236 - Gestrandet
großen Finsternis noch gefragt.
Ein verächtliches Lachen war die erste Antwort gewesen. » Ausgerechnet? – Glaubst du, du bist was Besonderes, du Arsch? Bilde dir bloß nichts ein.«
Ich bin ein Schläfer, oder? Wann muss ich handeln? Was muss ich tun? Wer wird mir das sagen? Der zweite Agent an Bord? Kenner stand auf, schaute in den Spiegel. Er sah blass und müde aus. Er ging hinaus und spritzte sich im Waschraum kaltes Wasser ins Gesicht.
Als er sich umdrehte, stand Naomi Goldwyn im Türrahmen des Waschraums. Sie zwinkerte ihm entspannt zu. Dass Guilfoyles Tod ihr weniger verdächtig erschien als ihm, fand er eigenartig. Oder tat sie nur so? Sie war doch von scharfem Verstand…
»Gehen Sie zum Dienst?« Sie deutete mit dem Kopf auf die Messe.
»Ein paar Minuten kann ich mir noch gönnen.«
»Trinken wir einen Kaffee.« Sie ging voraus.
Kenner folgte ihr. Die Messe war leer. Die Uniformhose kleidete ihren Hintern exzellent. Kenner schaute Goldwyn zu, wie sie den Kaffeeautomaten bediente.
»Glauben Sie, dass Guilfoyle ermordet wurde?«
Goldwyn drehte sich um und spitzte die Lippen. »Warum glauben Sie das?«
Kenner spürte einen dicken Klumpen im Magen. »Weil er das ideale Opfer zu sein scheint.« Angriff ist die beste Verteidigung…
Goldwyn fixierte ihn nachdenklich, nahm den Kaffee und setzte sich zu ihm. »War er das wirklich? Gut, bei jeder anderen verdächtigen Leiche hätten wir Guilfoyle natürlich gebeten, den Schädel zu öffnen und zu versuchen, den Parasiten auszugraben. Ich glaube allerdings nicht, dass er auch nur die geringste Chance gehabt hätte, das Ding zu finden. Wie denn auch? Wir haben keine Ahnung, wie groß der Parasit ist und wo er sitzt.« Sie seufzte. »Jetzt bohren wir halt in der Nase, bis wir gegenteilige Beweise haben. Die VENGEANCE ist zwar ein schwer bewaffnetes Laborschiff, aber für die Versuche, die wir hier machen, waren Chirurgenteams nie nötig. Guilfoyle war der Einzige, der fachmännisch einen Schädel öffnen konnte.« Sie zwinkerte Bob Kenner zu. »Es sei denn, wir bitten unseren Metzger um Hilfe.«
»Seien Sie nicht pietätlos«, erwiderte Kenner.
»Entschuldigen Sie.«
»Schon gut.« Er nickte. »Wir wissen also nichts«, fügte er hinzu.
Goldwyn nickte langsam. »Nichts, was uns weiterbrächte, ja. Aber mein Instinkt sagt mir verdammt noch mal, dass Sie mit Ihrer Vermutung richtig liegen könnten, Kenner.«
»Ja, nicht wahr? Wissen Sie, ich glaube, dass jemand, der eine Mission sabotieren will, eine höhere Position einnehmen muss. Er braucht Zugang zu Dingen, die ein Gefreiter nicht sehen darf. Ich würde ihn also eher oben bei den hohen Tieren suchen.« Er grinste und es fiel ihm nicht mal schwer. »Bei Rear Admiral Clark, Lieutenant Commander Cody, Commander Savovic, Captain Hogan.«
Goldwyn verzog keinen Gesichtsmuskel, während sie an ihrem Becher nippte. »Müßig. Wir wissen ja nicht mal, auf welche Art und Weise sabotiert werden soll. Ich meine, Sabotage muss in diesem Fall ja nicht unbedingt die Zerstörung des Bootes bedeuten.« Sie trank aus, lächelte noch einmal knapp und ging.
***
8. Februar 2525, Freihandelszone Lanschie
Hinter der herabsinkenden Plane erschien ein gutes Dutzend Soldaten, die links und rechts auf Bänken gesessen hatten. Nun standen sie leicht gebückt, in voller Ausrüstung, die Sturmgewehre im Anschlag.
Matt kam es einen Moment lang vor wie ein Traum. Amerikanische Soldaten! In der Army Combat Uniform, kurz ACU genannt, mit dem digital entwickelten Muster aus kleinflächigen Grau-, Beige- und Grüntönen die perfekte Tarnung für alle Jahreszeiten und Regionen garantierte. 2012 hatten Army, Navy und Air Force einheitlich die ACU verwendet. Auch er hatte sie bei seinem Einsatz gegen »Christopher-Floyd« getragen.
Auf ihren Köpfen saßen die eierförmigen Kampfhelme, ebenfalls mit dem ACU-Camouflage überzogen. An den Gürteln hingen gebogene Magazine für die M 16-Gewehre, wie auch Mad Mary eines besaß. Auch gezackte Kampfmesser und Pistolen sah Matt.
»Die da vorne!«, brüllte der Mann am Steuerpult, der Augenkontakt zu der Frau aufgenommen hatte, und zeigte auf die Gruppe mit dem blonden Hünen.
Die Soldaten sprangen von der Plattform, landeten geschmeidig in den Knien und stürmten mit angelegter Waffe halbkreisförmig auf die Gruppe zu. Auch die beiden Zivilisten auf der Plattform hatten plötzlich Pistolen in den Händen.
Die Angegriffenen spritzten auseinander, suchten Deckung. Noch im Laufen
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