249 - Showdown
Farne und Rankgewächse. »Rulfan, sprich zu mir! Wo bist du?«
»Hier! Hier!«, wiederholte er unablässig. Ohne Blickkontakt wussten die beiden nicht, wo sich der jeweils andere befand, da nützten keine Richtungsangaben. Aruula musste der Stimme folgen.
Ich habe mich in der Entfernung verschätzt, dachte sie froh, während sie unter dunklen Mammutsträuchern herlief. »Halte durch! Ich bin unterwegs!« Aruula stürmte aus dem Dickicht. Breitete im Laufen die Arme aus. Lachte erleichtert.
»Stopp!«
Der scharfe Ton ließ sie jählings anhalten. Irritiert sah sie Rulfan an.
»Komm nicht näher!«, warnte der Albino. Seltsam steif saß er da, eine Liane um den Hals, das Gesicht gezeichnet von den Strapazen der letzten Tage. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen.
»Rulfan!«, sagte Aruula mitfühlend.
»Sieh hinunter!«, verlangte er.
Aruulas Blick wanderte über das große Rechteck zu Füßen des Throns, mit seinen Bodenwellen, Gräsern und Schößlingen. Es wirkte so friedlich, dieses stille Königsgrab. Und doch…
»Pass auf!« Rulfan hob langsam die Hand, warf einen Stein nach vorn. Kaum war er gelandet, begann das Knistern unzähliger Chitinpanzer – und der Boden wurde dunkel. Bohnengroße Ameisen kamen aus der Tiefe, attackierten den Stein, tasteten ihn erregt nach einer Schwachstelle ab. Sie wollten töten, sie gierten darauf.
»Impisi!«, flüsterte Aruula entsetzt.
»Ja«, hörte sie Rulfan sagen. »In dem Grab haust eine riesige Kolonie! Gestern kam hier ein Gerul vorbei. Siehst du den Schädel da vorn? Das ist er.«
Vorsichtig umkreiste Aruula die Impisi. Der Name bedeutete Hyänen, und er kam nicht von ungefähr. Was immer diese Omnivoren zu packen bekamen, verschleppten sie in ihr Nest. Große Beute zerschnitten sie in handliche Stücke. Wie den Gerul.
Aruula zeigte flüchtig auf den Steinthron. »Ich versuche mal, von der anderen Seite an dich heranzukommen.«
»Tu das nicht!«, warnte Rulfan. »Hinter mir wächst die Fleisch fressende Pflanze, an die ich gefesselt bin!«
Die Barbarin hörte schweigend zu, als Rulfan beschrieb, in welcher Falle er steckte. Er ist so beherrscht, dachte sie. Er hat nicht mal nach Maddrax gefragt. Oder nach Lay!
Als hätte er ihre Gedanken vernommen, sagte Rulfan plötzlich: »Ich bin furchtbar müde, Aruula! Ich versuche seit Tagen, mich vor dieser Schlinge zu retten, aber allmählich lässt meine Konzentration nach! Ein Fehler, nur einer, und ich bin ein toter Mann!«
»Du wirst nicht sterben! Das lasse ich nicht zu!« Aruula schüttelte den Kopf. »Es muss einen Weg geben, dich zu befreien!«
Der Albino dachte nach. »Wenn Grao’sil’aana von Zeit zu Zeit vorbeikommt, um mich zu kontrollieren, benutzt er immer die Holzplanke da drüben, um mich zu erreichen.«
»Er lässt sie hier liegen?«, fragte die Barbarin erstaunt.
»Warum nicht? Ich kann mich ja nicht bewegen.«
»Dieser Bastard!« Aruula ging zu der Planke und bückte sich danach. »Hast du eine Ahnung, wo er ist?«
»Hoffentlich weit weg!«, Rulfan lachte in sich hinein.
»Ich fürchte, er ist ganz in der Nähe«, widersprach Aruula, während sie das Holz Schritt für Schritt heran zerrte.
»Er sollte mich eigentlich in Empfang nehmen; das zumindest hat Daa’tan gesagt.«
»Du hast schon mit ihm gesprochen?«, fragte Rulfan verblüfft.
Aruula winkte ab. »Es ist ziemlich kompliziert. Ich erkläre es dir später. Jedenfalls ist Maddrax unterwegs, um mit Daa’tan zu reden und sich mit ihm zu versöhnen. Aber das wird nicht einfach sein, solange Grao ihn beeinflussen kann. Wir müssen den Daa’muren töten, nur so bekommen wir Zugang zu Daa’tan.« Ächzend stemmte Aruula das Holz hoch, um es schräg über das Grab auf den Thronsitz zu schieben. Rulfan konnte nichts tun; er musste reglos sitzen bleiben.
Geschafft! Aruula ließ das Holzende auf den Thronsockel fallen, atmete tief durch. »Ich komme jetzt zu dir rüber, okee? Und dann kümmere ich mich um die Liane.« Schon balancierte sie die Planke entlang.
»Sein vorsichtig!«, sagte,Rulfan. Er klang angespannt.
Fuß für Fuß schob sich Aruula über das wackelige Brett. Sie benötigte ihre ganze Konzentration, um das Gleichgewicht zu halten. Deshalb war sie nicht begeistert, als Rulfan plötzlich eine Frage stellte. Und noch weniger davon, dass es die eine Frage war, die sie befürchtet hatte.
»Sag mal… dieser Schrei vorhin… das war doch nicht Lay, oder?«
»Nicht jetzt, Rulfan!« Aruula ruderte mit den Armen. »Wir
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