2462 - Der Fund von Amienolc
zu Creider oder ihr anzustreben. Seit über zwanzig Jahren hatte er nichts mehr von den beiden gehört. Er durfte nicht einmal nachfragen, wo sie sich aufhielten oder wie es ihnen erging.
Gaben konnten eine schwere Bürde darstellen und Psi-Talente ganz besonders. Wer immer sie verteilte, eine höhere Macht, das Schicksal oder der Zufall, lieferte leider keinen Beipacktext mit, in dem vor den Nebenwirkungen gewarnt wurde.
Entfremdung von den Mitmenschen stünde jedenfalls ganz oben auf der Liste, dachte Tess. Sie verstand sehr gut, wieso ihr Mann seine Fähigkeit ungern anwandte und nur, wenn es die Situation dringend erforderte.
„Bist du fündig geworden?", fragte sie.
„Was das Objekt in der Verwerfung betrifft, ist Trim nach meinem Dafürhalten sauber. Er hat uns nichts verschwiegen. Zu dem Quartier-Wesen besteht keine Verbindung, die darüber hinausginge, dass er dessen Anwesenheit spürt. Ein Austausch von Informationen irgendwelcher Art findet und fand nicht statt. Zumindest in seinem Unterbewusstsein müsste ich sonst auf Spuren davon gestoßen sein."
„Somit liegt nach menschlichem Ermessen keine Beeinflussung vor. Wir können Trim Marath also vertrauen."
*
Umgekehrt, berichtete Benjameen da Jacinta etwas später der Schiffsführung, war es ihm aus demselben Grund unmöglich gewesen, mehr über die ominöse Identität herauszufinden.
„Da es zwischen ihr und Trim keinen hyperphysikalischen Datenfluss gibt, brauchte ich gar nicht erst zu versuchen, mich in diesen einzuklinken. Abgesehen davon, dass ich die Erfolgsaussichten eines solchen Psi-Wellen-Reitens als gering einstufe."
„Wie auch immer. Ein Teil meines Verdachts wurde entkräftet." Ronald Tekener, der dank seines Zellaktivators am wenigsten Schlaf von ihnen allen benötigte, blies seine narbigen Wangen auf und ließ die Luft langsam ausströmen.
„Laut Darla Markus wird Trim nach einigen Stunden der Ruhe auch wieder voll auf der Höhe sein, physisch wie psychisch. Seiner Aussage, er könne die SOL durch die Dimensionsverwerfung zu diesem Quartier lotsen, ist daher Glauben zu schenken."
Trotzdem, gestand der Smiler, war ihm nach wie vor nicht wohl bei der Sache. Deshalb hatte er Blo Rakane gebeten, mittels seines Planhirns und in Zusammenarbeit mit SENECA eine strategische Auswertung der Lage aus Feindessicht zu erstellen. Die Ergebnisse sollten noch vor Ablauf der Zwölfstundenfrist präsentiert werden.
„Was haltet eigentlich ihr beide persönlich davon?", fragte er Tess und Ben. „Schließt ihr euch der Empfehlung des Kosmospürers an?"
„Rein gefühlsmäßig würde ich sagen, Trim liegt richtig", gab Benjameen zur Antwort. „Ich kann nicht in Worten beschreiben, wie er die fremde Wesenheit wahrnimmt, zumal es sich ja nur um rudimentäre Eindrücke handelt. Aber interessant ist sie auf alle Fälle und ausgesprochen ... eigen, im Sinn von außergewöhnlich, wenn nicht einzigartig. Ich glaube nicht, dass wir schon einmal mit so etwas oder so jemandem zu tun hatten."
„Und du, Tess?"
„Ich wiederum teile deine Skepsis.
Offen gesagt, bin ich dafür, woanders unser Glück zu versuchen. Aus wissenschaftlicher Sicht ist diese Anomalie der mindestens sechste Kreis der Hölle. Dass Trims Para-Spürsinn gleichsam als Kompass dienen kann, stelle ich nicht in Abrede. Aber was, wenn er ausfällt?"
„Den Kolonnen-Einheiten ist nichts Gravierendes passiert", erinnerte Kommandantin Fee Kellind. „Außer dass sie umkehren mussten und erst mit Müh und Not wieder aus der Zone herausfanden, blieben sie unbeschädigt. Was Standard-Traitanks aushalten, schafft unsere SOL allemal."
Wie sich doch die Zeiten änderten!
Offenbar hatten die beiden Ranghöchsten ihre Rollen getauscht. Früher war stets Tek der wagemutige Optimist gewesen und Fee diejenige, der die Sicherheit ihres Schiffes über alles ging.
Sie setzte sogar noch eins drauf. „Klar besteht Gefahr für die SOL. Na, wo denn nicht in Hangay? Wer sich mit TRAITOR einlässt, erwartet es nicht anders."
„Du plädierst also für den Vorstoß", stellte der Smiler fest.
„Meiner Ansicht nach sollten wir einen Versuch wagen. Misslingt er oder stoßen wir auf sonstige erhebliche Schwierigkeiten, bin ich die Erste, die ›Rückzug!‹ schreit."
Eine Umfrage bei ihren derzeit dienstfreien Stellvertretern, den Obersten Roman Muel-Chen, Don Kerk’radian und Tonko Kerzner, ergab, dass sich deren Meinungen ebenfalls die Waage hielten. Der Chefpilot und Emotionaut meinte, Marath
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