2491 - Der dritte Messenger

fliegen zu wollen. Mit der Technologie der Herren der Straßen wäre es leichter möglich gewesen, doch dieses humanoide Volk, das die Schwarzen Sternenstraßen betrieben und seine Schiffe auf die Umgebungsbedingungen von Schwarzen Löchern hin konzipiert hatte, gab es nicht mehr. Die Milchstraße, ihr selbst gewähltes Exil, war vor mehreren hundert Jahren auch ihr Grab geworden.
    Kantiran schaute auf die Holo-Wiedergabe Athaniyyons - ein gigantisches, tödliches, wirbelndes Etwas, das ein Loch in die Wirklichkeit zu reißen schien. Für ihn war es ein Mahlstrom des Todes, der alles zermalmte und fraß, was wagte, sich ihm zu nähern. Ein Monster inmitten der tobenden Gewalten.
    Athaniyyon bildete das Zentrum der Proto-Negasphäre Hangay. Der Ereignishorizont des Schwarzen Lochs durchmaß fast 100 Millionen Kilometer, was dem Abstand Sols zum Planeten Venus im heimischen Sonnensystem entsprach. Die reine Akkretionsscheibe erreichte die unfassbare Größe von 235 Millionen Kilometern - und irgendwo darin verbarg sich ihr Ziel: GLOIN TRAITOR, die Nadel des Chaos.
    Bei diesem Anblick fühlte sich Kantiran als unbedeutender Teil einer gerade zu winzigen, völlig lächerlichen Angriffsflotte. Selbst CHEOS-TAI wäre nicht mehr als ein Staubkorn gewesen angesichts dieser Gewalten.
    Rundum orteten die Sensoren der THEREME II eine Unzahl weiterer, kleinerer Schwarzer Löcher im engeren astronomischen Umfeld. Eine Gesamtauswertung der Daten während des letzten Angriffs hatte etliche tausend ergeben. Jedes einzelne genügte, um ganze Sonnensysteme in sich zu reißen und deren Substanz der eigenen Masse hinzuzufügen.
    Inmitten dieses Chaos wirkte der dritte Kosmische Messenger im Sinn des Moralischen Kodes und kämpfte gegen die Entartung dieses kosmischen Bereichs zur Negasphäre an. Damit verstärkte er den Aufruhr der Naturgesetze noch weiter. Die im Messenger gespeicherten Informationen brachten normalen Raum zum Kampf gegen pervertierte Chaosphysik, führten die eigentlich vorgesehenen Entwicklungen wieder ein.
    Hyperstürme tobten, n-dimensionale Gewalten zerrissen die Wirklichkeit.
    GLOIN TRAITOR inmitten dieser Verhältnisse orten zu wollen war reine Utopie.
    Allerdings zahlte sich aus, dass die Angreifer wussten, wo sich die Nadel des Chaos zuletzt befunden hatte und wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach noch immer im Hyperraum verankert sein musste. Diesen Ort wiederum gezielt anzusteuern erwies sich als ebenso unmöglich, wie per Funk eine geordnete Attacke anzuleiten.
    Die THEREME II fiel für einen Orientierungsstopp aus dem Hyperraum.
    Sofort spielten die meisten Messinstrumente verrückt.
    Cosmuel lächelte Kantiran schmerzlich an. »Wir sind ein wilder Haufen, weißt du das? Blätter, die inmitten eines Orkans über dem Meer treiben. Kaum zu glauben, dass wir zur Seite der Ordnungsmächte zählen.«
    Kaum hatte sie das letzte Wort gesprochen, gellte Alarm durch die Zentrale.
    »Traitanks!«, stieß Min-Kan-F'irn hervor. »Eine ganze Einheit! Acht ... nein, zehn.«
    Sofort versuchte sich Kantiran einen Überblick zu verschaffen, doch sogar im unmittelbaren kosmischen Umfeld versagten die Ortersysteme. Er sah die Traitanks heranrasen - weit mehr als zehn leuchtende Punkte in den strategischen Holo-Bildern - und beobachtete verblüfft, wie die Kampfschiffe der Terminalen Kolonne an der THEREME II vorbeiflogen, scheinbar ohne sie auch nur wahrzunehmen. Und wenn doch, so schienen die Kommandanten keinen Grund zu sehen, sich um sie zu kümmern.
    »Peilen sie andere Schiffe an?«
    Niemand antwortete auf seine Frage. Die beiden Kartanin-Pilotinnen starrten verbissen auf ihre Anzeigen und versuchten, die THEREME II auf Kurs zu halten.
    Den Grund für ihr Schweigen sah Kantiran vor sich; sie konnten keine Auskunft geben, denn die Orter lieferten nach wie vor keine verlässlichen Ergebnisse. Die Traitanks waren längst wieder zu weit entfernt. Nur wenige OREON-Kapseln flogen nah genug, um erfasst zu werden. Der Großteil befand sich im Hyperraum oder irgendwo viel zu weit entfernt in den chaotischen Gefilden ringsum.
    Kantiran konnte nur darauf hoffen, dass am geplanten Sammelpunkt eine Zusammenkunft der gesamten Angriffsflotte gelang.
    »Ein Kolonnen-Fort!« Tsar-Sin-K'yons Stimme klang alles andere als sachlich. Die Kartanin stand offenbar dicht davor, die Nerven und die nötige Professionalität zu verlieren. Kantiran hörte noch, wie ihre Mitpilotin etwas hinter vorgehaltener Hand zischte - offenbar ermahnte sie die