Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2482 - Der ewige Kerker

Titel: 2482 - Der ewige Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Zahnrad, das der Säure erstaunlicher Weise widerstanden hatte.
     
    *
     
    In der Zeit, die der Verwandlungsprozess beanspruchte, betrachtete sie das Bild an der Stirnwand des Zimmers.
    Von allgemeinem Gewimmel und überbordender Vielfalt gut verborgen, fanden sich darin bei genauem Hinsehen einige bekannte Elemente. Ein fetter Zwerg, ganz ähnlich der Statue auf der Kommode, hatte in gleicher Weise die Füße überschlagen und die vier Arme gehoben. Bloß hielt er keine Sanduhr, sondern ein gleißendes Gefäß undefinierbarer Form.
    Sterne regneten vom dunkelblauen Nachthimmel herab, wurden in dem Gefäß aufgefangen und als Lichtstrahlen nach allen Seiten weitergeleitet. Wo ein Strahl auf einen Felsen oder das Dach eines Hauses traf, zersprang er in mehrere kurze Wellenlinien. Befanden sich Männchen in der Nähe, so legten sie die Hand hinter die übergroßen spitzen Ohren und lächelten selig.
    Was immer das bedeuten mag.
    Das Zentrum der festlichen Zeremonie, bei der es sich wohl um ein primitives Fruchtbarkeitsritual handelte, bildete eine Grube, aus der die Ränder einer großen durchsichtigen Schüssel ragten. Eine Prozession bewegte sich darauf zu. Gaukler, Stelzengeher und Tierbändiger umringten Sänften, in denen zahlreiche, vollkommen identische Priester getragen wurden.
    Oder war es immer dieselbe Figur und die Darstellung als zeitlicher Ablauf gemeint?
    Am Ende der Personenschlange entnahm der Priester etwas aus einer Schatulle, die mit verschiedenfarbenen, in einem Sechseck angeordneten Edelsteinen verziert war. Bedeutungsvolle Grimassen schneidend, transportierte er den Gegenstand in der Sänfte durchs Spalier.
    Vorn, an der Spitze der Prozession, warf er ihn in die im Erdboden versenkte Schüssel. Hier wurde das geheiligte Objekt überproportional dargestellt: als stilisiertes Samenkorn – das aber, wenn man die Augen zusammenkniff, genauso gut eine Perle sein konnte ...
     
    *
     
    Sie hatte genug gesehen. Die Perle gehörte ins Aquarium. Zuvor jedoch mussten das Prisma und wohl auch das Zahnrad herausgeholt werden.
    Das gestaltete sich gar nicht so einfach. Laut der Analysefunktion ihres Armbands war die mittlerweile klare Flüssigkeit nach wie vor hochgradig ätzend.
    Die kurzen Pratzen des stählernen Sauriers reichten nicht bis zum Grund hinab. Seine breiten dreizehigen Füße und stämmigen Beine passten nicht durch den Schlitz in der Abdeckung.
    Der Schwanz lief in einen stumpfen Zipfel aus, welcher keine Greifvorrichtung aufwies.
    Sie inspizierte W107s Hinterteil und knisterte zufrieden. Dieselbe Schnittstelle ... wie am Roboterarm!
    Ich wusste es: Hier hängt alles mit jedem zusammen.
    Den Schwanz ab- und an seiner statt den Arm anzumontieren, gelang ohne Schwierigkeit. Die Fernsteuerung beherrschte sie inzwischen nahezu perfekt.
    Nacheinander fischte der Roboter das Prisma und das Zahnrad aus dem Aquarium, ohne Schaden an seinem Metallskelett zu nehmen. Widerstandsfähig war er also auch. Sie begann ihn schon fast zu mögen.
    Obwohl Durst und Hunger keineswegs weniger geworden waren, lief sie geradezu gut gelaunt in den Küchenbereich. Falls ihr das Schicksal und ihr sadistischer Herr gewogen waren, lieferte das wie Perlmutt schimmernde Samenkorn ja tatsächlich Nahrung.
    Sie ließ es in die Flüssigkeit fallen.
    Dann wich sie zurück und beobachtete, wie es sich aufblähte, wuchs und wuchs, zu einer Ranke, einem Stamm mit Ästen und blattlosen Zweigen, die sich streckten, krümmten, erneut ausdehnten ...
    Ihre Schultern erschlafften. Zwar hatte sie einem nanotechnologischen Wunder beigewohnt. Aber dessen Ergebnis war kein Baum oder Strauch, der essbare Früchte trug.
    Sondern eine mannshohe Harfe mit dreiunddreißig Saiten.
     
    *
     
    Hatte sie wirklich gehofft, der Herr über diese Welt würde ihr Verlangen stillen? Nicht, bevor sie sämtliche Hürden genommen und auch das letzte Rätsel gelöst hatte!
    Nüchtern zog sie Bilanz. Was war erledigt, was noch offen? Gab es etwas, was sie außer Acht gelassen hatte?
    O ja: die Klappe, aus der W107 hervorgeschossen war!
    Dahinter befand sich ein Verschlag.
    In dessen Rückwand wiederum steckten zahlreiche ölverschmierte Achsen – wie geschaffen für klobige, angerostete Zahnräder.
    Diese Aufgabe erwies sich als die bisher kniffligste von allen. Zwar fand sie flott den Platz für den großen Zahnkranz mit der Kurbel, da einzig die Achse am weitesten rechts unten den richtigen Durchmesser hatte. Das Ziel konnte sie ebenfalls sofort

Weitere Kostenlose Bücher