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2443 - Eschers Plan

Titel: 2443 - Eschers Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Avatarkörper auf, um ihn vor dem Raum wieder zu verstofflichen, in dem Fria Harrt in diesen Minuten mit ihrem Zielobjekt Dr.
    Laurence Savoire sprach.
     
    *
     
    „Du verbirgst etwas vor mir."
    Mehr als alles andere störte Laurence Savoire an dieser Aussage, dass seine Kosmopsychologin es nicht einmal als Frage formulierte. Und sie hatte recht, was es nicht gerade einfacher gestaltete.
    Es roch nach Zimt und scharfen Sha’un-Früchten. Seit einigen Sitzungen schon fiel dem Ersten Kybernetiker auf, dass Fria Harrt jedes Mal eine andere Duftessenz verwendete – wohl, um ihm auf unterbewusster Ebene zu signalisieren, dass er sehr wohl noch in der Lage war, seine Umgebung wahrzunehmen, auch wenn er sie nicht sehen konnte. Ein simpler Trick, nur dass er bei ihm nicht funktionierte. Sie war nicht die Einzige, die entsprechende medopsychologische Forschungsliteratur gelesen hatte.
    Oder sich hatte vorlesen lassen von einer Maschine.
    Schon dieser Gedanke zeigte ihm wieder, wie sehr er inzwischen von seinem Umfeld abhängig war.
    Abhängig, behindert, eingeschränkt ... immer wieder jonglierte er mit diesen Begriffen in seinem Verstand. So, wie er auch real wieder zu jonglieren begonnen hatte. Vor wenigen Stunden, direkt nach dem Aufwachen, noch ehe er etwas zu sich genommen hatte, hatte er zum ersten Mal seit seiner Erblindung nach den Bällen gegriffen.
    Früher hatte es ihn stets entspannt, sie in perfekt organisierten Bewegungen zu werfen und wieder zu fangen ... weiter zu stoßen ... sie kreisen zu sehen ... zu fangen ...
    Drei Bälle hatte er stets zur Entspannung genutzt, fünf oder auch sieben, um seine Konzentration zu fördern. Wie grandios nüchtern und wissenschaftlich korrekt waren doch die Kurven, die die Bälle unablässig flogen. Sachlich und präzise, genau wie sein Verstand.
    Und nun hatte er es wieder versucht.
    Er musste die Bälle nicht sehen. Er orientierte sich beim Jonglieren schon seit Langem nicht mehr an optischen Werten, sondern am Maß der Aufprallwucht der Bälle auf seiner Handinnenfläche, an der Art der Bewegung seiner Finger, an der Geschwindigkeit, mit der er die Bälle von sich stieß. Dennoch war es nicht dasselbe. Das Gefühl der Ruhe, der Gelassenheit und Überlegenheit über das Chaos der real erlebten Naturgesetze hatte sich nicht eingestellt.
    „Laurence?"
    Wieder diese Berührung an seinem Arm: Ichbindaauchwenndumichnichtsiehst.
    „Ich habe dich gehört", sagte er. „Ich sehe jedoch keine Notwendigkeit, dir zu antworten."
    „Wie du meinst. Viele Sitzungen scheitern daran, dass der Patient nicht bereit ist zu kooperieren. Wenn du deine wahren Empfindungen verbirgst, werde ich dir nicht helfen können."
    „Dann entlock sie mir doch mit raffinierten Fragen." Offenbar ahnte sie nicht, wie immens wichtig das war, was er wirklich vor ihr verbarg – das Angebot, das ESCHER ihm unterbreitet hatte.
    Die Möglichkeit, in die Matrix überzuwechseln und wieder zu sehen. Momentan nur für eine kurze Zeit, doch irgendwann in der Zukunft auch auf Dauer.
    Seitdem fragte er sich, ob er sich überhaupt um seinen aktuellen körperlichen Zustand scheren musste. Wog eine potenzielle Ewigkeit im strahlenden Wunderland einer höheren Wesenheit nicht einige Jahre im Nichts einer persönlichen Negasphäre auf?
    Mit Fria Harrt konnte er diese essenzielle Frage allerdings nicht diskutieren, sosehr sie ihn auch beschäftigte. Es ging niemanden etwas an, und er musste sicherstellen, dass die Expeditionsleitung, allen voran Atlan, nichts von dem Angebot erfuhr. Astuin und Myhr hatten durchaus recht – man würde ihn nicht gehen lassen. Der Erste Kybernetiker hatte seine Aufgabe außerhalb von ESCHER zu erfüllen, denn wie sollte er etwas kontrollieren, was er zu gut kannte, von dem er selbst Teil gewesen war?
    „Und noch etwas", ergänzte Savoire.
    „Du bezeichnest mich als Patienten? Das hast du bislang sorgsam vermieden, damit ich ja nicht denke, ich sei krank oder ..."
    „Was soll das?"
    Er hatte sie noch nie so aufbrausend erlebt. In diesen drei Worten lag eine Welle von Enttäuschung und Wut. Wahrscheinlich brodelte sie innerlich vor Zorn. Gut so – sollte sie sich nur angegriffen fühlen. Er fühlte eine Art dumpfe Befriedigung. Ohne dass er sich erklären konnte, wieso, tat es gut, ihr wehzutun.
    Vielleicht hatte sie es auch nicht besser verdient, mit ihrer aalglatten Maske, die sie stets an den Tag legte. „Habe ich deine Fassade endlich geknackt?"
    Sie stand ruckartig auf; Savoire

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