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233 - Enklave der Träumer

233 - Enklave der Träumer

Titel: 233 - Enklave der Träumer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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zusammenschrecken ließ. »Kiras!« Der Sohn seiner Erzfeindin Marii!
    Vor anderthalb Jahren hatte seine Tochter Airin Marii getötet. Kiras war zusammen mit der Mitverschwörerin Paggi von Maddrax und seinem Blutsbruder Rulfan überwältigt worden. Herak und Airin hatten die beiden Stammesverräter mit Lebensmitteln versorgt und sie laufen lassen, weil sie den neuen Frieden zwischen Perons und Adors nicht gleich durch Hinrichtungen erschüttern wollten. Außerdem war Kiras im Gegensatz zu seiner Mutter nicht verrückt. Er war das intriganteste Aas, das Herak je über den Weg gelaufen war, aber er war kein Mörder…
    »Klingt ja nicht so, als wolltest du mich an die Brust nehmen.« Der junge Mann sah abgemagert aus, doch in seinen Augen glänzte der alte Spott. Kiras war ein Peron und er bildete sich unglaublich viel darauf ein, lesen zu können. Für ihn war Herak nicht viel mehr als ein cleverer Monkee.
    »So wie du dich mir gegenüber verhalten hast…« Herak spürte aufsteigenden Ärger in sich. Kiras hatte ihn damals verraten.
    »Wollen wir die alten Geschichten nicht einfach vergessen?« Der hagere Mann machte eine lapidare Geste nach unten. »Wir sitzen im selben Loch. Außerdem hab ich dir vielleicht das Leben gerettet. Du warst viel zu benommen, um aus der Suppe da unten nach hier oben zu kommen. Glaubst du, du bist in deinen Fieberträumen hier rauf geflogen?«
    Herak setzte sich auf und berührte vorsichtig seinen Hinterkopf. Zwischen den grauen Haaren fühlte er eine hässliche Wunde, die mit Grind überdeckt war. »Wo sind wir hier?«
    »In der Gefangenschaft von Verrückten. Die Spinner hier sind noch schräger drauf als meine gute alte Mamii Marii. Mal ehrlich, es sieht echt düster aus. Sie erwarten hier die Ankunft von irgendeinem Gott, den sie Straitar nennen, und opfern sich ihm selbst in namenloser Verzückung. Jede Nacht das Gekreisch unten am Steg. Und ich dachte, paarungswütige Woolies wären schlimm… Hör mal!«
    Sie schwiegen und lauschten dem fernen Klang von Trommeln. Sie erinnerten Herak an die Trommeln der Perons. Ein anderes, schrilleres Instrument mischte sich in den tiefen, gleichmäßigen Ton.
    »Zwei meiner Leute sind schwer krank geworden«, sagte Herak in das Schweigen. »Sie waren besessen. Ich wollte herausfinden, was das für ein Dämon ist, der sie zu sich ruft, und wo genau er sich aufhält…«
    »Gratuliere, du hast ihn gefunden. Hier gibt’s lauter kranke Spinner, die irgendwas träumen. Also hast du dein Ziel erreicht. Bringen wird dir das nichts als Ärger.«
    »Was passiert mit den Gefangenen?«, wollte Herak wissen.
    »Ich sitze schon seit zwei Wochen hier ein. Die füttern uns. Bis auf den Regen und den mangelnden Platz könnte es eine miesere Gefangenschaft sein. Ich glaube, die erwarten, dass wir auch so durchdrehen wie sie. Zumindest töten sie uns nicht.«
    »Wie bist du hier gelandet?«
    Kiras trug noch immer den grüngoldenen Umhang, der ihn einst als Vertreter der Uneska und als Sohn der Anführerin Marii ausgezeichnet hatte. Allerdings war er schwer in Mitleidenschaft gezogen worden und erzählte allein durch sein Aussehen die Geschichte eines langen Reisewegs.
    »Nachdem ihr Paggi und mich verbannt hattet, sind wir die Küste runtergezogen, bis wir auf eine ganz passable Siedlung trafen. Nette einfache Menschen, ein bisschen dumm und leicht zu beeinflussen. Wir haben neue Methoden entwickelt, Korallen zu ernten. Bessere Luftschläuche. Mit den Korallen konnten wir handeln. Paggi war ganz scharf auf die Dinger. Sie ging immer wieder ins Wasser, zu den Riffen. Dann begann sie im Wasser diese Stimme zu hören. Ich dachte erst, jetzt spinnt sie, aber andere berichteten es auch. Paggi fing an zu träumen, und dann… eines Nachts… ist sie einfach abgehauen. Das ist schon einige Monate her. Ich hab’s erst ohne sie versucht. Die hatten da ganz hübsche willige Taucherinnen – aber es war nicht dasselbe. Ich hätte nie gedacht, Paggi mal zu vermissen…« Er verstummte.
    »Und da bist du ihr gefolgt und hierher gekommen?«
    »So ist es, Alterchen. Gestrandet in einer Enklave von Verrückten. Paggi hab ich hier bisher nicht gefunden. Vermutlich hat sie sich schon vor Wochen entleibt. Oder sie hockt bei den Teilnahmslosen draußen beim Zeltdorf rum.«
    »Wir müssen hier raus!«
    Kiras lachte hell auf. »Der Verstand einer Termiite ziert dich wie keinen zweiten. Was glaubst du eigentlich, was ich seit Wochen versuche? Ohne Erfolg, wie du siehst. Es ist

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