2383 - Avatare ESCHERS
der Vorstellung, wie präzise ein Koda Ariel Kenntnisse über den Charakter und das Verhalten der Getöteten erwarb, damit er unentdeckt deren Rolle spielen konnte.
Ein derber Schlag ließ ihn zusammenfahren. „Träumst du?", hörte er die Stimme seines Partners.
Einen Moment lang blickte er verstört auf die Faust, mit der Astuin ihn angegangen hatte, dann auf Vern Soopa, der unmittelbar auf ihn zukam. Der Spion konnte sie wegen der Deflektorfelder nicht sehen, aber wenn er jetzt gegen ihn rannte...
Im letzten Augenblick machte Myhr sich materielos, hielt den Atem an und hoffte, dass Soopa nichts gemerkt hatte. Soopa ging mitten durch ihn hindurch, als wäre er Luft.
Pal Astuin machte eine flüchtige Geste und hielt dann den Finger an die Lippen.
Weiß ich selbst, dachte die kleinere Projektion, eher zornig auf sich selbst, dass sie es beinahe verpatzt hätte, als auf ihren Partner. Glaubst du im Ernst, dass ich jetzt etwas sage, sodass Soopa mich hört und merkt, dass er von Unsichtbaren umgeben ist?
Als der Koda Ariel an ihnen vorbei war, wollte er ihm folgen, aber Astuin hielt ihn zurück. Er deutete auf sein Ortungsgerät und etwas Glitzerndes hinten an dessen Halskrause.
Er hatte ihm einen Sender verpasst!
Kommentarlos nahm Astuin ihn an der Hand, und Merlin Myhr ließ zu, dass er sie beide wegteleportierte nicht weit weg, wie er gleich darauf feststellte, als die Umgebung ringsum wieder verschwommen Gestalt annahm. Sie standen nun neben dem Lastenschweber.
Als Myhr zu der Stelle am Schiffsrumpf zurückschaute, an der sie vorher gestanden hatten, sah er gerade noch, wie der Spion sich eine Energierampe hinauftragen ließ und durch eine Schleuse im Inneren des wie ausgeweidet wirkenden Schulschiffes verschwand. „Komm." Astuin deutete auf den Boden. „Setzen wir uns. Auf dem Ortungsgerät können wir genau verfolgen, was er macht.
Und dank des Senders bekommen wir jedes Wort mit."
Der Schwarzgekleidete ließ sich neben der Lenksäule des Schwebers nieder und stöpselte einen Hörer in sein Ohr. Er schaltete den Sender ein und wartete eine Weile, vielleicht zehn Sekunden oder etwas länger. Dann wurde er blass und blickte seinen Partner irritiert an. „Wir haben uns geirrt!", stöhnte er auf. „Er kann kein Koda Ariel sein!"
Alles hatte so wunderschön gepasst.
Keinerlei Fehlzeiten im Dienst, Kontakt zum Freundeskreis war seit Jahren konstant, und er engagierte sich mit der Inbrunst eines Tetra-Nostalgikers in einem Verein zur Wiedererweckung und Pflege neapolitanischer Folklore. „Gibt es eine bessere Tarnung", murmelte er, „als ein dermaßen spießiges Leben?
Alles ist genauestens durchorganisiert und nachvollziehbar bis auf diese mysteriösen Fehlzeiten ... Sie hätten perfekt dazu gepasst, dass er heimlich Spionage betreibt."
Merlin Myhr nickte. „Wie kommst du denn darauf, dass er doch nicht unser Mann ist?"
„Weil ich das Rätsel der fehlenden Zeit gelöst habe." Astuin reichte seinem Partner den Hörer, den dieser sofort in seinem Ohr versenkte.
Myhr hörte genussvolles Grunzen und die spitzen Schreie einer Frau, die in einem immer gleichen Rhythmus jähen Aufforderungen.
*
Die beiden Projektionen grübelten nicht lange. Die Situation war eindeutig. Sie hatten dem Techniker vor seinem Liebesnest aufgelauert, in dem er sich regelmäßig mit einer Frau traf, die sich offenbar ebenfalls mit der Pflege neapolitanischen Kulturguts befasste.
Und klug, wie Soopa war, hatte er als Treffpunkt für sich und seine Geliebte den Schiffsrumpf gewählt, den er aus beruflichen Gründen jederzeit unauffällig aufsuchen konnte.
Merlin Myhr rutschte ein wenig unbehaglich auf dem Boden herum. Er hütete sich, jetzt etwas zu sagen, obwohl er innerlich grinste. Es musste. Astuin schwer genug fallen, einen solchen Schlag ins Wasser überhaupt hinzunehmen, aber zudem mit einem solchen Ergebnis...
Myhr bemühte sich, die Zusammenhänge rational zu durchdenken.
Wenn Soopa nicht der gesuchte Spion war, konnte es nur einer der anderen beiden Mitarbeiter der Frachtabteilung sein.
Natürlich blieb immer noch die Möglichkeit, dass Pal bei der Ermittlung der infrage kommenden Personen ein Fehler unterlaufen war, aber daran wollte er nicht denken.
Hätte er angesichts der ohnehin schon peinlichen Situation auch noch einen solchen Verdacht geäußert, wäre Astuin wohl ein für alle Mal der Geduldsfaden gerissen. „Deine Recherchen waren alles andere als überflüssig", meinte Merlin Myhr
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