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230 - Gilam'esh'gad

230 - Gilam'esh'gad

Titel: 230 - Gilam'esh'gad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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Schriftzeichen fielen wie ein Sternenschauer herunter. Quart’ol nahm den erloschenen Datenkristall mit sanfter Hand und legte ihn neben sich auf den Boden. Schweigend. Das Geheimnis um die Person des Wächters war gelöst! Doch die Wahrheit war so überwältigend, dass der Hydrit keine Worte fand.
    Er nicht, und Aruula auch nicht.
    ***
    Die Barbarin überwand als Erste das sprachlose Staunen. Während Quart’ol noch um Fassung rang, atmete sie tief durch und seufzte: »Danke, Wudan! Das sind endlich mal gute Neuigkeiten! Jetzt wissen wir, von wem Maddrax losgeschickt wurde. He, Quart’ol – wenn es Pozai’don selbst ist, dann müsste er uns doch auch sagen können, wo sich die Antarktiswaffe befindet!«
    »Na ja, er weiß zumindest etwas. Das klang aus seinen Worten heraus, als Matt mit ihm sprach.« Der Hydrit wiegte bedächtig den Kopf. »Aber ich bezweifle, dass sich ein Herrscher mit den exakten Koordinaten einer Waffenanlage befasst. Dafür hat er seine Strategen und Ingenieure. Und selbst wenn Pozai’don weiß, wo der Flächenräumer steht, wird uns das nichts nützen. Seine Informationen sind zehntausend Jahre alt, und die Welt hat sich seither verändert.« Er lachte. »Außerdem wird er kaum mit uns zu plaudern anfangen, nur weil wir jetzt wissen, wer er ist!«
    »Ich bin gespannt, wie er reagiert, wenn er das erfährt«, sagte Aruula.
    Quart’ol hob erschrocken die Hände. »Äh – wir sollten nichts überstürzen, was den Wächter betrifft! Denk daran: Er ist schon seit Tausenden von Jahren auf seinem Posten! Das ist eine lange Zeit, die geht an keinem spurlos vorbei!«
    »Du meinst, er ist verrückt geworden?«
    »Weiß man’s?« Quart’ol begann die Kristalle einzusammeln. »Auf jeden Fall habe ich nicht viel von der Reue bemerkt, die er bei der Datenaufzeichnung noch empfand. Entweder verbirgt er sein wahres Ich vor uns, oder er hat sich verändert. Sehr verändert!«
    »Er ist weg!«, gellte Clarice Braxtons Stimme durch das Haus. Quart’ol und Aruula fuhren erschrocken hoch; gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie sich die Marsianerin durch die Schleuse zwängte. »Er ist weg!«
    »Beruhige dich erst mal!« Quart’ol ging der Gefährtin entgegen, nahm ihr den tropfnassen Taucherhelm aus der Hand und legte ihn achtlos beiseite. »Wer ist weg?«
    »Yann!« Clarice rang nach Luft. Sie musste in Windeseile her geschwommen sein.
    Quart’ol runzelte die Stirn. »Yann?«, fragte er gedehnt. »Wie kann er weg sein?«
    »Das weiß ich nicht!«, rief Clarice verzweifelt. Man sah ihr an, dass sie mit den Tränen kämpfte. »Als ich ihn verließ, um nach euch zu sehen, war noch alles in Ordnung! Schön – Yann war aus dem Bett gefallen. Aber das lag am Seebeben.«
    Aruula kam heran, strich der Marsianerin tröstend über den Arm. »Keine Sorge, er wird schon wieder auftauchen! Vielleicht musste er mal!«
    Clarice stieß ihre Hand fort. »Denkst du, daran hätte ich nicht gedacht?« Ihre Stimme wurde schrill. »Verdammt! Was glaubt ihr denn? Dass ich Yann nicht angetroffen habe und sofort wie eine hirnlose Natt’nik (Ente mit nachweislich geringem Intellekt) losgestrampelt bin, um › Alaaarm!‹ zu schreien? Wenn ich sage › Er ist weg!‹, dann bedeutet das: Ich habe alles abgesucht und nichts gefunden.«
    Jetzt weinte sie wirklich. »Nur eine nasse fremde Fußspur… und das hier.« Clarice zog ein glasartiges Röhrchen hervor und hielt es hoch. Die Spitze war abgebrochen.
    »Was ist das?«, fragte Quart’ol.
    »Ein Arzneibehälter.« Clarice blinzelte ihre Tränen weg, schluckte ein paar Mal. Atmete tief durch. »In der Medikamentenausgabe der Krankenstation gibt es Tausende davon. Sie sehen alle gleich aus, aber ihre Inhaltsstoffe variieren zwischen Augentropfen… und Gift! Ein Griff in die falsche Muschelschale, und dein Patient ist tot!«
    »Und was war in diesem Röhrchen?« Aruula deutete darauf.
    »Ein äußerst starkes Sedativum!«, sagte Clarice. »Die hydritischen Heiler verwendeten es bei Operationen; ich nehme an, es wurde entwickelt, weil künstliche Kiemenbeatmung schwierig auszuführen ist. Dieses Mittel senkt alle Körperfunktionen des Patienten auf ein absolutes Minimum ab, sodass man ihn ohne echte Narkose operieren kann.«
    »Operieren?«, fragte Aruula verständnislos. »Wer sollte denn Yann operieren wollen?«
    »Niemand. Da steckt was anderes dahinter!« Quart’ol wandte sich an Clarice. »Dieses Beruhigungsmittel – wie wirkt es sich auf den Geist aus? Ich meine:

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