2320 - Terra im Psi-Schauer
weiter nach Süden, legten fast sechzig Kilometer bis zur Thora Road zurück. Kurz vor der Universität von Terrania bogen sie nach Westen ab.
Ein Sturm der Gefühle überschwemmte Marc. Dort unten war er täglich von Atlan Village zur Universität gefahren. In dieser Gegend hatte er Fawn kennen gelernt und sich auf Anhieb in sie verliebt. Fast acht Monate war es her, und seit dieser Zeit hatten sie sich nie mehr gesehen. Sosehr er sich danach gesehnt hatte - Fawn blieb verschwunden, als hätte es sie nie gegeben.
Wieder landete der Gleiter, diesmal im Crest Park. Fawn stieg erneut aus, kurz darauf ging es weiter nach Alashan. Von dort flogen sie zum Zoo, dann nach Osten in den Gobi-Park. Mondra Diamond schwieg noch immer, aber Marc hörte, wie sie sich ab und zu unruhig in ihrem Sessel bewegte.
Er seufzte leise. Was immer sie suchte, wo immer ihr Ziel lag, auf diese Weise brauchten sie Monate oder Jahre, bis sie es fanden.
Marc begleitete Fawn zum Fundament des Tempels der Degression, das als Mahnmal geblieben war, nachdem die Jünger Gon-Os ihren Tempel an den Vesuv in Italien versetzt hatten. Fawn schritt eine Weile neben dem halb überwucherten Metallplast her. „Nein", hörte er sie murmeln. „Hier ist es auch nicht."
Er schickte ein Stoßgebet zum Himmel und würgte den Kloß in seinem Hals hinunter. „Wie soll das weiter ablaufen, Fawn? Wenn wir gemeinsam suchen würden."
Sie maß ihn mit einem erstauntverwirrten Blick. „Wer bist du?"
Marc London glaubte in den Boden versinken zu müssen. „Du ... du ... kennst mich, oder?"
Plötzlich huschte ein Ausdruck des Erkennens über ihr Gesicht. „Hallo, Marc. Natürlich. Ich war nur ganz weit weg."
„Wo? Kannst du den Ort beschreiben?"
„Wie? Nein, kein Ort, sondern Wärme und Behaglichkeit. Lass uns weitersuchen!"
Es ging nach Westen, über den Crest Park hinweg. Nördlich des Saturn Hill gab es einen Flugkorridor, den nur Regierungsfahrzeuge benutzen durften. Ihr Capella G3 war eines. Voraus tauchte der Kleine Goshun-See auf, an dessen Westufer die Zylinderbauten von Schohaakar aufragten. „Vielleicht ist es hier?", murmelte Fawn.
*
Ausgerechnet Schohaakar, dachte Marc London. Darauf hätte Fawn früher kommen können!
Immerhin waren die Schohaaken es gewesen, die über mehrere Tage hinweg die Restsubstanz der jungen Frau am Leben erhalten hatten.
Marc konnte es kaum erwarten, auszusteigen und mit diesen Wesen zu sprechen, denen er die Existenz seiner geliebten Fawn zu verdanken hatte. „Artverwandtschaft" nannte Mondra Diamond die Beziehung zwischen den Schohaaken und der Botin, schließlich handelte es sich bei jenen um eine Art.
Aktionskörper, materialisiert aus der mentalen Substanz der einstigen Superintelligenz ARCHETIM.
London richtete seine Aufmerksamkeit auf die Siedlung. Acht Zylindermodule gruppierten sich um einen Dorfplatz. Sie ragten ungefähr vierzig Meter in die Höhe bei einem identischen Durchmesser. Auf jeweils neun Etagen stellten die Gebäude insgesamt fast 600 Wohneinheiten von jeweils zirka hundert Quadratmetern zur Verfügung plus das Erdgeschoss mit den Gemeinschaftsräumen. Vier bis sechs Schohaaken bewohnten eine Einheit, ihre Gesamtzahl lag bei knapp über
2500.
„Wieso weißt du es nicht, nachdem du derart intensiven Kontakt zu diesen Wesen hattest?", fragte Marc leise. Fawn sah ihn an und rümpfte die Nase. „Was soll ich wissen? Und was haben die Schohaaken mit meiner Aufgabe zu tun?"
Hatte sie nicht beim Gespräch mit Rhodan und Diamond gesagt, es müsse alles sehr schnell gehen? Längst sah es nicht mehr danach aus. Was der Gleiter an Schnelligkeit zu ihrer Suche beitrug, verspielte Fawn durch die Stopps an allen möglichen und unmöglichen Stellen der Stadt. „Das musst du besser wissen als wir, Fawn!" Mondra hielt den Gleiter an, öffnete die Türen und erhob sich. „Ich werde die Schohaaken fragen."
Seit den ersten Tagen nach ihrem unerwarteten Auftauchen auf Terra fungierte Mondra Diamond als Kontaktfrau zwischen der LFT und diesen Wesen. Dank ihrer Aufmerksamkeit fühlten sich die Schohaaken auf Terra wohl. Aber sie vegetierten vor sich hin. Sie besaßen kein Ziel und keine Aufgabe. „Ihr bleibt am besten hier", sagte Fawn. „Ich brauche euch nicht."
„Aber ich könnte ..." Marc streckte den Arm nach der geliebten Frau aus, aber da war sie schon ins Freie geschlüpft und eilte davon. Sie hielt den Kopf gesenkt, wechselte mehrmals die Richtung, bis sie zwischen den
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