2393 - Androiden-Sinfonie
bewegen. Sie versuchte es, wollte sich losreißen. Es ging nicht. Sie schrie wieder, diesmal lautlos.
Die Panik krampfte sich ihr in den Nacken, wollte ihr das Herz endgültig sprengen. Sie zitterte und schnappte nach Luft.
Sie schrie, zitterte, bebte, aber sie kam nicht vom Fleck. Alle starrten sie an, alle!
Sie fingen zu lachen an, zeigten mit den Fingern auf sie, schüttelten sich vor Belustigung und Spott.
Es war so grausam. Es war unfair. Sie quälten sie, genauso herzlos, wie sie ihr Baby quälten. Es war fast wie damals. Vor einem solchen Moment hatte sie immer Angst gehabt, einfach nur Angst. 'Ihr ganzes Leben war Angst ... Und wenn sie es zuließ, kamen die Depressionen dazu, das ganz tiefe Loch, in das sie fiel und einfach nur noch ein schnelles und erlösendes Ende herbeisehnte.
Wenn sie es gestattete ... Wann endlich wirkten die Pillen? Sie hatte keine mehr.
Allein der Gedanke daran trieb sie in den Wahnsinn. In ihrer Kabine ... wusste sie noch einen Vorrat. Nicht mehr viele. Sie musste zusehen, dass sie an Nachschub kam. Aber das ging nicht mehr so einfach.
Sie hatte längst Probleme damit und wusste nie, wie sie ihre täglich steigende Dosis noch halten konnte, ohne dass ein Mediker oder - wahrscheinlicher noch - die Bordpositronik darauf aufmerksam wurde. Eines Tages würde sie es nicht mehr schaffen. Sie wollte es verdrängen, aber es war da, ein flammendes Stoppschild in ihrem Kopf. Wenn sie nur daran dachte. Sie durfte es nicht.
Aber sie hatte nur noch diesen einen Gedanken.
Atlan starrte sie an. Alle taten es. Sie wussten es alle!
Sie wollten ihr ihre Pillen wegnehmen!
Shyla Kowalsky schrie gellend, aber die nackten Wände und die flackernden Lichter gaben kein Echo. Sie zerrte an ihren unsichtbaren Fesseln, kreischte, weinte, wimmerte ... winselte wie ein Tier...
Und dann war sie frei!
Sie konnte sich bewegen. Atlan sah sie an.
Alle sahen herüber und lauerten darauf, dass sie fiel. Aber sie tat es nicht. Die Terranerin sah nur den Ausgang und stürzte sich hinein, hinaus auf den Korridor, in die weißen, eiskalten Lichter.
Sie rannte. Die anderen waren hinter ihr her. Sie war selber ein Block aus Eis. Sie floh, schnell zur Kabine. Ihr Stoff, sie brauchte die Droge...
Aber dann sah sie Ama und Luz.
Das Bild ihres Babys, wie es sich zuckend wälzte und nach ihr rief. Es schrie nach seiner Mutter. Sie wollte nicht hin. Wenn sie das tat, war sie verloren. Sie durfte es nicht. Sie hatte kein Kind, nie eines besessen. Es war tot! Es war tot, tot, tot!
Aber Ama ... sein Bild war doch da. Er rief nach ihr. Er brauchte sie.
Wo war sie? Wo rannte sie hin?
Shyla bekam keine Luft mehr. Sie hetzte den Gang hinunter. Aber das war nicht der Weg zu ihrer Kabine. Was tat sie? Sie wollte es nicht. Das war falsch.
Höllenfalsch!
Ama ... ihr Kind rief nach ihr Shyla sah die Schotten an sich vorbeifliegen. Sie hetzte. Ihr Atem kam in den, ungezügelten Stößen. Sie erlebte es wie in einem verrückten Kaleidoskop, einem Wirbel aus Eindrücken, Bildern aus der Hölle.
Die ...
Was war das? Was tat sie in der Transmitterstation?
Zwei Männer tauchten vor ihr auf. Stürzten sich auf sie. Wollten sie aufhalten. Das durften sie nicht!
Fort ... sie waren weg. Ein stechender Schmerz durchzuckte Shylas rechten Arm.
Die Kontrollen. Eine fremde Stimme. Befehle. Eine andere Stimme. Bestätigung.
Etwas geschah. Sie wartete es nicht ab, sondern lief weiter. Türen, Schotten und ein großer Raum, hell erleuchtet. Das Licht tat weh. Sie spürte energetische Flüsse.
Vor ihr war eine Plattform mit Gittern. Sie stieg langsam hinauf.
Langsam und ... kalt. Sie bewegte sich. Sie wollte es nicht, aber sie konnte nichts daran tun. Sie betrat die Plattform. Die Gitter waren um sie herum. Etwas griff nach ihr. Sie war ganz ruhig ... aber sie war nicht sie. Sie wartete, ein anderer Mensch neben ihr selbst. Was passierte mit ihr?
Sie wartete, unheimliche Stille. Ruhe, während alles in ihr nur zischte und nach Erlösung schrie. Das Herz, der Atem. Sie hatte keine Pillen mehr. Sie war nur noch... Stillstand. Nichts lief mehr. Doch ...
Ein stechender Schmerz zerriss das Nichts.
Sie sah nichts mehr. Doch ...
Eine neue Umgebung. Sie war nicht mehr in der HALLEY. Das hier war ganz anders.
Und wieso trug sie plötzlich einen Schutzanzug?
Shyla war ganz ruhig. Plötzlich war alles klar. Da war ein Gesicht, Lippen, die nach ihr riefen. Sie nickte und lachte.
Natürlich, ich bin gleich bei dir, mein Timor: Ich
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