2433 - Der Zorn des Duals
der dafür sorgt, dass es den von ihnen beaufsichtigten Gehirnen unmöglich wird, sich auch nur etwas vorzustellen, was der Kolonne Schaden zufügen könnte, geschweige denn, solche Handlungen auszuführen."
„Sie werden botmäßig gemacht", sagte Rhodan.
„Zu unserem Glück", sagte Eiss.
„Denn auf diese Weise vermögen mit der Kralle geimpfte Wesen wie der Dual die Pläne ihrer Gegner nur unzureichend zu prognostizieren. Denn dazu müssten sie sich Handlungen vorstellen, die gegen die Kolonne gerichtet sind. Wogegen ihr kleiner Mitbewohner seine Einwände erhebt."
Rhodan lachte. „Die Kralle als unser Verbündeter. Ein zweifelhafter Verbündeter."
„So sehe ich das auch. Wir verfügen über ein Mittel, die Kralle zu entfernen", sagte Eiss. „Das Atrentus-Verfahren."
„Wo könnt ihr es einsetzen? Auf der Tauchenden Welt?"
„Schon an Bord der SHARKUVA."
„Es ist ein erprobtes Verfahren?"
„Ja. Erprobt. Aber es bewährt sich nicht in jedem Fall. Es kann den Tod des Geimpften herbeiführen."
Rhodan überlegte. Da der Dual ihr Gefangener war, trugen sie Verantwortung für ihn. Durfte man mit Gefangenen Experimente anstellen? Es waren keine Glanzzeiten terranischer Humanität gewesen, in denen wehrlose Gefangene zu Objekten von Menschenversuchen gemacht worden waren.
Noch nie hatte der Zweck das Mittel geheiligt. Auch, wenn er selbst in ferner Vergangenheit hin und wieder versucht gewesen war, das zu glauben. Am Ende hatte immer das unheilige Mittel den Zweck entweiht.
Er überlegte. Er war sicher, dass der Exponent sich in seiner Entscheidung nicht von seiner, Rhodans, Ansicht abhängig machen würde.
Es geht nicht um den Dual, erkannte Rhodan. Es geht um mich. Er will wissen, wo ich stehe. Ob der Beobachter nur beobachtet oder ob er Entscheidungen trifft.
Aber war er nicht längst aus dieser Beobachter-Rolle gefallen? War er sich nicht überhaupt immer schon bewusst gewesen, dass ein absolutes, von allem abgelöstes Beobachten undenkbar war?
Dass alles Beobachtete auf seinen Beobachter reagierte?
Was, wenn der Cypron tatsächlich auf sein Votum wartete? Und Rhodans Schweigen als Votum wertete, als Zustimmung oder Ablehnung nahm?
Er sagte: „Wir interpretieren beide die Kralle als Instrument der Knechtung?"
„Das tun wir wohl."
„Die Einwilligung des Duals einholen können wir demnach kaum. Ein Lebewesen, das unter der Aufsicht der Kralle steht, kann sich mit deren Entfernung nicht einverstanden erklären. Nicht aus freien Stücken."
„Da es nicht frei ist."
„Obwohl es, wie jedes bewusste Lebewesen, Freiheit verdient", sagte Rhodan.
„Also?"
„Also handeln wir im Sinne des Duals, wenn wir den Versuch unternehmen, ihn zu befreien."
„Seine Sachwalter und Vormünder, die wir sind", sagte Eiss. Rhodan forschte in seinem Gesicht nach Spuren von Spott, aber die vielbewegte Mimik schien rätselhaft wie noch nie. „Hast du Mitleid?" Eiss klang neugierig.
Rhodan ließ sich Zeit mit seiner Antwort. In seiner Muttersprache gab es das Wort Mitleid zweimal: Compassion und Sympathy. Beides ursprünglich Fremdworte; das Wort Sympathy hatte allerdings einen anderen Beiklang, meinte etwas wie die Basis einer Freundschaft.
Berücksichtigte der Translator solche Abstufungen, Akzentverschiebungen?
Randa Eiss sagte: „Die Galaxis Tare-Scharm ist eine große Schule, die dich jedes Mitleid verlernen lässt. Mitleid ist kein guter Leitfaden durch das Chaos."
„Versuchen wir es also", sagte Rhodan.
„Auch, wenn der Dual dabei stirbt?", fragte der Exponent nach.
„Ja."
Und so fällt doch ein Abglanz der Heiligkeit auf unser Mittel, dachte Rhodan.
Was für ein wohlwollendes Todesurteil.
Während sie sprachen, fuhren sie durch den entstellten Hyperraum wie durch ein Labyrinth, geführt von blinden Sehern.
Im Verlies
„Dein Name ist Ekatus Atimoss", sagte die kleine, radförmige Maschine, die in sein Verlies gerollt kam. Sie sprach mit einem mechanischvibrierenden Akustikfeld, das in ihrer Nabe schwang. „Du bist ein Dual und Kommandant der Pressor-Garde Chada Saryeh."
„Danke für die Information", sagte Atimoss.
„Ich habe dir ein Kleid gemacht." Eine von acht Speichen wuchs teleskopartig über den Rand des Radleibes hinaus.
An ihrer Spitze öffnete sich eine knospenförmige Verdickung. Darin lag ein kleiner Textilballen.
Der Dual erhob sich, ging seinem Besucher entgegen und nahm ihm den Ballen ab. Das Tuch ließ sich mühelos entfalten. Es war anscheinend auf seine
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