2312 - Die Unschlagbaren
der Stadt erreicht, als die Druckwelle sie traf. Es war, als träfe sie die Faust eines unsichtbaren Riesen. Sie wurden hart durchgeschüttelt. Praulynd hielt sich fest und stöhnte. Er hörte, wie die Männer im Fahrzeug durcheinander schrieen. Der Pilot hatte offenbar Funkkontakt mit jemand in der Stadt und gab ständig durch, was er von dort, zu hören bekam. Viel war das nicht, und Praulynd verstand auch nicht alles, doch in Aram Verger musste das blanke Chaos herrschen.
Die Druckwelle raste vorbei, traf die Stadt... achthunderttausend Charonii, unvorbereitet, hilflos ... Praulynd hatte sich mit ihnen nie verbunden gefühlt, aber jetzt taten sie ihm Leid.
Die Druckwelle ... und dann die Beben. Überall schien sich der Boden zu heben. Gebäude schwankten, einige stürzten sogar ein. Die Gleiter kreisten über dem Stadtrand und wagten nicht zu landen. Nur in der Luft waren sie einigermaßen sicher, aber dort konnten sie nicht ewig bleiben.
Der Pilot meldete, dass es zu Stromausfällen käme. Die Detonation, die Druckwelle und die Beben hatten die Energieversorgung von ganz Aram Verger „stottern" lassen. Ganz besonders verheerend war, dass offenbar auch die Gravitationsprojektoren der Stadt betroffen waren - sodass sie die Atmosphäre über dem Houtog-Kesselbecken nicht mehr halten konnten.
Sie begann bereits zu entweichen, und das war das endgültige Ende für die Charonii. Die Explosion und die Druckwelle und die Beben hatten sie nicht umgebracht, es war viel schlimmer. Sie würden elendig ersticken, alle achthunderttausend, Alte, Frauen, Männer und Kinder. Praulynd schrie vor Wut und fluchte, was das Zeug hielt. Er hatte sie nie geliebt, die Erwachsenen, die Spießer, die Alten mit ihrer Sturheit und ihrer Gleichgültigkeit, aber so etwas hätte er ihnen nicht in seinen allerschlimmsten Träumen gewünscht.
Und wer war daran schuld? Wem hatten sie das alles zu verdanken?
Er drehte den Kopf und sah hinüber zum Hafenfeld, wo die riesige Kugel stand. Voller Hass dachte er an die Fremden und daran, was Leyton sich alles von ihnen erträumt hatte, erhofft und gewünscht. Vielleicht hätten sie ja wirklich neuen Schwung in das stocksaure, illusions- und visionslose Leben der Charonii auf Houtog bringen können - hätten! Sie hatten es aber nicht getan, sondern stattdessen die uralte Anlage im Gebirge zu neuem Leben erweckt; zu furchtbarem Leben, das Jahrtausende nachdem der letzte Stationsangehörige gestorben war, nun die Charonii auslöschte.
Doch was war das?
Praulynd kniff die Augen zusammen und hielt den Atem an, als das Raumschiff plötzlich von einem grellen, flirrenden Irrlichtern umgeben war. Ein Energiefeld? Was immer es war, das Irrlichtern dehnte sich explosionsartig aus und legte sich über das gesamte Gelände von Aram Verger. Es überspannte auch die in der Luft befindlichen Gleiter und dehnte sich bis zum Grat des Gebirges, schloss den Kessel ein und ...
... hielt die Atmosphäre! Praulynd begriff es intuitiv. Die Atemluft des Kessels entwich nicht weiter in den Weltraum. Sie wurde gehalten. Die Charonii bewegten sich zwar immer noch mit Zehnmeterschritten hüpfend über die Oberfläche, nur gehalten von der natürlichen Schwerkraft des Mondes, aber sie würden nicht ersticken. Die Beben hatten aufgehört, es war bei den wenigen eingestürzten Gebäuden geblieben, und wenn die Energieversorgung wieder funktionierte, würde auch die Schwerkraft wieder normal sein. Es war vorbei. Es hatte vermutlich Verletzte gegeben, aber was war das schon im Vergleich zu dem, was hätte geschehen können - wenn nicht...
Die Fremden!, durchfuhr es Praulynd. Die Fremden haben uns geholfen. Sie haben uns alle gerettet! Wenn sie nicht mit ihrem Schirm eingegriffen hätten, schnell und ohne lange Fragen, wäre es mit uns aus gewesen!
Und dann sah er, wie sich im mächtigen Kugelbauch des Schiffes Schleusen öffneten und zahllose Beiboote und Gleiter herausschössen und sich über dem Kessel verteilten. Viele flogen zum Gebirge und zur Explosionsstelle. Praulynd folgte ihnen mit seinen Blicken, sah aus aufgerissenen Augen und in ungläubigem Staunen, wie Männer, die aussahen wie große Charonii, aus den Booten und Gleitern über den Trümmern des Hangs abregneten. Er wusste instinktiv, dass er einen Einsatz von Kampftruppen sah, deren Aufgabe nur sein konnte, mit einer schier unglaublichen Dynamik die Explosionsstelle zu umringen und zu sichern.
Praulynd spürte wieder einen Kloß im Hals. Aus seiner
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