’os-Anhänger eingeschleppt hatten, um den Gilam’esh’gad-Hydriten den Einsatz des Molekularbeschleunigers heimzuzahlen.«
Aruula nickte. »Rache für Martok’shimre«, sagte sie, ohne einen Blick von dem Datenbild zu lassen.
Quart’ol stutzte. »Woher…?«
»Das steht am Tempel des Wächters. Über der Tür zur Kammer der Macht. Maddrax hat es mir gezeigt, und mir auch die Bedeutung erklärt.« Aruula sah auf. »Also, was hat Pozai’don zu berichten?«
»Ich lese es dir vor«, sagte Quart’ol, und das tat er dann auch.
»So spricht Pozai’don der Zweite, Nachfolger des Ersten Herrschers von Gilam’esh’gad und ihrer Außenbezirke: Dies ist wahrscheinlich meine letzte Aufzeichnung – « Quart’ol hielt inne. »Es muss noch mehr Kristalle geben!«, sagte er überrascht.
Aruula drehte sich ihm zu, und ihre Augen wurden schmal. »Lies weiter!«, knurrte sie aus tiefer Kehle, wie ein gereiztes Raubtier. Der Hydrit beugte sich eilig über die Daten.
»Also… Dies ist wahrscheinlich meine letzte Aufzeichnung, denn inzwischen bin auch ich von der Seuche befallen, die
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