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245 - Geisterstadt Washington

245 - Geisterstadt Washington

Titel: 245 - Geisterstadt Washington Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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abgestürzt und dabei schwer beschädigt worden, und man hatte ihn hierher geschafft, um ihn zu reparieren. Arbeitsbühnen waren rund um die silbern glänzende Hülle errichtet worden, vereinzelt lag Werkzeug herum. Die Reparaturarbeiten an dem Fluggerät waren ebenfalls abrupt unterbrochen worden.
    Die Bauweise erinnerte Matt an die Gleiter der Unsterblichen, der Cyborgs aus Amarillo. Vermutlich stammte der Gleiter aus Miki Takeos Produktion. Was ihn daran erinnerte, dass sich laut Crow auch der Android in Waashton aufhalten sollte. Doch von ihm gab es ebenso wenig eine Spur wie von den Menschen.
    Matt ließ ihren eigenen Gleiter wieder steigen. Den Park hinter sich lassend, näherten sie sich dem Zentrum der Zerstörung. Je näher sie ihm kamen, desto unruhiger wurde Matthew. Aruula, die sich inzwischen wieder auf dem Kopilotensitz niedergelassen hatte, legte ihre Hand auf die seine.
    Schweigend starrten sie in die menschenleeren Straßenschluchten. Nichts regte sich. Irgendwo flatterten Gardinen aus einem zerbrochenen Fenster. Darunter spiegelte sich das Sonnenlicht in der zersplitterten Frontscheibe eines verrosteten Pick-ups. In seiner Nähe ein umgestürzter Kinderwagen, herumliegende Taschen und verstreute Kleidungsstücke, die wohl die Menschen bei ihrer Flucht verloren hatten. Sonst nichts. Kein Hund, keine Katze, nicht einmal Vögel waren zu sehen. Straßenzug um Straßenzug gähnende Leere. Das war nicht mehr das Waashton mit seinem pulsierenden Leben, das Matt gekannt hatte. Das war eine Geisterstadt!
    Dann lichteten sich die Bauwerke und unter ihnen breitete sich das Zentrum der Verwüstung aus. Fassungslos hielten sie zwischen den Trümmern nach Toten Ausschau. Doch sie entdeckten nur verlassene Panzerfahrzeuge, Motorradwracks und Gerätschaften, die aussahen wie Betonmischmaschinen. Keine Leichen!
    Eine gewaltige Geröllhalde ragte aus der Mitte des Chaos hervor wie ein gesprengter Bergrücken. War das wirklich der Überrest des alten Fordtheaters? Matt war sich fast sicher. Ein schrecklicher Gedanke keimte in ihm auf: Hatte die Bevölkerung hier etwa Zuflucht gesucht?
    Als er kurze Zeit später den Gleiter auf dem Vorplatz des Theaters gelandet hatte und mit Aruula über die Trümmer stieg, bestätigte sich zu seinem Entsetzen der Verdacht: Zwischen Schutt und Asche stießen sie auf Knochen. Menschliche Knochen!
    ***
    Richter Black erwachte am Morgen im Bett der Präsidentin. Ihr Kopf lag auf seiner Brust und Strähnen ihres blonden Haarschopfs kitzelten sein Kinn. Vorsichtig strich er sie zur Seite. Er wollte Alexandra Cross nicht wecken. Nicht bevor er die ungewohnte Situation für sich selbst geklärt hatte. Reglos starrte er zur grauen Decke des kleinen Raumes, der nicht mehr als einem Bett, einem Schrank und einem kleinen Tisch mit zwei Sesseln Platz bot. Aus den schmucklosen Wänden drang diffuses Licht von Lampen, die hinter Holzabdeckungen verborgen waren.
    Der Raum gab Black das Gefühl, in einem Karton zu liegen. Einem großen grauen Karton. Trotz der Belüftungsanlage war es heiß und stickig. Es roch nach einem süßlichen Parfüm. Rosen, dachte er und war fast ein wenig überrascht. Er hätte bei der Cross eher eine herbe Note erwartet. Dieser kühlen Frau, in deren fein geschnittenes Gesicht sich selten ein Lächeln verirrte. Dr. Alexandra Cross, Präsidentin des Weltrats – und die Frau, mit der er heute Nacht geschlafen hatte.
    Mr. Black schloss die Augen. Er konnte sich selbst nicht so recht erklären, wie es dazu gekommen war. Nachdem er gestern den Aufruhr bei der Schleuse zum U-Bahnhof aufgelöst hatte, war er hierher zurückgekehrt. Eigentlich wollte er der Präsidentin nur Bericht erstatten. Doch dann ergriff er die Gelegenheit, mit ihr über ihren desolaten Zustand zu reden.
    »Was die Leute jetzt am wenigsten brauchen, ist eine Präsidentin am Rande eines Zusammenbruchs. Sie brauchen Hoffnung und Kraft. Das müssen Sie ihnen vermitteln! Und dazu brauchen Sie selber Kraft. Also Schluss jetzt mit Sonderschichten auf der Krankenstation. Schlafen Sie sich richtig aus und essen Sie endlich mal was«, hatte er sie nachdrücklich aufgefordert.
    »Von welcher Hoffnung reden Sie, Black?«, hatte sie entgegnet. Bitterkeit schwang in ihrer Stimme mit. Bitterkeit, aber auch Verzweiflung. Dann war sie in Tränen ausgebrochen. Ein seltener Anblick bei dieser Frau. Ein Anblick, den Black nicht ertragen konnte. Er tröstete sie. Nahm sie in seine Arme. Redete ihr gut zu. Und plötzlich

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