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244 - Der dunkle Traum

244 - Der dunkle Traum

Titel: 244 - Der dunkle Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Puppe. Ihr Schädel wirbelte von links nach rechts, dann schleuderte sie den Mann zur Seite, als spucke sie einen Knochen aus. Rulfan sprang zur Seite und der Körper des Mannes donnerte gegen den Felsen.
    Dies alles hatte nur Sekunden gedauert, und erst jetzt lösten sich die noch lebenden drei Grimmocks aus ihrer Starre. Das Gras war rotgefleckt, ein Mann lag schreiend in einer Blutlache. Soeben wollte Rulfan ihn mit einem Säbelstreich erlösen, als die Valvona es ihm abnahm: Mit einem knirschenden Biss trennte sie dem Mann die Kehle durch.
    Jener Grimmock, der die verrostete Kette trug, warf sich auf das tödliche Raubtier und griff es von hinten an, als wolle er ein flüchtendes Huhn fangen. Mit eisernem Griff versuchte er der Valvona die Luft aus den Lungen zu drücken.
    Doch erneut machte Winda ihrem Namen alle Ehre – schnell wie der Wind warf sie sich zu Boden, drehte sich einmal um die eigene Achse, wobei sie die Beine unter den Leib klappte, sprang wieder auf, nagelte mit einem höllischen Tritt den Kerl am Boden fest und versenkte ihre Schnauze in seine Leibesmitte. Rulfan schloss erschüttert die Augen.
    Was er erlebte, war mit Worten kaum zu beschreiben. Die Grimmocks hatten nicht den Hauch einer Chance. Und Winda ließ ihnen auch keine. Der letzte Überlebende flüchtete schreiend, wurde jedoch kurz vor einer Kakteenstaude eingeholt und mit einem Tritt in die Stacheln befördert. Dort hing er wie ein aufgespießter Schmetterling, während Winda sich daran machte, ein paar Brocken von ihm abzubeißen.
    »AUS!«, befahl Aldous, der dem Massaker regungslos zugeschaut hatte. Sofort ließ Winda von dem Sterbenden ab.
    »HER!«, rief Aldous und wies mit dem Zeigefinger auf einen imaginären Punkt vor seinen Füßen.
    Mit blutbesudelter Schnauze stakste Winda zu ihm hin, stieg wenig elegant über die zerfetzten Leichen der Grimmocks hinweg und stand schließlich mit gesenktem Kopf vor ihrem Herrn. Aldous tätschelte ihr Gefieder. »Gut gemacht, meine Kleine! Gut gemacht!«
    Rulfan erholte sich langsam von dem Erlebnis. Er hatte schon viel Gewalt erlebt, aber ein derartiges Gemetzel noch nicht. Insgesamt konnte die Attacke der Valvona nicht länger als zwei Minuten gedauert haben. In dieser Zeitspanne hatte sie sieben Grimmocks zerfleischt, deren Muskeln zerrissen wie Papier und die Knochen zermalmt wie Zuckerstangen.
    Die Luft stank nach Fleisch und Blut. Erste Fleggen schwirrten heran. Am Himmel kreisten Vultuurs. Aldous kam zu Rulfan und legte ihm eine Hand auf den Rücken. »Besser, als wenn wir getötet worden wären, nicht wahr?«
    Rulfan nahm den an seinem Gürtel hängenden Schlauch und trank ein paar Schlucke. Dabei beobachtete er die Valvona, die jetzt wieder den Anschein machte, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Dabei bezweifelte er, dass das Tier überhaupt bis an seine Grenzen gegangen war. Es atmete noch nicht einmal schwer.
    »Warum hast du mir das nicht gesagt…«, wandte sich Rulfan an Aldous und wies auf die Valvona.
    »Manchmal, mein Freund, wächst mit dem Wissen der Zweifel«, sagte Aldous und lächelte.
    Rulfan verzog sein Gesicht, spuckte in den Sand und dachte: Was weiß ich noch alles nicht?
    ***
    Sie hatten die Leichen der Grimmocks den Geiermutationen überlassen und waren weiter gezogen. Der Kampf saß Rulfan in den Knochen, er war aufgewühlt und eine Unzahl Gedanken huschten durch seinen Kopf. Den Rest des Tages sprachen sie nur das Notwendigste miteinander.
    Am Abend lagerten sie in der Ebene neben einem Fluss. Rulfan war immer noch verschnupft, Aldous dagegen wirkte völlig entspannt. Winda schlief. Ihr Leib bebte, als durchlebe sie das Schlachtfest im Traum wieder und wieder. Rulfan blickte über das Feuer und knurrte: »Deine Bestie lief unbeaufsichtigt durch Taraganda – unbeaufsichtigt, Aldous! Was wäre geschehen, wenn ein Kind sie geärgert hätte… du weißt, wie Kinder sind…«
    Aldous hob eine Hand. »Ich verstehe deine Bedenken, Rulfan. Aber erinnere dich, dass ich ihr einen Befehl gab. Ohne meinen Befehl würde sie niemals etwas Derartiges tun.«
    »Du hast sie zum Töten abgerichtet?!« platzte es aus Rulfan heraus.
    »Ich habe sie zu meinem Schutz dressiert«, hielt Aldous ihm entgegen. »Ich bin ein schmächtiger alter Mann, der durch die Wildnis streift. Du hast erlebt, wie schnell man in Gefahr geraten kann. Diese Grimmocks hätten uns getötet. Vielleicht sofort, vielleicht aber auch erst nach stundenlanger Folter.«
    Rulfan nickte. Er versuchte

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