2371 - Der Sternenfindling
Denn deshalb waren die Galaktiker hier. Die Nachrichten sagten es deutlich. Schon wieder herrschte Chaos in der Milchstraße, herrschten Tod und Verderben. Doch was jetzt geschah, war nicht mit dem Krieg vor 50.000 Jahren zu vergleichen. Es war schlimmer!
Wenn es stimmte, was die Galaktiker den Raphanen berichteten, dann war der gegenwärtige Feind ungleich mächtiger als die Schwarzen Bestien. Er gab sich nicht mit einer Galaxis allein zufrieden, sondern wollte die gesamte Lokale Gruppe. Die Milchstraße, Andromeda, M33 ... alles.
Auch und vor allem eine Galaxis namens Hangay, die Immentri Luz völlig. unbekannt war. Zu „seiner" Zeit hatte es sie noch nicht gegeben.
Sie aber sollte das Zentrum des Chaos sein, des Feindes allen Lebens. Deshalb stießen die Galaktiker dorthin vor. Wenn es ihnen nicht gelang, den furchtbaren Gegner zu stoppen, dann würde das Leben erlöschen.
Es würde mehr Tote geben, mehr Leid als in allen bisherigen Kriegen zusammen.
Das Universum würde von Finsternis überzogen werden.
Der Sternenfindling flog weiter. Die Vorstellung eines nie da gewesenen Unglücks machte ihn blind. Sie raubte ihm den Atem, machte ihn rasend.
Er musste helfen!
Er wusste nicht, wie ihm der Gedanke kam, aber er begann ihn zu beherrschen.
Die Galaktiker waren gut. Sie waren das Leben und drohten zu unterliegen. Er durfte dabei nicht zusehen. Er musste...
Was?
Alles drehte sich. Ihm wurde heiß. Er hatte Angst, endgültig den Verstand zu verlieren. Und als er glaubte, es nicht mehr aushalten zu können, als er das Gefühl hatte, zerplatzen zu müssen, als der Druck in seinem Geist und Körper nicht mehr auszuhalten war ... ... als er glaubte, dass es jetzt nicht mehr schlimmer kommen könnte... ... eine Minute bis zu seinem Tod... ... der Schock traf ihn wie der Hammer eines wütenden Titanen.
Er wirbelte davon. Er schrie. Er verlor den letzten Halt und jede Orientierung. Er sah nichts mehr - nicht einmal die Wolke aus kleinsten Trümmerstücken, die genau auf ihn zuschoss. Oder er auf sie. Es machte keinen Unterschied mehr.
Die Partikel trafen ihn wie ein Hagel aus Blitzen, die sich in seinem Schutzschirm entluden. Innerhalb von Sekunden brachten sie diesen zur Überlastung und durchschlugen ihn. Immentri Luz merkte nichts mehr davon.
Er nahm nicht mehr wahr, wie die Kleinstmeteoriten den Panzer seines Schutzanzugs durchlöcherten, wie dessen Mechanismen angesichts der gewaltigen Schäden versagten.
Der Schock hatte ihn bereits getötet, bevor es die Asteroiden taten, die seinen Körper perforierten.
Es war vorbei, sein unverstandenes Leben, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte.
*
Telson Krane ging unruhig im Warteraum auf und ab. Er war gereizt und zeigte in diesen Minuten nicht sehr viel von der Gelassenheit, die ihn üblicherweise von seiner rauen Mannschaft unterschied. Er stieß Flüche aus, die selbst seine Lebensgefährtin in Erstaunen versetzten. „Jetzt mach dich nicht verrückt, verdammt noch mal!", herrschte Iana Sorbett ihn an, die mit Asparg Blanda und Tellyhon Swayze auf einer der Besucherbänke saß. „Mach dir nicht in die Hose. Dass sie uns so lange warten lassen, zeigt bloß, dass sie Immentri nicht aufgegeben haben.
Vielleicht ist noch etwas zu retten."
„Hör auf!", zischte Krane sie an. „Der Mann ist so tot, wie einer nur sein kann, dessen Körper durchlöchert ist wie ein Sieb. Ihr habt alle seine Wunden gesehen, nachdem wir ihn - oder seine Reste - mit unserem Boot aus den Trümmern geborgen hatten. Da halfen auch alle Schutzsysteme seines Anzugs nicht mehr."
„Und kein automatischer Notruf an uns", kam es von Tellyhon. „Der Kerl ist hinüber. Den flickt keiner mehr ..."
„Halt 's Maul, Telly!", schnauzte die Pilotin ihn an. „Du hast mir gar nichts zu sagen!", giftete der Junge zurück. „Unser Hypernäschen ist hinüber, das müsst ihr endlich kapieren. Es war überhaupt eine Schnapsidee, ihn hierher ins Raumdock zu bringen. Selbst auf Intaph-Derin könnten sie ihm nicht mehr helfen, denn er ist tot! Die Trümmer haben seinen Körper zerschlagen, seine Organe, einfach alles. Sein Brustkorb war ein einziges Loch. Er hat keine Lunge mehr, sein Herz ist zermatscht. Er ..."
„Telly", knurrte Asparg Blanda, „hör auf.
Halt ganz einfach deine Klappe, ja?"
„Ich ... !"
„Die Mediker kriegen ihn hin", sagte Iana, doch es klang nicht überzeugt. „Natürlich müsste er tot sein, aber es ist nun mal so, dass Aalon bei ihm noch ...
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