240 - Zeitsplitter
überhaupt?
Matt Drax steckte in einem Dilemma. Einerseits liefen sie Gefahr, dass dieses bionetische Wesen sie einfing und versklavte, wenn sie hier blieben. Andererseits würde er die wohl einzige Chance, den Streiter abzuwehren, verlieren, wenn er jetzt die Flucht ergriff. Und bei allem durfte Crow die Waffe keinesfalls in seine Gewalt bekommen.
Er stand also vor der Aufgabe, sowohl Rantt’ek als auch Crow schachmatt zu setzen. Gern hätte er jetzt Aruula und Chacho an seiner Seite gehabt…
Crow verlangsamte seinen Lauf und blieb dann schwer atmend stehen. »Okay, das genügt fürs Erste«, keuchte er. »Überlegen wir uns, wie wir den Mistkerl ausschalten können.«
»Sie wollen also tatsächlich zurück?«
»Wie gesagt: So schnell gebe ich nicht auf«, erwiderte Crow. »Diese Lityi könnte der Schlüssel sein. Immerhin behauptete sie zu wissen, wo die Waffe zu finden ist.«
»Das könnte gelogen gewesen sein, um unser Vertrauen zu erschleichen«, gab Matt zu bedenken. »Sie ist nicht Herrin ihrer selbst. Sie tut – und denkt möglicherweise sogar – was der Koordinator will.«
Plötzlich hob sich Crows linke Augenbraue. Er schien eine Idee zu haben, etwas anmerken zu wollen, beließ es dann aber bei einem einfachen: »Was schlagen Sie also vor?«
Matt zögerte. Die Schleuse lag nur rund fünfzig Meter entfernt. Entweder versuchte er sie zu erreichen – oder er schloss sich Crow an, um das Schlimmste zu verhindern.
Matt seufzte resigniert. »Was halten Sie davon, diese Anlage erst mal zu erkunden. Vielleicht stoße ich auf Hinweise, wie man den Koordinator abschalten kann.«
»Abschalten?«, echote Crow. »Sie meinen, er ist eine Maschine?«
»Ein bionetischer Computer.« Matt nickte. »Mit einem eigenen Bewusstsein. So eine Art HAL 9000 – wenn Sie mit amerikanischen Filmen des 20. Jahrhunderts vertraut sind.« (»2001 – Odyssee im Weltraum« von Arthur C. Clarke und Stanley Kubrik)
Er sah es Crow an: Er war es nicht.
Und das war vielleicht auch besser so…
***
»Soll ich sie zurückholen?«, hatte Lityi gefragt.
Rantt’ek hatte verneint. Die beiden Menschen – potenzielle Gesellschafter wie Lityi und all die anderen, die das Schicksal über die Äonen zu ihm geschwemmt hatte – konnten nicht entkommen. Ohne seinen Impuls würde die Schleusentür verschlossen bleiben. Und er würde auch keine Öffnung in der Tunneldecke entstehen lassen, indem er das bionetische Material umschichtete. Kein Grund also, überstürzt zu handeln.
Der Koordinator signalisierte Lityi, dass er sie vorerst nicht benötigte. Daraufhin holte die Frau so viel von der erlegten Beute, wie sie tragen konnte, und kehrte damit zu ihrer Heimstatt zurück – einem ehemaligen Gesellschaftsraum der Hydritenbesatzung, etwa doppelt so groß wie die zwanzig Einzelquartiere.
Ihr schwirrte der Kopf. Enorm viel war auf sie eingestürmt. Aber mit jedem Schritt, dem sie ihrem Zuhause näher kam, fokussierte sich wieder alles auf das Wesentliche. Sie war glücklich, dass sie Frischfleisch hatte besorgen können. Vielleicht konnte sie Kaya damit etwas aufpäppeln. Die Hündin liebte Innereien, und speziell für sie hatte Lityi den Hirsch ausgeweidet: Herz, Nieren und Leber waren für Kaya reserviert. Dass ihr Ehemann Chacho dort draußen ganz in der Nähe war, hatte Lityi bereits vergessen.
Sie drückte auf den Kontaktwulst in der Wandung, der den Zugang zu ihrem Heim öffnete. Schmatzend löste sich die Verbindung aus ihrem Nacken. Es machte keinen Unterschied. Die Jahre hatten sie daran gewöhnt. Mit schnellen Schritten trat sie ein. Hinter ihr wuchs die Wand wieder zusammen.
Dämmrige Helligkeit empfing sie. So hatte sie es am liebsten.
Aber sie war sofort alarmiert. Kaya begrüßte sie normalerweise, indem sie sich, wie schlecht es ihr auch gehen mochte, von ihrem Lager erhob und ihr schwanzwedelnd entgegenkam.
Heute nicht. Heute lag sie einfach nur da, als wäre sie ein Teil der kargen Einrichtung…
Lityi ließ den Sack fallen, in dem sie die Beute hierher geschleppt hatte. Sie eilte zu Kaya und kniete neben ihr nieder.
Schon bevor ihre Finger in das struppige Fell der Wolfshündin eintauchten, wusste sie, was sie erwartete. Aber das drahtige Fell in dieser leblosen, völlig reaktionsfreien Art zu erleben, traf sie trotzdem wie ein Faustschlag in den Magen. Sie beugte sich vor und schmiegte ihr Gesicht an den Kopf des Tieres, das steif war und keinerlei Wärme mehr ausstrahlte.
Kaya musste gestorben sein, kaum dass
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