2443 - Eschers Plan
angestrengt.
„Ich kann es für dich einfacher gestalten", sagte Domo Sokrat. „Schließlich bin ich daran gewöhnt, mit euch Zwergen zusammen zu sein und deshalb ständig nach unten zu schauen."
Im nächsten Moment sackte das Hologramm tiefer, so schnell, dass Indica nicht zur Seite treten konnte. Die ersten Lichtpunkte und Symbole leuchteten auf ihrem schwarzen Haar, dann auf der Gesichtshaut, schließlich auf dem Brustteil ihres engen Anzugs.
„Interessant", murmelte ich. „So siehst du also mit abstraktem Tattoo aus. Macht sich gut."
Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich geschworen, dass ihre Augen in diesem Moment funkelten. Sie trat kommentarlos zurück und musterte weiterhin das Hologramm, ohne mir Beachtung zu schenken.
„Die SOL haben wir noch nicht ausfindig gemacht", stellte Sokrat klar.
„Und darauf können wir wohl auch kaum hoffen. Seit wir ins Standarduniversum zurückgekehrt sind, orten wir passiv, um die Terminale Kolonne nicht auf uns aufmerksam zu machen. Der Bereich, in dem sich die SOL befinden könnte, ist zu weitläufig, als dass wir auf zufällige Entdeckung hoffen dürfen."
„Tekener ist in der Nähe", gab ich mich überzeugt. „Er hat zweifellos genau so gehandelt, wie ich es an seiner Stelle ebenfalls getan hätte. Er wartet auf uns.
Das Rendezvous unserer Schiffe ist zu wichtig, als dass irgendetwas, ganz egal was, uns an dem Treffen hindern darf."
Der Haluter beugte sich zu mir herab. „Gut gedacht, Atlan. Leider ist in der Nähe in diesem Fall extrem dehnbar. Diese Chaotische Zelle durchmisst achtzehn Lichtjahre. Selbst wenn Tek so nahe an ihrer Randzone und gleichzeitig so nahe am Zielsystem wartet wie irgend möglich, könnten wir eine halbe Ewigkeit lang suchen, bis wir auf die SOL stoßen. Wir brauchen einen Hinweis, sonst können wir gleich aufgeben."
Darin lag das Problem. Die SOL musste sich genau wie wir möglichst effektiv vor der Entdeckung durch die Terminale Kolonne schützen und war dadurch auch für uns unsichtbar.
Mein Blick wanderte von Indica zu Domo Sokrat. Im Vergleich zu dem Haluter wirkte die Kolonialterranerin geradezu zerbrechlich. Ihre helle, fast weiße Haut stand im Kontrast zu der schwarzen des Haluters. Sie waren zwei äußerlich völlig verschiedene Wesen, aber vereint durch das gemeinsame Ziel, so, wie Haluter schon seit Jahrhunderten an der Seite von Terranern kämpften – und an meiner Seite.
Der Anblick war für mich keine Seltenheit, und doch lag etwas in ihm, eine Art kosmische Schönheit, die mich in meinem Entschluss bestärkte. Noch waren wir nicht verloren. Noch nicht! So viel Potenzial steckte in uns, so viele unterschiedliche Fähigkeiten, dass wir auch dieses Problem meistern würden. „Wir gehen so nahe wie möglich ans Ackut-System heran. Dann wählen wir den einfachsten und vielleicht auch gefährlichsten Weg. Er ist gleichzeitig der schnellste, denn es gilt, keine weitere Zeit zu verlieren. Wir bedienen uns des Kolonnen-Funks und funken die SOL schlicht und einfach an."
*
„Fünfzig Prozent Lichtgeschwindigkeit", gellte die Stimme durch die Zentrale. Ich nahm nicht wahr, wer gesprochen hatte, sondern konzentrierte mich auf das vor uns Liegende – in die Routineabläufe musste ich mich nicht einmischen. Die Mannschaft verstand ihr Handwerk. „Wir sind ins Standarduniversum zurückgefallen. Entfernung zum Ackut-System zwölf Lichtjahre. Passive Ortung läuft."
Sekunden später meldete eine helle, zweifellos weibliche Stimme: „Alles bleibt ruhig. Der Feind hat uns nicht bemerkt. Nächste Traitank-Ortung in mehr als vier Lichtjahren Entfernung. Rückkehr in den Linearraum ist nicht notwendig."
Angesichts der vehement tobenden hyperphysikalischen Strahlenfronten im nahen Umfeld der neu entstandenen Chaotischen Zelle wunderte mich nicht, dass wir unentdeckt blieben. Unsere energetischen Emissionen mussten förmlich untergehen im allgemeinen Chaos.
Doch wir würden nicht mehr lange in Sicherheit bleiben.
Mein Plan zog unzweifelhaft sofortige Entdeckung nach sich.
Ich hatte ESCHER die Frage vorgelegt, wie viel Zeit nach Absenden der ersten Funksignale an die SOL vergehen würde bis zum Auftauchen der ersten feindlichen Einheiten. Die Parapositronik erhielt ständig die neusten Daten, kannte also die kosmologischen und hyperphysikalischen Bedingungen besser als jede andere Instanz.
Das Ergebnis dieses Planspiels war niederschmetternd – ein genauer Wert konnte selbstverständlich nicht errechnet
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