238 - Herz aus Eis
Situation neu überdenken«, sagte er nach einer langen Pause, in der Margareth und er sich anstarrten. »Lassen Sie mir ein wenig Zeit.«
Er konnte regelrecht spüren, wie sie innerlich aufatmete. Die Operation durchzuführen behagte ihr nicht, und so griff sie nach dem Strohhalm, den Crow ihr hinhielt.
»Also gut.« Die Ärztin stand auf. »Sie haben eine Stunde Zeit, es sich zu überlegen. Nach der Teatime sehe ich nach Ihnen, und wenn Sie dann immer noch verstockt sind…«
Sie ließ unausgesprochen, was dann geschehen würde. Margareth rief zwei der Soldaten zurück in den Operationsraum.
»Bindet ihn los und bringt ihn in eine der Zellen.« Sie wandte sich noch einmal an Crow. »Ich baue auf Ihre Vernunft, Arthur. Wenn Sie in diesen Raum zurückkehren, werde ich den Chip implantieren. Ohne Betäubung. Nur mit Eis.«
Crow schauderte. Die beiden uniformierten Männer machten ihn vom Stuhl los. Er rieb sich die schmerzenden Handgelenke und ließ sich widerstandslos abführen. Sie sperrten ihn zwei Gänge weiter in eine winzige karge Zelle.
Crow wartete, bis die Soldaten gegangen waren, dann zog er das Funkgerät heraus und begann mit der Justierung der richtigen Frequenz. Das dicke Metall behinderte den Kontakt. Er war tief unter der Erde. Doch endlich gelang es ihm, eine Verbindung zum Gleiter herzustellen.
»Sir«, erklang die verrauschte Stimme seines Adjutanten. »Wir haben Agat’ol noch nicht finden können.«
»Brecht die Suche ab«, formulierte Crow laut und deutlich. »Ich sitze in der Station fest, in Ebene 5. Aktiviere alle Warlynnes und U-Men und hol mich innerhalb einer Stunde hier raus, Billy!«
Er musste einige seiner Sätze wiederholen, bis der Warlynne ihn verstanden hatte und bestätigte.
»Pass jetzt genau auf«, fuhr Crow fort. »Ich gebe dir den Zugangscode für das Eingangsschott und sage dir, wie ihr vorgehen müsst…«
Nachdem er das Funkgerät abgeschaltet hatte, lehnte sich Crow entspannt gegen die Wand der Zelle. Mit ein bisschen Glück würde von diesen arroganten kranken Briten bald nichts mehr übrig sein. Sie wollten ihn fertig machen? Ha! Er würde den Spieß umdrehen!
***
Die Sonne senkte sich dem Horizont entgegen. Mit ihrem Aufgang war es Agat’ol endlich gelungen, sich zu orientieren. Er hielt noch immer auf den scharfkantigen Berg zu, entfernte sich beständig von dem Ort, an dem man ihn gefangen gehalten hatte. Immer wieder sah er sich hektisch um.
Seine Verfolger mussten irgendwo da draußen sein. Vermutlich hielten die Soldaten Abstand und peilten ihn mit ihren Geräten an. Wie weit mochte die Kontrolle der Briten reichen? Gab es überhaupt eine Möglichkeit, ihnen zu entfliehen? Wenigstens verfügten sie über keine Fluggeräte; die hätte er am Himmel bemerken müssen.
Agat’ol hatte kurz nach dem Sonnenaufgang gerastet und einige Stunden geschlafen. Die Erschöpfung war einfach zu groß gewesen. Nun war er auf dem Weg zum letzten Standort des Gleiters. Einen Teil der Strecke hatte er in einem schmalen Fluss zurückgelegt und damit sein Tempo steigern können.
Der Hydrit kam an einen kleinen See. Erschöpft ließ er sich auf die Knie sinken und trank. Der Schmerz in seinem Kopf war dumpf, aber erträglich. Die Wundränder brannten und fühlten sich heiß an. In seinem bisherigen Leben hatte Agat’ol einiges an Schmerzen aushalten müssen, und er war weit davon entfernt, aufzugeben.
Weiter!, befahl Agat’ol sich selbst. Er musste einen Vorsprung herausholen und weit vor den Soldaten am Gleiter ankommen. Denn sobald sie das Fluggerät sahen, würden sie wissen, was er vorhatte, und ihn mittels der Fernbedienung paralysieren. Sein Vorteil war die Dunkelheit, die dann herrschen würde.
Agat’ol biss die Kauleisten zusammen und lief weiter. Er würde noch mindestens die halbe Nacht brauchen, bis er am Ziel ankam. Hunger verspürte er nicht. Immer wieder kämpfte er gegen die Übelkeit an, die seinen Magen malträtierte.
Er entschied sich für den Weg durch einen spärlich bewachsenen Wald. Die Scheinbuchen wuchsen in weit entfernten Abständen. Mannshohe Farnbüschel und Sträucher boten Sichtschutz.
Da! Was war das? Agat’ol sah misstrauisch zu einem Busch. Er hatte ein Knacken gehört. Einer der Hunde oder Soldaten? Oder ein wildes Tier?
Langsam schälte sich ein Schatten hinter den Büschen hervor. Agat’ol sah nicht zurück. Er rannte los. Er jagte durch den Wald, ohne sich auch nur einmal umzudrehen. Was auch immer in den Büschen lauerte, es
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