24 weihnachtliche Geschichten - ein Adventskalenderbuch
in einer Schule. Doch diese Schule lag ebenfalls an einem besonderen Ort: in einem bettelarmen Dorf in Afrika. Hier brannte die Sonne vom Himmel, Wasser war so wertvoll wie Diamanten, und Regen war sehr selten. Tannenduft und Schneeluft waren sogar unvorstellbar! Nun aber war Weihnachtszeit, und weil man schon das Gefühl hatte, in einem Backofen zu wohnen, hatte Mama keine Lust, auch noch in einem Backofen Lebkuchen zu backen. Außerdem schmecken die in der Hitze nicht, meinte sie.
Die Kinder in Mikals Schule kannten Weihnachten nicht. Sie kannten keinen Weihnachtsmann, kein Christkind, kein Ochs und Esel, sie kannten keine Adventszeit. Dabei war jetzt Adventszeit!
Anfang Dezember, in der Pause, saß Mikal also mit seinen Freunden auf dem Lehmboden und versuchte, Weihnachtsstimmung zu verbreiten.
„Dann fällt Schnee vom Himmel, weißer, kalter Schnee“, erzählte er.
„Du meinst Regen“, verbesserten die Kinder.
„Nein, Schnee: Er sieht aus wie kleine Sterne und ist sooo kalt, dass man Pelze von Tieren tragen muss, um nicht vor Kälte zu sterben!“
Sieben Kinder in kleinen Lendenschurzen mit schwarzer Haut, lockigem Kraushaar und schwarzen Knopfaugen begannen laut zu lachen. So viel frieren? Das ging doch gar nicht. Dann erzählte Mikal vom Weihnachtsmarkt, von gebrannten Mandeln und dem Weihnachtskarussell. Die Kinder hatten ihre Freude an Mikals Geschichten. Er war so ganz anders mit seiner hellen Haut, dem blonden Haar und den blauen Augen. Er kam aus einer anderen Welt, in der Eissterne vom Himmel fielen und Wichtel Geschenke verteilten.
„Mama, Papa, das geht so nicht! Die glauben doch, ich spinne!“, beschwerte sich Mikal eines Tages zu Hause.
„Du meinst, wir sollten Weihnachten in der Schule unterrichten?“
„Ja! Mit Weihnachtsgeschichten und Bildern, Fotos von Elchen im Schnee, Lebkuchen und einem Weihnachtskarussell!“
„Was heißt denn Karussell auf Suaheli?“
Mikals Eltern planten zwei Nächte lang. Dann lasen sie in der Klasse die erste Weihnachtsgeschichte vor. Sie zeigten Weihnachtsbilder, und vierzig afrikanische Kinder lauschten den Geschichten, die du natürlich alle kennst.
„Sooo kalt ist es bei uns, nur natürlich noch etwas kälter!“
Mikal hatte den Eisschrank geleert. Er hielt es für die beste Idee, die Kinder auf seine eigene Weise in die Geheimnisse der Weihnachtszeit einzuführen: Wer mutig war, durfte sich einmal kurz reinsetzen und spüren, wie sich richtiges Frieren anfühlt. Natürlich machte er die Tür nicht ganz zu. Die Kinder schüttelten sich vor Kälte, wenn sie wieder aus dem Eisschrank kletterten, und in ihren Augen blitzte Stolz. Mikal kratzte ein wenig Eisbelag aus einer Ecke und zeigte ihn: „Davon gibt es ganz viel bei uns. Daraus kann man sogar Männer bauen. Schneemänner. Man legt große Kugeln aufeinander, und dann steckt man den Männern Karotten als Nasen und Kohlen als Mantelknöpfe an.“
Die Kinder schüttelten sich vor Lachen. Überhaupt: Essen einfach in Schneekugeln stecken, wo doch hier die Menschen so arm waren. Und was war überhaupt Kohle? – Na, zum Heizen, damit einem warm wird. – Noch wärmer?
Ja, noch wärmer. Mikals Mutter erbarmte sich und begann, in sengender Hitze Lebkuchen zu backen, die sie mit Mandeln und Zuckerguss verzierte. In der Schule durften alle Kinder sie probieren und auch welche mit nach Hause nehmen für ihre Familien. Mikals Mutter hatte sehr viele Lebkuchen gebacken. Sie schmeckten allen so gut, dass die Eltern der Kinder Mikals Familie eine Freude machen wollten. Ganz auf die Erzählungen der Schulkinder angewiesen, schnitzten sie einen Schneemann aus Holz. Seine Nase hatte Ähnlichkeit mit der von Pinocchio, weil niemand wusste, wie genau „Karotten“ aussahen. Da auch keiner Kohlen kannte, legten sie dem Schneemann Stammesschmuck an.
So verging die Adventszeit.
„Wir müssen eine Weihnachtsfeier machen“, beschloss Mikal.
„Ach, Weihnachtsfeier“, seufzten die Eltern, „langsam haben bestimmt alle genug von der Weihnachtszeit.“
„Nein! Keiner hat genug! Nur ihr, weil ihr langweilig seid!“
Mikal lief enttäuscht aus dem Haus und unternahm lange Streifzüge durch die sonnenverbrannte Gegend. Er begann, wütend auf die sengende Hitze und das sonnenverbrannte Afrika zu werden. Er wollte nach Hause, zu Schnee, Eis und Weihnachtswichteln. Hier gab es nicht mal Elche, sondern nur Zebras und Antilopen.
Doch dann geschah etwas! Eines Tages, genau am 22. Dezember, kam ein Lastwagen ins
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