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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Heimkehr höre, daß dein
einst so schönes Land vollends zur Wüste geworden ist! Jetzt komm; wir
wollen reiten!“
    Ich hatte, während wir dies miteinander sprachen, mein Pferd und er
das seinige gesattelt. Nun stiegen wir auf und ritten nach dem Engel.
Die anderen folgten. Der Dschirbani und der Prinz der Tschoban, denen
man ihre Pferde genommen hatte, bekamen einstweilen unsere Packpferde;
so war für alle gesorgt. Der Mir sprach jetzt, indem er neben mir her
ritt, nicht weiter. Ich will aufrichtig gestehen, daß ich mir selbst
jetzt häßlich vorkam. Ich bin stets bemüht, allen, mit denen ich
verkehre, nur Freundlichkeit und Liebe zu geben, und hier wurde ich
durch die Verhältnisse gezwungen, streng objektiv, zuweilen sogar
rücksichtslos, vielleicht auch schroff zu sein. Das tat mir leid; das
tat mir sogar weh; aber ich konnte nicht anders; ich hatte meine
Pflicht zu tun. Und diese bestand darin, diesem Mann ganz unerbittlich
wissen zu lassen, daß er bisher weder als Fürst noch als Mensch daran
gedacht hatte, seine eigentlichen, ihm von Gott gestellten Aufgaben zu
erfüllen. Falls ich mir hierdurch sein bisheriges Wohlwollen
verscherzte, war er es gar nicht wert, daß man sich um sein Wohlwollen
überhaupt bekümmerte.
    Als wir die andern, die den Engel noch nicht kannten, in sein
Inneres führten und ich ihnen seine Bedeutung zu erklären versuchte,
begannen sie, zu ahnen, daß es mit dem Maha-Lama-See denn doch wohl
eine andere Bewandtnis habe, als die alte Sage, die aber keine Sage,
sondern eine glatte Lüge war, der Nachwelt weismachen sollte. Das
Räderwerk wurde geölt und, was aus Holz oder Leder bestand, mit Wasser
angefeuchtet. Als das geschehen war, funktionierte die Schöpfmaschine
fast tadellos, und es dauerte gar nicht lange, so waren alle Tröge,
Eimer und Schläuche gefüllt und unsere Pferde und Hunde mit so viel
frischem Wasser getränkt, wie sie nur haben wollten. Hierauf wurde
gefrühstückt, und dann konnten wir daran gehen, uns das Innere des
Riesenbauwerks zu erschließen.
    Zunächst war es nötig, einen Überblick zu gewinnen. Zu diesem Zweck
unternahmen wir vorerst einen langsamen Ritt um die ganze, riesige
Runde. Es war während desselben kein Grashalm, kein kleinster Käfer,
keine Mücke zu sehen. Und ebenso fehlte jede Spur davon, daß seit
längerer Zeit irgendein Mensch hier gewesen sei oder sich vielleicht
gar noch hier befinde. Ich gewann die Überzeugung, daß wir seit
vielleicht schon Jahrhunderten die ersten waren, denen der Zutritt hier
gelang. Dann, als wir diesen Ritt beendet hatten und wieder von den
Pferden stiegen, stand es in mir fest, daß auch der ‚Panther‘ und sein
alter Basch Islami von diesem Ort nichts wußten. Sie kannten nur den
zugewölbten Kanal. Wir hatten an dem Ende desselben, da, wo er sich zu
einem größeren Raum erweiterte, verschmachten und sterben sollen. Daß
es da eine verborgene Rolltür gab, die ins Freie führte, war ihnen
unbekannt. Darum konnten wir uns hier am einstigen See ganz ungeniert
bewegen, ohne befürchten zu müssen, von irgend jemand gestört zu werden.
    Die Hauptsache war nun, die vorhandenen Türen zu finden. Wenn die
Mechanik des Verschlusses hier dieselbe war wie an dem Stein, der den
Kanal verschloß, so mußten wir vor allen Dingen nach den
Schlüssellöchern suchen, und dann war die Frage, ob mein
Messerschlüssel in alle passen werde. Die Fensterpaare, die es zwischen
je zwei Säulen gab, waren alle in der Mitte der betreffenden Wandfläche
angebracht, und zwar da oben, wo die Deckenwölbung begann. Das habe ich
bereits gesagt. Der einfache Menschenverstand führte zu der Vermutung,
daß sich da wohl auch die Tür befinden werde, also gerade unter dem
Fenster. Wir schauten nach. Richtig! Wir fanden die Risse und Spalten,
und wir fanden auch die mit nassem Staub verklebten Schlüssellöcher.
Dieser Staub war natürlich nicht mehr feucht; er war trocken und hart,
aber es bedurfte nur einer ganz geringen Anstrengung, ihn zu entfernen.
Als dies geschehen war, stellte es sich leider heraus, daß mein
Schlüssel nicht paßte; er war zu klein. Wir versuchten es bei einer
anderen Stelle. Wir fanden auch hier die Tür und die Schlüssellöcher;
aber mein Schlüssel paßte wieder nicht; er war zu groß. Da wurden meine
Gefährten ungeduldig. Sie gingen von Säule zu Säule, entdeckten Tür auf
Tür, befreiten Loch auf Loch vom verhärteten Staub und kamen doch nicht
weiter als ich, der ich mich niedergesetzt hatte, um still

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