24 - Ardistan und Dschinnistan I
soll ich machen?“
Da wandte sich der Scheik an mich:
„Du weißt, daß die Schüsse nur euch gewidmet sind. Und du hörst, daß das Pulver nicht Feuer fangen will. Bestehst du auf den zehn Schüssen, die ich dir versprochen habe, so müssen wir es trocknen!“
„Wie lange dauert das?“ erkundigte ich mich.
„Drei oder vier Tage.“
„So bitte ich dich, diese tapfere Artillerie ja nicht unnütz zu bemühen! Denn das Pulver würde ja doch wieder feucht.“
„Allerdings. Du bist also bereit, zu verzichten?“
„Ja.“
„Ich danke dir! Zehn Schüsse kosten doch immerhin Geld.“
Er sagte das so laut, daß auch die Soldaten es hörten. Darum rief nun der Oberst zu ihm herüber.
„So sind wir mit der Batterie wohl fertig?“
„Ja“, nickte der Scheik.
„Und das Exerzieren der abgestiegenen Gardereiter kann beginnen?“
„Ja.“
Jetzt wendete sich der Oberst der langen Linie zu und donnerte sie an:
„Paßt auf!“
Ein jeder von ihnen gab sich einen kräftigen Ruck, um dem Befehl nachzukommen. Hierauf folgten höchst eindrucksvolle Bemühungen, um zu zeigen, wie man einen Menschen totschieße. Die Sache wurde sehr anschaulich gemacht. Das Pulver schien hier bedeutend trockener zu sein als bei der Artillerie, denn von den vierzig Gewehren gingen ungefähr zwanzig bis fünfundzwanzig wirklich los, wenn auch nicht zugleich. Immerhin ergaben jene Flinten, die nicht losgingen, eine Pulverersparung von über vierzig Prozent, was den Scheik in eine derartig gute Laune versetzte, daß er immerfort schallend Beifall rief.
Es versteht sich ganz von selbst, daß ich in seine Begeisterung einstimmte. Halef gab sich alle Mühe, ihn und mich zu überschreien. So wurden auch die Ältesten angesteckt, daß sie anfingen, mitzuschreien. Und nun öffnete auch Smihk, der Dicke, sein Maul und brüllte in allen möglichen Tönen mit, daß es über den ganzen weiten Platz erschallte. Das wirkte überwältigend. In der Menge wurden erst einige und dann immer mehr mit fortgerissen, bis sich endlich alles an dem Heidenlärm beteiligte. Das ergab einen Spektakel, der gar kein Ende nehmen wollte. Alles war entzückt. Und als sich das Getöse endlich zu legen begann, schritt der Oberst in seiner stolzesten Haltung auf uns zu, machte Honneur und fragte den Scheik:
„Bist du zufrieden?“
„Ja“, antwortete dieser.
„Und du?“ wurde auch ich gefragt.
„Sehr zufrieden! Sage deinen tapferen Truppen, daß ich mich über sie freue!“
„Und du?“ wendete er sich nun auch an Halef.
„Ich bewundere euch!“ lobte dieser. „Ich bitte dich, deinem Heer zu berichten, daß wir es für unüberwindlich halten!“
Der Kommandant kehrte zu seinen Leuten zurück, um ihnen diese Anerkennung mitzuteilen. Über dieses Lob waren sie so erfreut, daß die ‚abgesessenen Gardereiter‘ diejenigen Flinten, die losgingen, noch einmal abschossen, ohne den Befehl hierzu erhalten zu haben. Auch die beiden Luntenträger von der Artillerie machten noch einen sehr ernstlichen Versuch, ihr feuchtes Pulver anzuzünden. Aber es gelang nicht. Und nun war der feierliche Empfang vorüber. Ich bedankte mich bei dem Scheik und seiner Frau für diese ungewöhnliche Ehrung. Halef folgte meinem Beispiel, und dann wurden wir gebeten, von den Pferden abzusteigen und mit in das Innere des ‚Palastes‘ zu gehen, um den ‚Willkommen‘ zu essen und zu trinken. Ich bedeutete den Hunden, bei den Pferden zu bleiben; sie verstanden mich sogleich, setzten sich nieder und blieben bis zu unserer Rückkehr sitzen.
Das Innere des ‚Palastes‘ sah beinahe wie ein Zirkus aus, in dem man sich nur auf der runden, in der Mitte liegenden Arena bewegen kann, weil der ganze Zuschauerraum ringsum von unten bis oben mit Brettern verschlagen ist. Hinter diesen Brettern lagen die ein-, zwei- und mehrfenstrigen Stuben und Räume, von denen ich bereits gesprochen habe; zu den oberen führten schmale Holztreppen empor. Der Mittelplatz, zu dem man uns geleitete, erhielt sein Licht nur von oben. Auf den beiden Herden brannten mächtige Holzfeuer, an denen mehrere Rinderviertel und kleinere Fleischstücke brieten. Gekocht wurde in großen, irdenen Töpfen. Auch gebacken wurde, und zwar lange, schmale Brote, die beinahe so dünn wie Kuchen waren.
„Großartig, Sihdi! Großartig!“ sagte Halef entzückt, indem er mit der Zunge schnalzte.
Ihm bereitete nämlich der Geruch und Genuß von neugebackenem Brot das denkbar größte Behagen.
„Was meinst du da, das Fleisch
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