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2413 - Das Genetische Magazin

Titel: 2413 - Das Genetische Magazin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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öffnete den Mund und entblößte zwei Reihen glänzend weißer Kegelzähne. Der Riese stieß ein Brüllen aus, als sei eine Herde Urweltmonster in die Halle eingebrochen. Die ersten Kolonnen-Anatomen verließen ihre Arbeitsplätze und flüchteten hinaus.
    Merquin überwand sich mühsam und blieb auf der Galerie. Es gelang ihm, die Anspannung in seinem Innern zu überwinden und sich den Anschein von Gelassenheit zu geben.
    Die Bestie schloss den Mund. Sie wandte sich ab und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Felsmassive, die Bäume und Büsche im Quader.
    Der Kolonnen-Anatom ließ sie keine Sekunde aus den Augen. Er bemerkte das kurze Innehalten, ehe sie sich auf die Felsen stürzte, als handle es sich um Gegner. Mit bloßen Fäusten zertrümmerte sie das Material, verwandelte die Landschaft in eine Trümmerwüste, die sie mit den Fetzen der Büsche und Bäume garnierte.
    „Logdatei: Katalognummer 1213UII 764 wird von einem unkontrollierten Drang nach Zerstörung getrieben. Die Kreatur zerlegt alles, was ihr vor die Fäuste gerät."
    Inzwischen hatte die Makro-Bestie weiter hinten den Container und die Möbel entdeckt, die Merquin aus den Unterkünften der Ganschkaren hatte hierher bringen lassen. Die Bestie zertrampelte alles innerhalb kurzer Zeit.
    Für den gesamten Container brauchte sie etwas länger. Sie riss alles in Fetzen.
    Nur der stabile Rahmen widerstand ihr.
    Es verging keine halbe Stunde, bis dieses Wesen die gesamte Ausstattung des Quaders dem Boden gleichgemacht hatte.
    Sheymor Merquin nahm es zum Anlass einzugreifen. Er schwebte von der Galerie hinab zur durchsichtigen Wandung. Der Kolonnen-Anatom hielt die Zeit für gekommen, mit diesem Wesen eine sinnvolle Kommunikation zu beginnen.
    „Ich bin Sheymor Merquin, der oberste Kolonnen-Anatom dieser Abteilung.
    Verstehst du mich?"
    Die Bestie rannte vor ihm davon zur gegenüberliegenden Seite des Gebildes.
    Sie ließ sich auf die Laufarme sinken.
    Merquin rätselte, ob es eine Geste des Verstehens oder der Unterwerfung war.
    Die tonnenschwere Kreatur erlaubte ihm nicht, seinen Gedanken zu Ende zu führen. Sie rannte los. Mit wahnwitziger Beschleunigung hetzte sie durch den Quader auf ihn zu.
    „Schirmfeld aktivieren!", sagte er heiser.
    Das rötliche Flimmern blieb aus. Die verantwortlichen Kolonnen-Anatomen hatten die Halle längst verlassen.
    Bevor Sheymor Merquin seinen Schock überwunden hatte, griff die Supratronik ein. Sie fasste mit einem Kraftfeld nach der Makro-Bestie, hob den schwarzbraunen Körper hoch, bis die Gliedmaßen den Bodenkontakt verloren. Der Riese rannte noch ein paar Schritte durch die Luft, ehe er seine Bemühungen einstellte.
    „Bringt ihn zurück an seinen Schlafplatz", ordnete Merquin an. „Logdatei: Die Bestie verhält sich desorientiert. Ich werde einen Trainingsplan für sie erstellen."
    Wie alle Makro-Bestien verfügte auch diese über ein Planhirn. Irgendwann, nachdem der erste Genese-Schock überwunden war, würde das Geschöpf anfangen zu denken und mit dem Sammeln von Informationen beginnen.
    Bis es so weit war, galt im Umgang mit Katalognummer 1213UII764 die höchste Alarmstufe.
    Der Kolonnen-Anatom sah zu, wie sich um den Riesen herum der Transporttank bildete. Wenig später schwebte der Behälter davon.
    Wenn sie nur gewusst hätten, woher das ursprüngliche Genmaterial für die Bestien stammte. Sie hätten sich viel besser auf die Entwicklung dieser Geschöpfe einstellen können. So aber blieb ihnen vieles fremd und unklar.
     
    *
     
    Zurück in den Experimentallabors unterhalb des Genetischen Magazin sichtete Sheymor Merquin die Unterlagen des historischen Speichers. In ihm hatten Generationen von Kolonnen-Anatomen alles abgelegt, was mit der Vergangenheit der Bestien zu tun hatte.
    Einen Großteil der Informationen hielt Merquin für Irrtümer seiner Vorgänger oder für absichtlich falsche Spuren. Die Kreativität von Kolonnen-Anatomen kannte keine Grenzen. Jedes Schnipselchen Information ließ sich einer genetischen Sequenz zuordnen – vermutlich ebenfalls Fälschungen.
    Die richtigen von den falschen Informationen zu trennen, traute nicht einmal Merquin sich zu.
    Immerhin besaßen sie ein paar Anhaltspunkte, um den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die ersten Mikro-Bestien erschaffen worden waren. Es lag schätzungsweise 50.000 bis maximal 200.000 Jahre zurück, ein unvorstellbarer Zeitraum für einen Kolonnen-Anatomen, der es mit etwas Operationsgeschick auf ein paar hundert Jahre brachte. Die

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