2460 - Soldaten der Nacht
seiner Hand ...
Ihn schauderte, und er verdrängte es.
*
Leutnant Mirk Unamato tat einen tiefen innerlichen Seufzer, als ihn die hektische Stimme seines Lieblingskadetten unsanft wieder aus der Trübsal riss.
„Siehst du es, Leutnant?"
Kadett Inteuker verstummte mit erstaunlicher Plötzlichkeit.
Wahrscheinlich folgte er Unamatos Blick, der auf die Bildschirme und Holos gerichtet war, weit hinaus in den Weltraum, in dem sie nun ganz allein waren. Der Leutnant, seine 27 Soldaten der NACHT – und Atlan.
Die Legende. Sein Held und sein Mythos.
Allein ... Die RICHARD BURTON war fort und existierte nicht mehr für sie. Es gab nicht einmal Funkkontakt, das wäre viel zu riskant gewesen.
Nur sie und der Weltraum, der immer noch leer war.
Unamato konnte es noch so sehr versuchen – da war nichts. Nichts, was er hätte greifen können, keine Gefahr, kein Bedrohung, kein Feind ...
Und doch war es schlimmer, als wäre er bereits da.
Dort, wo die Sternenleere gähnte, würde er stehen, ein flammendes, strahlendes Phantom von unfassbarer Grüße und Kraft, Macht, Tod für die, die in seiner Nähe nicht bestehen konnten ...
Und Verderben für jene, die es eine Zeit lang schafften?
Gleich würde er da sein, der Entropische Zyklon, mit all seiner fürchterlichen Wucht. Waren sie wirklich immun? Und wie lange? Wann würden sie anfangen, zu lallen und zu sabbern?
Wann nicht mehr wissen, was sie taten und wer sie überhaupt waren?
Wann würden sie als seelenlose Idioten durch den Versorger torkeln, bis sie den Feinden, wenn es sie gab, als leichte Opfer in die Hände fielen?
„Äh ... Leutnant?"
Er hörte ihn, und er konnte sich nicht erinnern, Inteukers Stimme je so sanft und besorgt wahrgenommen zu haben.
„Es ist gut, Kadett", knurrte er. „Es geht mir gut."
„Äh ... das meinte ich nicht. Du solltest aber wirklich bald aufwachen, denn Atlan hat eben damit begonnen, per Kolonnen-Funk und mit geringer Reichweite unser Notsignal auszustrahlen."
Unamato klinkte sich in den Kanal ein und hörte es selbst: TRAI-Versorger Registriernummer 21.992.562, Besatzung handlungsunfähig, schwere Schäden, erwarten Rettung ...
Also war es so weit. Es ging los. Von jetzt an war jede Minute mit dem Auftauchen eines oder mehrerer Zyklon-Scouts zu rechnen. Dann mussten sie auf dem Posten sein, wenn sie überhaupt eine Chance haben wollten.
Unamato wurde von solch einer Hitzewoge überflutet, das er am liebsten geschrien hätte. Er beherrschte sich im letzten Moment. Er war der Mom’Serimer, auf den sich Atlan verließ. Von ihm hing es ab, ob ihre Mission Erfolg hatte oder scheiterte.
So ist es doch, oder?
Die TRUCKER wartete, fahrt- und antriebslos und wie tot. Sie war vollkommen ausgeräumt worden, sämtliche Container waren bei Win-Alpha zurückgeblieben. Stattdessen war das Kolonnen-Fahrzeug gespickt mit galaktischer Technik, alles genau abgestimmt auf den bevorstehenden Kampf.
In meiner Tasche ...
Unamato wollte nicht daran denken.
Jetzt noch nicht. Vielleicht tat er es später. Jetzt noch nicht, er brauchte es nicht!
Kampf ... Ja, sie würden durchs Feuer gehen müssen. Sie hatten es sich so ausgesucht, denn hier waren sie diejenigen, die angriffen. Sie wollten der Terminalen Kolonne TRAITOR einen Schlag versetzen. Das war ein vager Begriff, eine eher unfassbare Größe.
Konkret aber waren sie dabei, sich mit einem Entropischen Zyklon anzulegen – und das war absolut fassbar ...
Schreie, Grauen, der zupackende Irrsinn ... Freunde, die sich vor seinen Augen in Zombies verwandelten und ihrem Ende entgegenvegetierten. Bilder des Schreckens, die er eigentlich hatte verdrängen wollen. Feuer, Chaos, Trümmer und Tod ...
Es ist in meiner Tasche! Ich kann jederzeit dran ...!
„Äh ... Leutnant? Soll ich Atlan holen? Ich meine, wenn du nicht bald zu dir kommst ... Deine Augen machen mir Angst, wenn du weißt, was ..."
„Ein Wort noch, Kadett Inteuker, und ich mache dich kalt ..."
„Du willst mich kaltmachen? Hast du das von den Terranern abgehört?
Wie macht man so was? Ich meine ..."
Unamato gab es auf. Es war leichter, einen TRAI-Versorger im Hyperraum mit der bloßen Hand zu stoppen als Kadett Inteuker in seinem Redeschwall.
Und das sollte derjenige sein, dem er eine so wesentliche, wenn nicht gar die wichtigste Aufgabe in ihrem Plan anvertraut hatte? War das richtig gewesen? Er hatte ihn sogar den Leutnants vorgezogen, weil er zu wissen glaubte, dass er nicht nur die Nervensäge war, die er so
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