2312 - Die Unschlagbaren
die Höhe.
Sie waren gefallen. Plötzlich hatte der Boden unter ihren Füßen nachgegeben, und sie waren haltlos und schreiend in die Tiefe gestürzt. Jetzt sah er, dass sie sich in einer Art tiefem Krater befanden. Hoch über ihnen klaffte eine viereckige Öffnung, durch die das Tageslicht hereinfiel, mindestens dreißig Meter breit. Vor ihm, nur wenige Meter entfernt, ragte in einem schrägen Winkel von vielleicht siebzig, fünfundsiebzig Grad eine Wand in die Höhe, wie es aussah, aus Metall und bestimmt zwanzig Meter hoch.
Praulynd stemmte sich weiter aus dem Schutt und drehte tapfer den Oberkörper, nur um zu sehen, dass sich hinter ihnen ebenfalls eine Wand befand, die auf den zweiten Blick allerdings an einen riesigen Maschinenblock erinnerte und ebenfalls zwanzig Meter hochragte - mindestens.
Es war gar kein richtiger Krater, erkannte er bestürzt, sondern eher ein viereckiger Schacht, ein riesiges Loch.
Die Seitenwände waren senkrecht und eine von der anderen ungefähr zwanzig Meter entfernt. Zwischen diesen , zwei Wänden, dem Maschinenblock und der Schräge, die jedoch viel zu steil war, um an ihr hochzuklettern, steckten sie in Staub und Geröll. Ein Treppenschacht oder etwas Ähnliches war nicht zu erkennen.
„D as darf nicht wahr sein", brummte er. „So etwas hat uns gerade noch gefehlt. Wie kommen wir hier wieder raus? Und was ist das eigentlich? So ein viereckiges Loch tief im Gebirge - das dürfte es gar nicht geben."
„Sag es nicht, Prau", bat Gyra.
„Sag's bitte nicht."
Er drehte den Kopf zurück. Inzwischen war er bis zu den Hüften frei.
Dann zog er die Beine heraus. Gyra stand ebenfalls und blickte sich um.
„Leyton?", rief sie und dann, als sie wieder keine Antwort bekam, noch einmal, lauter: „Ley, jetzt antworte endlich! Ich finde das gar nicht mehr, lustig!"
„Nichts." Praulynd arbeitete sich zu ihr vor und nahm ihre Hand. Sie hatte Schürfwunden wie er, aber anscheinend nichts gebrochen. „Das kann doch nicht sein, oder? Ich meine, Leyton ... kann nicht ... einfach ..." Er schüttelte den Kopf. „Nein, Gyri, das kann er nicht mit uns machen. Er muss hier irgendwo sein!"
Gyra reagierte nicht einmal mehr auf die verhasste Koseform ihres Namens. Sie begannen gemeinsam zu rufen. Ihre Stimmen hallten gespenstisch von den Wänden des unnatürlichen Schachts wider. Dann, endlich, hörten sie ein schwaches Röcheln.
„Das kommt von da", flüsterte Gyra und zeigte zu der Wand, die Praulynd an einen Maschinenblock erinnerte. „Da... da bewegt sich der Schutt. Ach, du großer Mist, das ist Ley. Er ist verschüttet, Prau!"
Sie stapften durch den Staub und begannen, an der betreffenden Stelle vorsichtig den Schutt wegzuräumen - Praulynd die größeren, sie die kleinen Brocken, Mit beiden Händen schaufelten sie in fieberhafter Eile den Staub weg, bis sie Leytons Kopf endlich freigelegt hatten.
Praulynd tätschelte ihm leicht die zerkratzten und blutenden Wangen.
Dünne rote Rinnsale hatten Muster in die klebrige Staubschicht gefräst. „Leyton! Ley, alter Junge, lebst du?"
„Das siehst du doch, Dummkopf!", fauchte Gyra ihn an. „Und das wird er auch weiterhin, wenn er bei deinem Anblick keinen Herzschlag kriegt!"
Der Rotschopf hatte die Augen geöffnet. Als er die Lippen bewegte, rann ihm ein Blutfaden das Kinn herunter.
„Sag jetzt nichts, Ley!", beschwor ihn das Mädchen. „Wir schaufeln dich frei. Beweg dich nicht, wir machen, so schnell wir können."
Dennoch dauerte es fast eine halbe Stunde. Das Licht wurde bereits schlechter, die Strahlen der Sonne fielen schräg in die Grube und erreichten den Grund fast nicht mehr. Dann hatten sie Leyton befreit, herausgezogen und vorsichtig auf die Schutthalde gelegt. Manchmal schrie er. Sein rechtes Bein sah böse aus. Der Stoff seiner Hose war zerrissen. Das Bein stand in einem unnatürlichen Winkel zur Hüfte ab und blutete stark.
„Wir kriegen das hin, Ley", sagte Praulynd gepresst. „Wir bekommen dich wieder hin, großes Ehrenwort."
„Das Bein ist gebrochen", vermutete Gyra, nachdem sie es behutsam betastet hatte. Leyton hatte dabei vor Schmerz laut geschrieen. „Und wenn wir die Blutung nicht stillen, geht er uns ..." Sie schluckte und sprach nicht weiter, aber ihre flehenden Blicke und die Tränen auf den schmutzigen Wangen sagten Praulynd genug. „Wir müssen es abbinden! Wir brauchen irgendetwas, ein Stück Stoff, was weiß ich."
„Vor allem müssen wir sehen, wie wir hier rauskommen", knurrte Praulynd.
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