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233 - Enklave der Träumer

233 - Enklave der Träumer

Titel: 233 - Enklave der Träumer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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sah ein scharfes Metallteil, das sich durch die Haut der Qualle gebohrt hatte. Es stand von der schlecht gewarteten Seitenwand der Schleusenkammer ab, in die Nao nun zu steuern versuchte.
    »Es hat ein Leck!«, meinte Joon alarmiert. »Du hast es kaputt gemacht!«
    »Ich schaff das schon«, meinte Nao trotzig. Er lenkte die Qualle ruckartig zurück. Gebannt starrte er auf das Loch, in das eigentlich Wasser einlaufen sollte. Doch stattdessen drückte sich das Material zusammen und verband sich wieder.
    »Seht ihr das?« Nik starrte mit offenem Mund auf die unversehrte Quallenhaut.
    »Ich wusste das«, meinte Nao großspurig. »Ich wollte euch nur erschrecken. Und jetzt setzt euch endlich hin. So kann ich nicht in Ruhe navigieren.«
    Joon berührte das Material der Qualle andächtig. »Sie ist unverwundbar…«
    Nao hatte da so seine Zweifel. Sein Herz schlug heftig und er fragte sich, auf was er sich da eigentlich einließ. Aber er konnte und wollte nicht zurück. Sein Vater brauchte ihn.
    Außerdem muss ich es selbst sehen. Nao schloss die Augen. Ich will wissen, was es mit meinen Träumen auf sich hat…
    ***
    Die dünnen Decken waren durchgeschwitzt. Matt wälzte sich unruhig von einer Seite auf die andere. Neben ihm schlief Aruula tief und fest. Sie hatten gegessen, getrunken und das Ergebnis der Versammlung abgewartet.
    Alles war gut gegangen. Die Menschen von der USS HOPE waren aufgenommen und rituell begrüßt worden. Man hatte ihnen mit grüner Pflanzenfarbe ein spiralförmiges Zeichen auf die Stirn gemalt und ihnen eigene Räume auf Dauer zur Verfügung gestellt. Dafür hatten die Besatzungsmitglieder versprochen, bei der Jagd zu helfen oder sich anderweitig für die Gemeinschaft einzusetzen. Besonders technisches Geschick war gefragt. Matt hätte eigentlich gelöster sein können, aber er fand keine Ruhe.
    Es hat alles geklappt. Wir sind in Sicherheit, reisen morgen weiter zum Südpol und finden die Waffe…
    Matt versuchte sich die Sätze einzuhämmern wie ein Mantra. Es funktionierte nicht. Sein Faust umklammerte den Zipfel der Decke. Schweiß lag auf seiner Stirn. Wann immer er die Augen schloss, kamen die Bilder. Er wollte es nicht sehen.
    Irgendwann glitt er doch über die Schwelle.
    Schwärze. In der Finsternis glommen Lichtsplitter auf. Zuerst waren sie verschwommen, dann festigten sich ihre Umrisse. Matt erinnerte das Bild an eine Aufnahme des Hubble-Teleskops – aber aus einer Richtung, die höchstens die Voyager-Sonde hätte liefern können. In der Ferne glitzerte die Sonne als winziger Lichtfleck. Vor ihm lagen Pluto und Charon wie ein Doppelgestirn. Pluto, der äußerste Himmelskörper des solaren Systems, war von einem dünnen Ring aus Eiskristallen umgeben, der von seinen drei Monden gespeist wurde. Der kosmische Zwerg hatte nur einen Bruchteil des Erddurchmessers. Sein erster Mond Charon erschien neben ihm gigantisch.
    Matts Augenlider zuckten unruhig. Wieder spürte er das Nahen des Feindes. War es schon so weit? Hatte der Streiter das Sonnensystem erreicht?
    Nein, so nah kann der Streiter noch gar nicht sein. Das ist nur ein Traum…
    Er saß wieder in seinem Stratosphärenjet. Durch das Cockpit blickte er ins All, direkt auf den Plutoiden. Die Kälte ließ ihn frösteln. Weißer Atem hing vor ihm in der Luft. Im Hintergrund verlor die Sonne ihr Licht. Stück für Stück erloschen die Lichtsplitter, die Pluto und Charon umgaben. Eine gigantische Wolke aus Schwärze zog herauf. So sehr Matt auch versuchte, sie zu begreifen – es gab nichts, was er hätte zuordnen können. Er sah keinen Körper, wie der Finder ihn gehabt hatte. Da war nur der Schatten. Schwärze, die alles verschlang.
    Sie löschte die Sterne des Alls wie Glutfunken. Fiel auf die kleineren Monde Nix und Hydra. Schob sich weiter vor. Über Charon, der seine bleisilbernen Farbschattierungen verlor und schwarz wurde.
    Nein… Matt wusste, was kommen würde. Hilflos sah er auf den Himmelskörper hinab. Ein Flackern lief über dessen Oberfläche.
    Was ist das? Ein Berg von enormer Höhe wuchs plötzlich auf Pluto. Ein Monolith, der blutrot schimmerte. Wasser umgab ihn. Seine Oberseite pulsierte glühend und schien nach ihm zu rufen. Matt glaubte eine leise Stimme zu hören.
    Du kannst IHN nicht aufhalten… Niemand hält IHN auf…
    Das Bild des Felsens zog ihn zu sich, zerrte an seinem Verstand. Doch noch ehe er mit dem Jet auf der Oberfläche einschlug, sprang das Bild flimmernd zurück.
    Pluto…
    Der schwarze Schatten kroch

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