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233 - Enklave der Träumer

233 - Enklave der Träumer

Titel: 233 - Enklave der Träumer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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Entscheidungen zu treffen und in große Gefahr zu geraten.«
    Er nickte. Als Jungkrieger war er schon oft in Gefahr gewesen. Eben deshalb ärgerte es ihn, dass Airin ihn dieses Mal nicht an ihrer Seite haben wollte. Sie hatten in den letzten Monaten sehr oft zusammen gejagt und sie war seine Lieblingsschwester geworden, trotz all der Angst, die er früher vor ihr empfunden hatte.
    Er hängte sich die Kette um den Hals und umschloss den Stein mit der Faust. »Danke. Du bist gut zu mir.«
    »Ich dachte, du kannst ein wenig Trost gebrauchen. Airin wird Herak sicher zurückbringen. Und Matt und Aruula sind wirklich gute Kämpfer. Sie schaffen das bestimmt. Sei nicht zu traurig, Nao. Manchmal kann man die Dinge eben nicht allein schaffen.«
    Nao nickte nachdenklich. »Da ist was dran«, murmelte er und drückte die Kette mit dem schwarzen Stein fest an seine Brust.
    Lisette lächelte ihm noch einmal aufmunternd zu, dann stand sie auf und ging an die Feuer zurück.
    Nao sah ihr nach. In einem hatte das Mädchen vollkommen recht: Er würde das, was er vorhatte, auf keinen Fall allein schaffen…
    ***
    Australien, Südwestküste, 10. Februar 2017
    Die zehn Anangu rollten die Stele über geschlagene Baumstämme auf das selbst gezimmerte Floß. Seit einem halben Jahr waren sie nun unterwegs. Ihre dunklen Körper waren ausgezehrt. Man konnte die einzelnen Rippenbögen unter der pergamentenen Haut sehen. Sie tranken und aßen nur, wenn ER es ihnen befahl. Und ER vergaß es oft. Für IHN waren sie bedeutungslose Sklaven, die zu funktionieren hatten.
    Der Weiße Ritter bewegte sich neben ihnen. Die Anangu konnten IHN sehen. Ihre Geister waren in der Traumzeit gefangen, doch die Körper agierten in der Welt, wie ER es wünschte. ER ließ ihnen gerade genug Kontrolle über sich, damit sie IHM gehorchen konnten.
    Mit einer letzten Anstrengung wuchteten sie die Stele auf das am Ufer liegende Floß und zogen die Stämme fort. Das Floß schwankte heftig, es drohte seine Fracht zu verlieren. Fünf Anangu mussten es im Wasser stabilisieren, ehe die wie grob behauen aussehende Stele auf dem Floß zum Liegen kam. Dennoch war es ein heikles Unternehmen.
    Die Anangu führten es mit der schlafwandlerischen Sicherheit durch, mit der sie die gesamte Strecke zurückgelegt hatten. Nie hatten sie sich beklagt. Sie konnten es nicht mehr. Sie sprachen nur selten. Nur das Nötigste. ER wusste ihre Namen nicht. Und auch sie hatten ihre Namen vergessen. Sie waren nicht wichtig. Wichtig war nur, dass geschah, was der Ahne wünschte.
    Sie ruderten hinaus. Fanden die Stelle, die ER ihnen wies. Gemeinsam rollten sie die Stele über Bord. Sie sank durch das Wasser, trieb in die Finsternis, an deren Grund jener mystische Ort wartete, den ER entdeckt hatte. Ein zweiter Uluru. Dem ersten verblüffend ähnlich, nur dass er am Grund des Meeres lag. Eine Laune der Natur? Oder mehr? Anzunehmen bei dieser Ausstrahlung. Jedenfalls das ideale Versteck für den Notsender. Es erfüllte die Ansprüche des Ahnen.
    »Herr«, meinte einer der Anangu kraftlos. »Ist es jetzt so weit?«
    »Ja«, beschied ihnen der Weiße Ritter ausdruckslos. »Jetzt werdet ihr nicht mehr gebraucht. Ihr dürft schlafen.« Der Geist des Weißen Ritters verließ sie.
    Sie legten sich nieder. Alle zehn Anangu kauerten auf dem selbstgebauten Floß. Stoisch wie Kamshas, deren energetisches System zusammengebrochen war. Und starben.
    ***
    Australien, Südwestküste, 24. Dezember 2524
    Herak erwachte von einem beständigen Tropfenhagel in sein Gesicht. Er öffnete die Augen und sah Regentropfen, die durch ein eisernes Gitter fielen. Über ihm war es Nacht. Dunkle Wolken bedeckten den weit entfernten Himmel und schickten ihre nasse Fracht gleichmütig hinab. Ein Schrei aus der Tiefe zerriss die Stille. Herak wollte sich hastig aufsetzen. Eine Hand drückte ihn an der Schulter nach unten.
    »Ganz ruhig, alter Mann. Sonst fällst du mir noch in den Sud und ertrinkst…«
    Diese Stimme. Herak kannte sie. Verwirrt sah er zur Seite. Er lag auf einem breiten Holzbrett. Neben ihm ging es steil in die Tiefe. So wie es aussah, befand er sich in einer tiefen Grube, deren Boden unter Wasser stand. In dem Erdloch waren mehrere der Bretter mit Eisenketten an den Wänden befestigt. Vor sich hinsiechende Menschen boten ein Bild des Elends. Die meisten lagen still, doch einige zuckten unruhig, als würden Träume oder Erinnerungen sie quälen.
    Herak sah auf und blickte in ein Gesicht, das ihn heftig

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