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2413 - Das Genetische Magazin

Titel: 2413 - Das Genetische Magazin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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etwas ausrichten zu können.
    Sheymor Merquin schaltete den Projektor ab. Eigentlich hatte er Cav damals zusammen mit dem anderen Gen-Müll entsorgen wollen, aber der Zwerg hatte sich in einem Schrank versteckt. Bis heute wusste Merquin nicht, wie er das angestellt hatte, ohne von den Überwachungsanlagen bemerkt worden zu sein.
    Ein paar Augenblicke stand der Kolonnen-Anatom sinnend davor und musterte abwechselnd die Kreatur und die Pusteln auf seinem linken Handrücken.
    Cav rührte sich nicht. Dafür zeigte das Myzelien-Implantat erste Anzeichen von Wachstum. Silberne Fäden schossen aus den Pusteln in die Luft, hingen einen Moment wie schwerelos da, ehe sie zurück auf die Hand fielen. Erst zitterten sie, dann bewegten sie sich hin und her, als suchten sie einen Unterschlupf. Nach und nach kristallisierten sie zu einem grauen Pulver, das Merquin vom Handrücken blies.
    Cav grunzte. Er stand am Gitter, umklammerte mit allen vier Armen die Stäbe und stemmte sich hoch, bis die kurzen Säulenbeine in der Luft baumelten. Das Stirnauge starrte Sheymor unverwandt an.
    Sheymor Merquin versuchte den Blick zu deuten, es gelang ihm nicht. Cav verhielt sich wie immer, ein Haustier eben, das nach Aufmerksamkeit seines Besitzers heischte, von dessen Launen es abhing.
    Der Boden dröhnte, als die Beine der Mikro-Bestie aufsetzten. Cav löste die Handlungsarme von den Metallstäben und versuchte, sie zwischen den Stäben hindurch ins Freie zu strecken. Es ging nicht, der Abstand reichte nicht aus. Cav trat einen Schritt zurück. Mit beiden Armen deutete er auf die Hand des Kolonnen-Anatomen.
    „Uhm, uuhm", grollte es überlaut zwischen den winzigen Kegelzähnen hervor.
    „Uuhhmm!"
    „Schöne, kleine Pilze", sagte Merquin.
    „Gefallen sie dir?"
    Cav bekam einen Tobsuchtsanfall. Er trommelte mit den Fäusten seiner Laufarme gegen das Gitter, während die oberen zwei Hände sich in rhythmischen Greifbewegungen gefielen.
    „Ich gehe jetzt", fuhr der Kolonnen-Anatom fort. „Meine Schicht beginnt."
    Irgendetwas an der Körperhaltung der Mikro-Bestie irritierte ihn. Er kam nicht darauf, was es war. Mit einem letzten Blick in das Rund des Raumes vergewisserte er sich, dass alles in Ordnung war. Kein Wandschrank stand offen, das Kommunikationsterminal hatte sich eigenständig desaktiviert. Auf dem Tisch stand noch die Schüssel mit den Gelbalgen. Merquin hatte sein Frühstück nicht angerührt.
    Der Kolonnen-Anatom ging hinaus in den Korridor.
    „Nein!", dröhnte es hinter ihm her.
    Sheymor Merquin blieb wie angewurzelt stehen.
     
    *
     
    Im Nachhinein erklärte es sich der Kolonnen-Anatom mit dem natürlichen Fortgang der Evolution bei den Mikro-Bestien, so, wie der Hoch-Medokogh sie sah. Auf Omokras Prioritätenliste stand die Entwicklung des Planhirns nicht an oberster Stelle.
    TRAITOR konnte auch mit der aktuellen Version der Mikro-Bestien leben.
    Trotz ihrer Unberechenbarkeit traten sie in der Terminalen Kolonne seit Generationen einen langsamen, aber sicheren Siegeszug an. Nach und nach würden sie sich in allen Einheiten durchsetzen. Man fand sie mittlerweile in vielen Traitanks.
    Zahlreiche Kolonnen-Forts berücksichtigten ihre speziellen Bedürfnisse und Lebensumstände.
    Und die Mikro-Bestien erfüllten alle ihnen gestellten Aufgaben – auch ohne Planhirn. Sie eroberten einen eigenen Lebensraum, integrierten sich auf diese Weise in die Forts und Fabriken. Die Evolution, die es innerhalb TRAITORS genauso gab wie auf bewohnten Planeten, zeigte sich nirgends deutlicher als bei diesen Kunstgeschöpfen aus den Brutsälen der Skapalm-Barken.
    Für Sheymor Merquin und die Kolonnen-Anatomen der DERUFUS bedeutete es in erster Linie, dass Omokra ebenso wie sein Vorgänger nichts an den bisherigen Verhältnissen in der Skapalm-Bark ändern würde. Merquins Anträge, Personal und technische Ausstattung zu erhöhen, verschwanden ebenso unkommentiert im Terminal des Hoch-Medokoghs wie Inssinos Anträge.
    Die Kolonnen-Anatomen mussten weitermachen wie bisher.
    „Was treibt Cav jetzt?", fragte Merquin.
    „Er schläft."
    Cav schlief immer, sobald der Kolonnen-Anatom ihn verließ. Es beruhigte Sheymor Merquin ein wenig, denn er hatte mit weiteren Anfällen der Mikro-Bestie gerechnet. Cavs Verhalten an diesem Morgen unterschied sich deutlich von dem, das er bisher gezeigt hatte. An den meisten Geschöpfen aus den Brutkammern ließ sich mit der Zeit eine Zunahme der Intelligenz beobachten. Es hing mit der steigenden Lebenserfahrung

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