233 - Enklave der Träumer
Danke, dass ihr uns gerettet habt.« Er nickte Matt und Aruula zu. »Die Leute hier sind sonderbar, aber nicht schlimmer als anderswo. Ich denke, wenn sie uns akzeptieren, kommen wir hier gut zurecht.« Er stand auf und schloss Matt kurz in die Arme. »Wir haben das Floß vorhin noch gedreht. Falls du weitere Waffen und Munition brauchst, lass es mich wissen.«
Matt erwiderte die Umarmung. »Ich denke, ihr könnt die Sachen selber gut gebrauchen und ein Gewehr hast du mir ja schon gegeben. Ich hoffe, es geht alles glatt.«
»Ich für meinen Teil hau mich jetzt erst mal hin.« Jack und Zarah umarmten auch Aruula, ehe sie sich auf den Weg zu ihren Schlafstätten machten. Lisette sprang ebenfalls auf die Füße. »Danke. Ich bin echt froh, aus dieser Hölle raus zu sein…« Auch sie umarmte die beiden, ehe sie mit einem Lächeln auf den Lippen in Richtung Ufer ging.
Aruula schmiegte sich eng an Matt. Das ferne Geräusch des Meeres, leise Stimmen und Gelächter drangen durch die Dunkelheit. Niemand kümmerte sich mehr um den Mann und die Frau, die aneinandergelehnt am niedergebrannten Feuer saßen.
»Du hast nicht erzählt, dass du neue Albträume hattest.«
Matt schloss die Augen und genoss ihre Nähe. Sie roch vertraut und doch immer wieder aufregend. Seine Hand vergrub sich in ihren blauschwarzen Haaren. »Von ihm «, meinte er leise. »Vom Schatten. Sie sind furchtbar.«
Gemeinsam sahen sie hinauf zu den Sternen.
»Vielleicht erleben wir seine Ankunft gar nicht mehr«, meinte Aruula leise. »Es kann lange dauern, bis er das Meer der Sterne durchschifft hat.«
Matts Blick heftete sich auf die hellen Lichtpunkte über ihnen. Er versuchte abzuschätzen, wie fern oder nah ihnen der Streiter war, doch natürlich gelang ihm das nicht. »Ich wünschte, es wäre so. Aber mein Gefühl sagt mir etwas anderes…«
***
Nao saß am Meer und starrte auf die nachtschwarzen Wellen. Seine Hand grub unwillig im Sand, mehr um sich zu beschäftigen als wirklich nach den fingerlangen Leuchtwürmern zu suchen, mit denen er als Kind so gerne gespielt hattet
Airin hatte einfach nicht das Recht, ihn zurückzulassen! Er hatte die Gabe, nicht sie! Er erinnerte sich an ihre eindringlichen Worte, ehe sie allein auf die Versammlung gegangen war: »Genau deshalb kommst du nicht mit! Ich könnte es nicht ertragen, wenn du wirst wie Gabri und Doran.«
»Das wird schon nicht passieren«, hatte Nao entgegnen wollen; jetzt murmelte er es zornig vor sich hin. Er war schon lange kein Kind mehr und er wollte nicht wie eines behandelt werden! Er hatte sich so sehr über Airin geärgert, dass er die Versammlung verpasste.
»Darf ich mich zu dir setzen?« Die angenehme Stimme überraschte ihn. Er sah auf. Neben ihm stand Lisette, das Mädchen von der Monsterinsel, dem seine Freunde ein besonders großes Zimmer im Tara-Haus gesichert hatten. Dort schliefen die Kriegerinnen und Handwerkerinnen der Perons.
»Sicher«, meinte er überrascht. Es wunderte ihn, dass das Mädchen zu ihm kam. Seine Freunde hatten viel mehr Zeit gehabt, auf sie Eindruck zu machen. Er mochte ihr blondes Haar. Im Paak hatten einige blondes Haar, aber es war nicht ganz so hell wie das von Lisette.
Sie setzte sich anmutig. »Ich habe am Lagerfeuer gehört, wie du dich mit Airin gestritten hast, und ich wollte dir nur sagen, wie gut ich dich verstehe. Es ist schwer, wenn man etwas nicht tun darf, was man aus vollem Herzen möchte.«
Wieder überraschte sie ihn. Sein Volk redete selten so offen über Gefühle.
»Sie behandeln mich wie einen Säugling«, meinte er bitter.
»Aber das bist du nicht.« Lisette zwinkerte ihm zu. »Glaub mir, ich weiß wovon ich rede…«
Er wurde rot. Hoffentlich bemerkte sie es in der Dunkelheit nicht.
»Ich fühle mich von Airin verraten. Sie geht ohne mich.«
»Sie will dich schützen.« Lisette nahm die Kette vom Hals, die man ihr heute erst geschenkt hatte. Es war ein langes Lederband, an dem ein schwarzer Stein hing, in dessen Mitte das Meer ein Loch gehöhlt hatte. Glückssteine der Adors. Sie hielt Nao den Stein hin. »Und ich will auch, dass du auf dich aufpasst.«
Jetzt war Nao vollständig verwirrt.
Sonst waren es doch die Männer, die den Frauen Geschenke machten. Zögernd nahm er die Kette. »Du bist sehr großzügig.«
Ihr helles Gesicht schimmerte im Licht der Sterne. Ihre Stimme war so leise, dass das Rauschen der Wellen sie fast übertönte. »Ich habe schon jede Menge erlebt, Nao. Ich weiß, was es heißt, schwere
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